0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
908 Aufrufe

Potsdamer Institut analysiert Computersimulationen von „Degrowth“-Ansätzen –

Befürworter einer Wirtschaft ohne Wachstum argumentieren seit langem, dass Wirtschaftswachstum als solches der Umwelt schadet. Jetzt haben Forschende gezeigt, dass eine Eindämmung des Wachstums allein unser Ernährungssystem nicht nachhaltig machen würde – wohl aber eine Änderung unserer Ernährung und ein Preisschild für Emissionen in der Landwirtschaft.

Die Kombi machts

Dafür hat eine Gruppe unter Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in einer Computersimulation erstmals untersucht, welche Auswirkungen so genannte „Degrowth“-Ansätze und Effizienzsteigerungen auf die Treibhausgasemissionen des Lebensmittelsektors haben könnten. Ihr Ergebnis: Eine Kombination aus Ernährungsumstellung, Emissionsbepreisung und internationalen Einkommenstransfers kann die Erzeugung und den Konsum von Lebensmitteln zum Ende dieses Jahrhunderts emissionsneutral machen und gleichzeitig eine gesündere Ernährung für eine wachsende Weltbevölkerung bieten.

Emissionen bepreisen

 „Wenn wir unser System der Produktion und Konsum von Nahrungsmitteln schrumpfen statt wachsen ließen, würde das im Ergebnis dem Klima gar nicht so viel nützen. Stattdessen müssen wir dieses Systems selbst von Grund auf verändern“, sagt Benjamin Bodirsky, Forscher in Potsdam und am World Vegetable Center in Taiwan, einer der Autoren der Studie. „Das bedeutet einerseits, dass die Menschen nur das konsumieren, was sie benötigen, um ihren Nährstoffbedarf zu decken; dass sie weniger Lebensmittel wegwerfen und sich ausgewogener ernähren, mit viel mehr Gemüse und weniger tierischen Produkten. Auf der anderen Seite bedeutet solch eine qualitative Veränderung mehr Effizienz, also Lebensmittel umweltfreundlicher produzieren, zum Beispiel durch gezielteres Düngen  und ertragreichere Pflanzen. Wenn außerdem Kohlenstoff einen Preis bekäme, könnte das Landwirte dazu anreizen, emissionsärmer zu produzieren, einfach weil weniger Emissionen dann geringere Kosten bedeutet. Zusammengenommen könnte das den Ausstoß von Treibhausgasen drastisch senken.“

Das Sytem nicht reduzieren, sondern ändern

Wie wir unser Land bewirtschaften und Lebensmittel produzieren, macht vom Acker bis zum Teller bis zu ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen entlang aller Lieferketten aus. „Wir analysierten, wie dieses System in einer hypothetischen Welt ohne Wirtschaftswachstum aussehen würde: Auf Grundlage in der Wissenschaft diskutierter ,Degrowth‘-Ansätze haben wir Szenarien erstellt, die wir in eine Computersimulation für Ernährungs- und Landsysteme eingespeist haben“, erklärt David Chen, Forscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Autor der Studie. „Wir sind einen Schritt zurückgetreten von den hitzigen normativen Debatten über Post-Wachstum oder ‚Degrowth‘. Unser Ergebnis zeigt, dass das derzeitige Ernährungssystem im Grunde nie wirklich nachhaltig ist, egal mit welcher Wachstumsrate.“
Demnach würde eine einfache Drosselung des Wachstums in reichen Ländern keine nennenswerten Vorteile für die Nachhaltigkeit des Ernährungssystems bringen. Einkommenstransfers von reichen in ärmere Länder könnten die Treibhausgasemissionen sogar erhöhen. Der Grund ist, dass der Konsum umweltschädlicher Lebensmittel dann am deutlichsten steigt, wenn sich Länder von niedrigen zu mittleren Einkommen entwickeln.

