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Hoffnung auf Weiterführung gut etablierter und hochgeschätzter Dentalprodukte – aktuelle Auswirkungen der Medizinprodukteverordnung

Das Top-Thema sei für ihn die EU-Verordnung zu Medizinprodukten. Die Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit könnten deutlicher kaum sein, so der dänische Zahnarzt Freddie Sloth-Lisbjerg, Vorsitzender des Europäischen Zahnärzteverbands.

(c) Koelnmesse GmbH, Thomas Klerx

Das Top-Thema der Stunde sei für ihn die Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR). Die Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit könnten deutlicher kaum sein. Das erklärte der Vorsitzende des europäischen Zahnärzteverbands CED (Council of European Dentists), der dänische Zahnarzt Freddie Sloth-Lisbjerg, am 23. Januar 2025 anlässlich des Europäischen Presse-Gesprächs im Vorfeld der Internationalen Dental-Schau (IDS) 2025 in Köln. 

Und schon zur Jubiläums-IDS 2023 beklagten deutsche und internationale Dentalunternehmen und Händler die hohen Belastungen aus der MDR für neue ebenso wie für lange etablierte Produkte. Viele Unternehmen haben bereits ihr Produktportfolio in den vergangenen Jahren kritisch durchforstet und Produkte vom Markt genommen, weil der Aufwand für die MDR nicht mehr wirtschaftlich gewesen wäre. Die MDR und die fehlenden Kapazitäten der sogenannten Benannten Stellen behinderten auch die Zulassung neuer Produkte, so die Unternehmen. Das Ausweichen auf die USA mit der strengen Food-and-Drug-Administration (FDA) dürfte nach den Kürzungen auch in dieser Regierungsbehörde nach Amtsantritt des aktuellen Präsidenten der USA immer weniger eine Option sein.

Im folgenden Beitrag arbeitet der Fachautor Dr. Christian Ehrensberger das Thema MDR mit einem besonderen Blick auf die bevorstehende 41. IDS 2025 daher einmal fundiert auf.

Umfragen der einschlägigen Verbände der Medizintechnik (zum Beispiel Med Tech Europe, EUROM6), der radiologischen, elektromedizinischen und Gesundheits-IT (zum Beispiel COCIR) und nationaler Institute für das Gesundheitswesen (zum Beispiel Austrian National Public Health Institute|Gesundheit Österreich GmbH) ziehen aus Studienergebnissen durch die Bank dasselbe Fazit: Rund ein Drittel aller Medizinprodukte werden mittelfristig vom Markt verschwinden.

Das liegt am administrativen Aufwand für das nach MDR vorgeschriebene Konformitätsbewertungsverfahren. Am Ende steht die Zuweisung einer spezifischen UDI-Nummer („unique device identifier“) in der Medizinprodukte-Datenbank für jedes einzelne Medizinprodukt. Der gesamte Aufwand dafür kann so groß werden, dass er die Grenzen der Wirtschaftlichkeit für die betreffenden Produkte übersteigt.

Breitere Definition von „well-established technologies“ wäre gut

Eine mögliche Rettung für einige von ihnen könnte die Einstufung als bewährte, gut etablierte Technologie („well-established technology“, kurz: WET) herbeiführen. Dafür darf ein vereinfachtes Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt werden. Es ist zwar mit Berichtspflichten und entsprechend aufwendigen Dokumentationen verbunden, doch sind solche WET von der Verpflichtung zur Durchführung einer klinischen Prüfung befreit.

Die unter diese Regelung fallenden Technologien beziehungsweise Produkte sind in den Artikeln 52(4), zweiter Sub-Paragraph, und 61(6)(b) der MDR aufgeführt, ebenso in Artikel 18(3). Die dortige Listung befreit sie von der Pflicht zur Implantatkarte. Eine solche Implantatkarte muss der Hersteller eigentlich gemäß den nun geltenden Regulatorien zur Verfügung zu stellen, damit die Patienten wissen, welches Produkt ihnen implantiert wurde.

Neue Liste könnte gut etablierte Produkte „retten“

Darüber hinaus ist die EU-Kommission ermächtigt, die bestehenden Listen durch sogenannte „delegierte Rechtsakte“ zu erweitern. Damit könnten weitere gut etablierte Produkte von vereinfachten Konformitätsverfahren und verminderten Dokumentationspflichten profitieren und somit weitergeführt werden. Voraussetzung ist entweder, dass diese zusätzlich in die Listen aufgenommenen Produkte den bereits verzeichneten Produkten ähnlich sind oder dass ihre Aufnahme in die Listen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern oder anderen Personen oder zum Schutz anderer Aspekte der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt ist.

