0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
3886 Aufrufe

Formen zahnärztlicher Berufsausübung in der Europäischen Regional Organisation (ERO) der FDI World Dental Federation

Ziel: Ein Trend zunehmend neuer Formen zahnärztlicher Berufsausübung in der FDI World Dental Federation kann beobachtet werden. Elementare Grundlagen wie die freie Zahn(-Arzt)- und Therapiewahl und die unabhängige, freiberufliche, selbständige Berufsausübung können untergraben werden. Die aktuelle Studie, erschienen in der Quintessenz International 4/2018, zielt auf eine Analyse der allgemeinen Rahmenbedingungen der Ausbildung, die Organisation und die Art der zahnärztlichen Berufsausübung in der Europäischen Regional Organisation (ERO) ab, die hinsichtlich aktueller Veränderungen im zahnärztlichen Beruf kritisch diskutiert werden soll.

In neuem, zeitgemäßem Layout und Design setzt QI ihre in Jahrzehnten bewährte Tradition fort, den Generalisten mit klinisch relevanten, wissenschaftlich fundierten aktuellen Beiträgen aus allen wichtigen Bereichen der Zahnmedizin zu versorgen. Eli Eliav und sein Redaktionsbeirat fühlen sich mit der Präsentation hochwertiger Forschung, nützlicher klinischer Verfahren und kurzer exemplarischer Fallberichte und Notizen praktisch tätigen Zahnärzten auf der ganzen Welt verpflichtet. Als ihre vordringlichste Aufgabe sehen sie die rigorose aber konsequent zeitnahe Begutachtung der Manuskripte, um stets eine hochaktuelle, repräsentative Auswahl qualitätvoller Artikel aus der Vielfalt zahnärztlicher Disziplinen und Spezialisierungen zu präsentieren. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.


Materialien und Methode: Ein Fragebogen der ERO-Arbeitsgruppe “Liberal Dental Practice” wurde entwickelt. Es wurden Informationen über zahnmedizinische Fakultäten, Berufsverbände, Regulierungen der zahnärztlichen Berufs­ausübung und ambulanten zahnärztlichen Gesundheitszentren gesammelt und analysiert. 

Ergebnisse: Die selbstständige Zahnarztpraxis ist die häufigste Form der Berufsausübung (51,7 Prozent). 72,7 Prozent der Zahnärzte ist es erlaubt, unmittelbar nach dem Abschluss selbstständig zu arbeiten. Etwa ein Drittel ist durch Pflichtmitgliedschaft organisiert in Kammern/Berufsverbänden. Die Zahnarzt-Dichte hat einen Mittelwert von 1.570 Einwohner pro Zahnarzt. In den meisten Ländern gibt es keine Sonderregeln für die Gründung von zahnärztlichen ambulanten Gesundheitszentren (MVZ). In den insgesamt 353 Universitäten der ERO-Länder werden 16.619 Zahnärzte pro Jahr ausgebildet, ein Trend zu einem höheren Anteil an weiblichen Studierenden ist zu erkennen (63 Prozent). 

Schlussfolgerungen: Trotz moderner Formen zahnärztlicher Berufsausübung sollte die Charta der Freien Berufe (CED et al., 2013) respektiert und dabei die ethischen Grundsätze berücksichtigt werden. Der Kommerzialisierung des zahnärztlichen Berufs kann entgegen gewirkt werden, indem die ethischen Grundsätze festgelegt und befolgt werden; nur so kann die Qualität der Mundgesundheitsversorgung ohne den Einfluss Dritter gewährleistet werden.

Einleitung

Das Modell der klassischen unabhängigen freiberuflichen Einzel-Zahnarztpraxis hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Ein Trend hin zu beruflicher/finanzieller Zusammenarbeit in Zahnarztpraxen kann in vielen europäischen Ländern beobachtet werden. Derzeit können Zahnärzte wählen, ob sie in verschiedenen modernen zahnärztlichen Berufsausübungsformen arbeiten möchten, wie zum Beispiel einer Berufsausübungsgemeinschaft bestehend aus zwei oder mehreren gleichberechtigten Partnern; Praxis-Kliniken, bestehend aus einem geringeren Prozentsatz von gleichberechtigten Partnern und angestellten Zahnärzten; zahnärztlichen ambulanten Gesundheitszentren (MVZ), in denen der (die) Eigentümer/Inhaber Zahnärzte sind, aber nicht selbst zahnärztlich praktizieren; Praxen basierend auf Franchise-Modellen und Praxen in Kooperation mit externen Unternehmen, in denen jeweils der Investor kein Zahnarzt ist; Praxis-Netzwerken bestehend aus zwei oder mehr Zahnarztpraxen, in denen der/die Inhaber entweder Zahnarzt oder nur Investor ist (MVZ); als auch ambulanten Gesundheitszentren, die in der Regel staatlich sind oder von der Kommune betrieben werden.