„Degrowth“ als Ergebnis

Als die Forschenden jedoch Konsumveränderungen plus Effizienzgewinne durch Emissionsbepreisung in die Computersimulation fütterten, war das Ergebnis eine gesündere Ernährung für alle und geringere Treibhausgasemissionen, sowie in der Folge auch weniger Produktionsaufwand in der Landwirtschaft. „Für das Ernährungssystem können wir sagen: In gewisser Weise wäre ein bisschen ‚Degrowth‘ das Ergebnis der nachhaltigen Transformation, nicht der Ausgangspunkt“, sagt Hermann Lotze-Campen, Mitautor vom Potsdam-Institut. „Im Grunde geht es also nicht einfach um weniger Wachstum, sondern um ein anderes Wachstum.“

Wichtig ist, dass eine nachhaltige Transformation des Ernährungssystems, die alle Kosten für die Umwelt berücksichtigt, einen leichten Anstieg der Lebensmittelpreise nach sich ziehen würde – was vor allem die Armen zu spüren bekämen, so die Forschenden. Deswegen müssen jegliche Transformationen  von einem gut durchdachten Mix aus intelligenten Steuersystemen, sozialem Ausgleich für die Emissionsbepreisung und auch internationalen Ausgleichszahlungen flankiert werden. Denn es erfordert Investitionen, die Landwirtschaft klimafreundlicher zu machen, etwa durch ein besseres Management der Stickstoff-Düngung in den Anbauflächen. Unterm Strich werden diese Kosten werden jedoch wahrscheinlich durch den Wert und die Leistungen intakter Ökosysteme ausgeglichen.

Quelle: Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) Bunte Welt Menschen

Adblocker aktiv! Bitte nehmen Sie sich einen Moment ...

Unser System meldet, dass Sie eine aktive AdBlocker-Software verwenden, die verhindert dass alle Seiteninhalte geladen werden können.

Fair geht vor: Unsere Partner aus der Industrie tragen durch ihre Anzeigen einen maßgeblichen Teil zum Betreiben dieser Newsseite bei. Diese finden Sie in überschaubarer Anzahl auf der Startseite sowie den einzelnen Artikelseiten.

Bitte setzen Sie www.quintessence-publishing.com auf Ihre „AdBlocker Whitelist“ oder deaktivieren Ihre AdBlocker Software. Danke.

Weitere Nachrichten

  
23. Aug. 2024

Warum der Vergleich mit anderen unglücklich macht

Evolutionsbedingtes Verhalten wird durch Social Media Druck problematisch
23. Aug. 2024

Personalmangel macht krank

DAK: Die Zusammenhänge sind größer als vermutet – mit Betrieblichem Gesundheitsmanagement gegensteuern
22. Aug. 2024

Foodwatch-Marktstudie: Fast alle Kindergetränke sind überzuckert

Verbraucherorganisation drängt angesichts weiterhin hoher Zuckergehalte in Erfrischungsgetränken für Kinder auf Zuckersteuer
22. Aug. 2024

Zunehmende Internetnutzung kann psychisch belasten

BZgA weist zur Gamescom 2024 auf Risiken der exzessiven Nutzung von Internet, Computerspielen und Smartphones hin
21. Aug. 2024

Smartphones und Nachhaltigkeit

TÜV-Verband Umfrage: Nur jede und jeder Dritte lässt ein defektes Smartphone reparieren.
16. Aug. 2024

Praktische Tipps zum Füllen der Schultüte

LZKZ und KZVH: Mischung aus kleinen Geschenken und zahngesunden Süßigkeiten für den zahngesunden Schulstart
14. Aug. 2024

Wie geht es Long-Covid-Patientinnen und -Patienten?

Erste Auswertung des vom BMG geförderten Projekts zeigt Versorgungsbarrieren
14. Aug. 2024

Zuckerzufuhr sinkt, ist aber immer noch zu hoch

Studie der Uni Bonn untersucht Ernährung von Kindern und Jugendlichen und sieht weiteren Handlungsbedarf