WissenschaftSeiten: 392-396, Sprache: DeutschSchaefer-Dreyer, Paula / Eisenburger, Michael / Stiesch, MeikeEinleitung: Das Gesundheitssystem einschließlich der Zahnmedizin verursacht jährlich mehrere Millionen Tonnen Kohlenstoff-Äquivalente, was deutlich macht, wie bedeutend nachhaltiges Gesundheitsmanagement ist. Das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit kann verwendet werden, um nachhaltiges Handeln, das sowohl ökologische als auch wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit umfasst, in der Zahnmedizin zu fördern.
Ergebnisse, Chancen und Limitationen: Es wurden verschiedene Faktoren identifiziert, die die Nachhaltigkeit der zahnmedizinischen Versorgung beeinflussen, unter anderem Ressourcenverbrauch, Abfallaufkommen, Biomaterialien und Mobilität, ebenso wie Limitationen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitskonzepten, z. B. Richt- und Leitlinien und mangelndes Bewusstsein in Bezug auf eine nachhaltige Gesundheitsversorgung.
Schlussfolgerung: Die wichtigsten Handlungsfelder von Nachhaltigkeitsstrategien in der Zahnmedizin, die langfristig zu einem effizienteren und verantwortungsvolleren Gesundheitssystem führen können, wurden identifiziert und zusammengefasst. Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit sollte Veränderungen verschiedener Faktoren einschließen. Dies ermöglicht neben einer Verringerung des CO2-Fußabdrucks auch eine Kostenreduktion, was zusätzlich einen positiven ökonomischen Effekt hat.
Schlagwörter: nachhaltige Entwicklung, Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein, Zahnmedizin
WissenschaftSeiten: 398-403, Sprache: DeutschBrauer, Hans Ulrich / Bartols, Andreas / Hellmann, Daniel / Dick, MichaelEin professionstheoretischer DiskursDer Zahnarztberuf in Deutschland gehört zu den Professionen. Der Professionalisierungsprozess, also die Entwicklung von einem Beruf zu einer Profession, war im Jahr 1960 formal weitgehend abgeschlossen. Aufgrund von gesellschaftlichen Entwicklungen muss sich eine Profession jedoch immer wieder neu legitimieren. Für Professionen ergeben sich auf der einen Seite Privilegien, etwa eine große Berufsautonomie, auf der anderen Seite resultieren aus ihr ernstzunehmende Pflichten, etwa die Übernahme von Verantwortung oder die Pflicht zur Qualitätskontrolle. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, ob aus professionstheoretischer Perspektive abzuleiten ist, dass für die Zahnärzteschaft eine ethisch-moralische Verpflichtung zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin besteht und die Zahnärzteschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung gemäß den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) verpflichtet ist. Um dies in Erfahrung zu bringen, wird exemplarisch auf professionstheoretische Grundlagen sowie auf normative Texte der zahnärztlichen Standesorganisationen zurückgegriffen.
Schlagwörter: Berufskodex, Ethik, Gemeinwohlorientierung, Klimaschutz, Musterberufsordnung, nachhaltige Zahnmedizin, Profession, Sustainable Development Goals
WissenschaftSeiten: 404-408, Sprache: DeutschZimmer, StefanEinführung: Ein Ziel der Charta der Vereinten Nationen (UN) für eine nachhaltige Entwicklung der Welt lautet: „Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlbefinden fördern“. Diese Forderung gilt in besonderem Maße für die Zahnmedizin, da unbehandelte Karies und Parodontitis weltweit zu den häufigsten Erkrankungen zählen.
Mundgesundheits ziele: Die Bundeszahnärztekammer hat für das Jahr 2030 Ziele zur Verbesserung der Mundgesundheit formuliert. Diese betreffen die Vorbeugung gegen Karies und Parodontitis in allen Altersgruppen. Ein besonderes Augenmerk sollte bei Kindern auf die Verbesserung der Mundgesundheit im Milchgebiss sowie bei Kariesrisikogruppen gelegt werden. Außerdem sollten Präventionslücken bei Erwerbstätigen und Pflegebedürftigen geschlossen werden.
Maßnahmen zur Verbesserung der Mundgesundheit: Kinder bis zum Alter von 5 – 6 Jahren (Milchgebiss) sollten Zahnpasten mit 1.000 ppm Fluorid in altersgerechter Dosierung sowie eine risikoabhängige Fluoridierung mit hoch konzentriertem Fluoridlack in der Zahnarztpraxis erhalten. Kariesrisikokinder könnten insbesondere von einer Ausweitung der Anwendung von fluoridiertem Speisesalz profitieren. Für Erwerbstätige sollte eine niedrigschwellige betriebliche zahnmedizinische Prävention etabliert werden. Um die Mundgesundheit bei Pflegebedürftigen zu verbessern, sollte das Betreuungspersonal in der ambulanten und stationären Pflege geschult und die Umsetzung des Expertenstandards Mundhygiene vorangetrieben werden. Zahnpasta mit 5.000 ppm Fluorid und fluoridhaltige Mundspüllösungen mit antibakteriellen Wirkstoffen sollten verstärkt Anwendung finden.
Resümee: Verschiedene zielgruppenspezifische Präventionsmaßnahmen auf individueller, gruppenbezogener und kollektiver Ebene dürften wesentliche Beiträge zur Verbesserung der Mundgesundheit bei Populationen leisten, die derzeit noch nicht optimal von der Prävention profitieren.