EU-Kommission arbeitet an Änderungen

Die EU-Kommission ist zurzeit dabei, mögliche WETs zu ermitteln und gegebenenfalls in die Listen aufzunehmen. Dies betrifft ausdrücklich auch die Liste der Produkte, die von der Implantatkartenpflicht ausgenommen sind.

Es könnte sogar sein, dass es mittelfristig (nicht vor dem 4. Quartal 2025) zu einer Neubewertung der Definition von „well-established technology“ kommt, um insgesamt mehr Produktgruppen darunter fassen zu können. Die EU-Kommission hat hierzu eine Initiative zur Neuklassifizierung angedeutet, ohne bisher einen konkreten Zeitplan für Aktivitäten zu nennen.

Umfragen zu MDR-Mehrwert und zu betroffenen Produktgruppen

Außerdem hat die EU-Kommission für einen limitierten Kreis von Marktteilnehmern (unter anderem Hersteller und Importeure) eine bis zum 28. Februar 2025 laufende Umfrage gestartet, darüber hinaus eine öffentliche Umfrage zur Leistungsfähigkeit der MDR. Mit einer gezielten Bewertung soll festgestellt werden, ob die MDR „wirksam, effizient und verhältnismäßig ist, den aktuellen und künftigen Bedürfnissen entspricht und einen EU-Mehrwert“ bietet. Beide Umfragen werden wahrscheinlich erst in der zweiten Jahreshälfte 2025 ausgewertet und bewertet.

Auch dentale Produkte besonders betroffen

Nach einer bundesweiten Unternehmensumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer, der Clusterinitiative Medical Mountains und des Deutschen Medizintechnikverbandes SPECTARIS kristallisieren sich bestimmte Gruppen von Medizinprodukten heraus, die von einer Produktionseinstellung besonders betroffen sind beziehungsweise sein dürften. Zu ihnen gehören chirurgische Instrumente wie Scheren, Nadelhalter und Pinzetten sowie orthodontische Brackets und Drahtbögen1.

Häufig wichtige Nischenprodukte

In der Traumatologie und Unfallchirurgie zählen zu den betroffenen Produkten unter anderem Knochenplatten und Knochenschrauben zur Osteosynthese, atraumatische Instrumente, Mund-Kiefer-Gesichts-Implantate, Epithesen nach chirurgischer Entfernung von Gesichtsteilen sowie HF-Scheren und -Scherenklemmen für die Hochfrequenz- bzw. Elektrochirurgie. Generell geht es meist um Nischenprodukte mit geringem Umsatzvolumen und hoher Wertschätzung unter ihren Anwendern.

Vorteile spezieller Software für Dokumentation in Praxis und Labor nutzen

Die Forderungen der MDR werden bis in die Praxis und das Labor spürbar, denn alle verwendeten Medizinprodukte müssen bis zu ihrer Produktionscharge rückverfolgbar sein. Nach der Norm DIN EN ISO 13485 (Version 2016) zertifizierte Betriebe sind fein raus: Sie arbeiten schon weitgehend MDR-konform. Doch auch sie weisen möglicherweise noch Lücken auf. Für alle Praxen und Labore empfehlen sich spezielle Softwares. Sie helfen zum Beispiel bei der Erstellung von Konformitätserklärungen und vermindern den Aufwand dafür gegenüber einer rein manuellen Implementierung. Auch erfassen sie eingehende Medizinprodukte mit allen relevanten Informationen (zum Beispiel Verfallsdatum, Chargennummer). Kommt ein solches Medizinprodukt zum Einsatz, wird ihm auch die entsprechende Auftragsnummer zugeordnet und so die Chargenrückverfolgbarkeit gesichert.

MDR-Software und Alternativen zu Nischenprodukten auf der IDS

Solche Software-Produkte lassen sich auf der 41. Internationalen Dental-Schau vom 25. bis zum 29. März 2025 vergleichen und auf dieser Basis die richtigen Investitionsentscheidungen treffen. Ebenso wird der IDS-Besucher in den Messehallen nach der einen oder anderen Alternative für seine Lieblings-Nischenprodukte fahnden für den Fall, dass eines von ihnen aufgrund der MDR-Regularien vom Hersteller nicht mehr weitergeführt werden kann.

Dr. Christian Ehrensberger, Frankfurt (Main)

 

Foto: Quintessence News
Über den Aufwand für die Re-Zertifizierung und Zertifizierung der Produkte für die Unternehmen der Dentalbranche und die Folgen für die Kunden berichtet auch Mark Stephen Pace, Vorstandsvorsitzender des Verband der Deutschen Dental-Industrie und Geschäftsführer der Dentaurum GmbH in Ispringen, in Folge 22 des Podcast „Dental Minds“.

 



Quelle: Quintessence News IDS Wirtschaft Politik Nachrichten

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