Dieser Wandel begann vor etwa 15 Jahren in einigen europäischen Ländern. Die Freien Berufe sind seit Inkrafttreten des Dekrets Nr. 248/2006 in Italien von Geschäftsinteressen betroffen, die hauptsächlich von Dritten getrieben wurden.1 Ähnliche Gesetze sind in anderen EU-Ländern mehr oder weniger zeitgleich in Kraft getreten. Das besagte Gesetz befasst sich mit der Liberalisierung des Marktes; es regelt dringende Bestimmungen für einen wirtschaftlichen und sozialen Neustart sowie die Eindämmung und Rationalisierung öffentlicher Ausgaben und Interventionen in Bezug auf Steuerzahlungen und Maßnahmen gegen fiskalischen Betrug. Der deutsche Gesetzgeber hat ambulante Gesundheitszentren (MVZ) im Rahmen der Gesundheitsreform im Jahr 2003 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz eingeführt. Seit 2004 können sich neben den niedergelassenen Vertragszahnärzten in Einzel- und Gemein­schaftseinrichtungen auch ambulante Gesundheitszentren an der Versorgung in Deutschland beteiligen und Kommunen können seit 2015 ebenfalls ambulante Gesundheitszentren (MVZ) gründen.2 Die Ent­wicklung der Zahl der Vertragszahnärzte in Deutschland zeigt einen jährlichen durchschnittlichen Rückgang von 0,6 Prozent (3.310 Zahnärzte) für einen 10-Jahres-Zeitraum von 2005 bis 2015. Der Anstieg der Anzahl der angestellten Zahnärzte liegt durchschnittlich bei ca. 1 Prozent.

Ein Trend hin zu Praxiskooperationen kann beobachtet werden.3 Gründe für diesen Wandel können folgende sein: die Verschiebung der Binnenmärkte innerhalb der Europäischen Union aufgrund von Änderungen der Rechtslage,4-6 politische Rahmenbedingungen in den nationalen Mitgliedstaaten,7 erhöhte finanzielle und wirtschaftliche Herausforderungen bei Gründung einer Praxis,8 Bestrebungen der neuen Zahnärzte-Generation mit unterschiedlichen Erwartungen an die Berufsausübung9-10 und das soziale Leben sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.11-13 Gleichwohl können diese innovativen Formen der zahnärztlichen Berufsausübung die unabhängige freiberufliche Zahnarztpraxis kompromittieren, was nicht ignoriert werden darf.

Ähnliche Beobachtungen können auch in Kanada und in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) sowie in Australien gemacht werden. Private Equity-Firmen oder zahnärztliche Unternehmen im Besitz von Nicht-Zahnärzten existieren in der gesamten Zone der FDI World Dental Federation. Der politische Diskurs über diesen Umstand ist oft mit einer Über-Behandlung und finanzieller Bereicherung von Teilhabern verbunden. Grundlegende Aspekte wie die freie Wahl des Zahnarztes und der Therapie können untergraben werden.

Das übergeordnete und grundlegende Prinzip, dass Behandlungsentscheidungen eine Angelegenheit zwischen Zahnarzt und Patient sind, muss beibehalten werden.14 Darüber hinaus heißt es in der FDI-Erklärung: „Zahnärzte sollten Behandlungen empfehlen, die im besten Interesse einer langfristigen Mundgesundheit der Patienten sind und nicht von der Anspruchsberechtigung der Patienten im Rahmen von Erstattungssystemen Dritter beeinflusst werden.“ Während die freie Wahl der Form der zahnärztlichen Tätigkeit innerhalb der verschiedenen Formen der gemeinschaftlichen Berufsausübung beibehalten werden sollte, ist es wichtig und wird dringend empfohlen, dass die Über­tragung von unabhängigen, freiberuflichen, selbständig erbrachten zahnärztlichen Leistungen für jeden Einzelnen nicht vernachlässigt werden darf.