Schlagwörter: Mundgesundheit, Prävention, UN Charta
WissenschaftSeiten: 410-420, Sprache: DeutschSpäth, Christian / Zeutzius, Sophie / Jöhren, Hans-PeterOriginalarbeitEinleitung: In dieser prospektiven randomisierten klinischen Untersuchung wurde die anxiolytische Wirkung einer Aromatherapie mit Lavendel bei Patienten mit mittelgradiger Zahnbehandlungsangst unter normalen Praxisbedingungen analysiert.
Material und Methoden: Im Crossover-Design wurde bei 30 Patienten (14 Männer, 16 Frauen) mit mittelgradiger Zahnbehandlungsangst im Alter von 21 – 72 Jahren die Angst während einer zweiflächigen Füllungstherapie (mit vs. ohne Aromatherapie) mittels VAS (visuelle Analogskala) und dem Fragebogen HAF (hierarchischer Zahnbehandlungsangstfragebogen nach Jöhren) zu jeweils sechs Zeitpunkten erfasst: vor der Behandlung im Behandlungszimmer, während der Anästhesie, während des zahnärztlichen Eingriffs sowie unmittelbar und einen Tag nach der Behandlung. Außerdem wurden zu diesen Zeitpunkten Pulsrate und Sauerstoffsättigung pulsoxymetrisch gemessen.
Ergebnisse: Es konnte eine anxiolytische und pulsreduzierende Wirkung von Lavendel während einer konservierenden Zahnbehandlung nachgewiesen werden. Dabei wurden folgende Zusammenhänge ermittelt: in Gruppe A (1. Sitzung mit Lavendel, 2. Sitzung ohne Lavendel) betrug der mittlere HAF vor der ersten Sitzung mit Lavendel 34,8 ± 2,7 Punkte gegenüber 33,3 ± 2,8 Punkten vor der zweiten Sitzung ohne Lavendel (p = 0,016). In Gruppe B (1. Sitzung ohne Lavendel, 2. Sitzung mit Lavendel) betrug der mittlere HAF vor der ersten Sitzung ohne Lavendel 36,7 ± 2,1 Punkte gegenüber 32,8 ± 1,8 Punkten in der zweiten Sitzung mit Lavendel (p < 0,001). Auch für den Puls waren die Mittelwerte der Daten der zweiten Sitzung in Gruppe B erheblich niedriger als in Gruppe A (p jeweils kleiner 0,05). Insgesamt war der Rückgang des HAF in Gruppe B mit 3,9 ± 2,2 Punkten stärker ausgeprägt als in Gruppe A mit – 1,5 ± 2,1 Punkten (Mann-Whitney-U-Test, p = 0,002). Die Unterschiede in den Mittelwertdifferenzen der VAS-Mittelwerte sowie der Pulsfrequenzmittelwerte waren zwischen Gruppe A und B deutlich (p < 0,05) wobei der Rückgang in Gruppe B deutlicher ausfiel. Für die Sauerstoffsättigung war kein Unterschied zwischen den Gruppen zu beobachten (p = 0,486).
Schlussfolgerung: Die Aromatherapie mit Lavendelöl stellt bei Patienten mit mittelgradiger Zahnbehandlungsangst ein effektives Verfahren zur Anxiolyse dar.
Schlagwörter: Angstpatienten, Anxiolyse, Aromatherapie, ätherische Öle, Entspannungsverfahren, Lavendel, Phytotherapie, Zahnbehandlungsangst
WissenschaftSeiten: 422-431, Sprache: DeutschGroß, DominikLeben und Werk des DGZMK-Präsidenten Werner Ketterl (1925 — 2010)Einleitung: Werner Ketterl zählt zu den erfolgreichsten zahnärztlichen Hochschullehrern der jüngeren Vergangenheit. Seit den 1960er-Jahren nahm er als Wissenschaftler und Fachpolitiker nachhaltig Einfluss auf die Entwicklung der universitären Zahnheilkunde. Zudem gehörte er zu den wenigen Protagonisten des Fachs, die sich in autobiografischen Erinnerungen mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzten. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich der vorliegende Beitrag mit dem Leben und Wirken des Mainzer Ordinarius im „Dritten Reich“ und in der Bundesrepublik Deutschland.
Material und Methode: Wichtigste Grundlagen der Studie sind u. a. Primärquellen des Bundesarchivs Berlin und des Staatsarchivs München sowie die Autobiografie Ketterls aus dem Jahr 2000. Überdies erfolgte eine umfassende Analyse der Fachpublikationen von und über Ketterl.
Ergebnisse: Werner Ketterl war vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren – neben Adolf Kröncke und Rudolf Naujoks – der wohl einflussreichste Fachvertreter auf dem Gebiet der Zahnerhaltung. Er blieb in der Forschung eher klinisch orientiert und bildete einen stärkeren parodontologischen Schwerpunkt aus als die genannten Kollegen. Im „Dritten Reich“ zeigte er sich regimetreu. Er stellte bereits im Monat seines 18. Geburtstags den Antrag auf die Mitgliedschaft in der NSDAP und wurde drei Monate später aufgenommen.
Diskussion und Schlussfolgerung: Ketterl verstand die Zahnheilkunde als Einheit aus Wissenschaft und Fachpolitik. Mit diesem Ansatz prägte er die Entwicklung und öffentliche Wahrnehmung der Zahnmedizin wie kaum ein anderer Hochschullehrer seiner Zeit – sowohl am Universitätsstandort Mainz als auch im nationalen Maßstab. Sein politisches Bekenntnis zur NSDAP muss demgegenüber überraschen – v. a. angesichts der Tatsache, dass er die Parteimitgliedschaft in seinen Memoiren verschwieg und sich dort moralisch über die Anhänger und Ideologie des Nationalsozialismus erhob.
Schlagwörter: Mainz, Nationalsozialismus, NSDAP, Parodontologie, Zahnerhaltung