Basierend auf den ethischen Richtlinien15 und den Prinzipien der Charta der Freien Berufe des Rates der Europäischen Zahnärzte (CED) et al.,16 muss folgendes gewährleistet sein, und das ist die sogenannte „freiberufliche zahnärztliche Berufsausübung“: die freie Wahl der zahnärztlichen Praxis, Therapiefreiheit und eine unabhängige und unbeeinflusste Beziehung zwischen Zahnarzt und Patient ohne die Einmischung Dritter. Die Charta der Freien Berufe,16 welche von den europäischen Organisationen erarbeitet und unterstützt wird, repräsentiert Zahnärzte aus der Europäischen Union und zielt darauf ab, Empfehlungen an die europäischen Institutionen zu richten, um mögliche Auswirkungen neuer oder geänderter Rechtsvorschriften und Politiken auf die Freien Berufe zu prüfen und die Erbringung qualitativ hochwertiger Dienstleistungen für jeden Bürger in Europa zu ermöglichen.

Die Charta schlägt auch eine Definition des Begriffes „Freie Berufe“ auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vor und umreißt die besonderen Merkmale der Freien Berufe.16 

„Die ERO ist eine Vereinigung zahnmedizinischer Organisationen, die alle geographischen europäischen Länder vertritt“ (ERO-Stellungnahme). Die ERO wurde gegründet, „um das Konzept der Zahnheilkunde als freier/unabhängiger Beruf basierend auf der Freiheit zwischen Patient und Zahnarzt zu fördern, um die Mitgliedsorganisationen bei der Bereitstellung der bestmöglichen oralen und allgemeinen Gesundheit für das Wohl der Patienten zu unterstützen, um nationale und europäische Rahmenbedingungen der Gesundheitspolitik auf einer ethischen und professionellen Basis zu fördern und zu unterstützen, um unter der Vision und Mission der FDI World Dental Federation die Arbeit dieser zu beeinflussen“ (ERO-Leitbild). So ist gewährleistet, dass finanzielle Interessen aufgrund ethischer Grundsätze keine Berücksichtigung finden; daher sollte auf die ein oder andere Weise darauf geachtet werden, dass ethische Grundsätze stets Vorrang haben.

Ein vernünftiger Gesundheitsmarkt muss daher gesondert betrachtet werden und darf nicht auf derselben Grundlage wie allgemeine marktpolitische Grundsätze des wirtschaftlichen und profit-orientierten Handels basieren. So stellt der Markt der Mundgesundheitsversorgung eine einzigartige Situation dar, und es wäre daher vorteilhaft, ihn einer speziellen Regelung zu unterwerfen. Strukturen wie ehrenamtliche Vergünstigungen und Bonus-Malus-Regelungen beinhalten das Risiko, einen Verlust an Behandlungsqualität in Kauf zu nehmen. Allerdings entscheiden sich viele junge Berufstätige für die Zusammenarbeit in größeren Partnerschaften als Interimslösung nach dem Abschluss der zahnärztlichen Ausbildung, um theoretische, praktische und organisatorische Kenntnisse zu erwerben.

Finanzielle, wirtschaftliche und familiäre Gründe

Heutzutage entscheiden sich Zahnärzte oft dafür und zwar aus finanziellen Gründen8,13 und zur Minimierung des wirtschaftlichen Risikos und um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten.9,10,17 Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sind angestellte Zahnärzte anfällig für eine Art von Abhängigkeit, meist finanzieller Natur, von den Richtlinien des Praxisinhabers, Leiters, Investors oder Stakeholders. Wegen dieser Diskrepanz für den angestellten Zahnarzt zwischen der Verpflichtung zur Einhaltung dieser Richtlinien und der wesentlichen Verantwortung für seine spezifische zahnärztliche Berufsausübung müssen die Grundsätze der freiberuflichen Zahnarztpraxis als Voraussetzung für eine optimale und vertrauensvolle Behandlung des Individuums beachtet werden.

Der Rat der Europäischen Zahnärzte (CED) erklärt, dass „allgemeine Annahmen über die Vorteile des freien Wettbewerbs nicht für die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen gelten“; er weist aber auch darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof kürzlich auf die besonderen Vertrauensbeziehungen zwischen Zahnärzten und ihren Patienten hingewiesen hat.18 Darüber hinaus wurde auch die Möglichkeit untersucht, dass eine Person während ihrer zahnärztlichen Ausbildung eine bestimmte berufliche Praxisform bevorzugen könnte.

Vor diesem Hintergrund zielt die aktuelle Studie darauf ab, die Rahmenbedingungen einer zahnärztlichen Ausbildung, Organisation und Berufsausübung innerhalb der ERO-Zone zu analysieren und den aktuellen Stand und die Veränderungen in der Zahnmedizin kritisch zu diskutieren.

Die vorliegende Studie wurde von Mitgliedern der ERO-Arbeitsgruppe „Liberal Dental Practice“ Ende 2015 in mehreren Sitzungen erörtert, und in der Arbeitsgruppe auf der ERO-Tagung im April 2016 in Baku diskutiert. Der Fragebogen sollte eine Analyse der unterschiedlichen Gegebenheiten in den ERO-Mitgliedsstaaten hinsichtlich einer freiberuflichen, unabhängigen zahnärztlichen Berufsausübung ermöglichen, da Zahnarztpraxen mit mehreren Zahnärzten, Praxisnetzwerke und ambulante Gesundheitszentren (MVZ) in den ERO-Mitgliedsverbänden immer beliebter werden. Die Fragen konzen­trierten sich darauf, wie sich das Konzept des unabhängigen Zahnarztberufs, welches auf nationalen Gesundheitspolitiken basiert, auf ethische Grundsätze und professionelle Standards auswirkt. Die Geschäftsordnung der ERO-Arbeitsgruppen kann unter ­www.­erodental.org eingesehen werden.

In der Umfrage wurden auch Fragen, wie europäische Zahnärzte im Allgemeinen organisiert sind, gestellt; basierend auf den Ergebnissen wurde eine Analyse der Anzahl der Bildungszentren sowie der Bildungsbedingungen in den ERO-Mitgliedsverbänden durchgeführt. Folgende Fragen wurden aufgenommen: Wie lange dauert das Studium? Wie viele zahnmedizinische Fakultäten gibt es? Wie ist die Geschlechterverteilung unter den Studierenden?

In Bezug auf die ambulanten Gesundheitszentren (MVZ) ist die Anzahl der Kolleginnen und Kollegen, die laut Gesetz erlaubt sind, dort zu arbeiten, evaluiert worden und zusätzlich wurde erfragt, ob eine sogenannte Assistenzzeit im jeweiligen Land vorgeschrieben wird, bevor ein Zahnarzt selbständig werden kann, als auch die Länge dieser Assistenzzeit.

Eine Bewertung von Zahnarztpraxen bezüglich Unter- und Überversorgung der Bevölkerung wurde durchgeführt und geprüft, ob sich eine solche Situation in den letzten zehn Jahren geändert hat. Abschließend wurde festgestellt, ob es gesetzliche Regelungen zu ambulanten Gesundheitszentren (MVZ) in den ERO-Ländern gibt und wer ein solches gründen darf. Um den Standpunkt der ERO-Mitgliedsländer in Bezug auf ihre jeweiligen Rahmenbedingungen zu evaluieren, wurde der Fragebogen an die Kontaktpersonen der entsprechenden Organisationen von insgesamt 37 ERO-Mitgliedsverbänden geschickt.

Ergebnisse

Insgesamt 33 ERO-Länder und nationale Mitgliedsverbände antworteten: Österreich, Armenien, Aserbaidschan, Belgien, Kroatien, Tschechien, Zypern, Dänemark, Estland, Frankreich, Georgien, Deutschland, Griechenland, Island, Israel, Italien, Kasachstan, Kirgisische Republik, Litauen, Luxemburg, Mazedonien, Malta, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweiz, Türkei und das Vereinigte Königreich Großbritannien. Die Rücklaufquote lag bei 33 von 37 (89,19 Prozent), wobei 22 (59 Prozent) der Länder Mitglieder der Europäischen Union sind.


Abb. 1 Zahnarztdichte der ERO-Länder: die Gesamtzahl der Zahnärzte im Verhältnis zur Gesamtzahl der Einwohner.

Abbildung  1 zeigt die zahnärztliche Versorgungsrate der ERO-Länder, die die Anzahl der von jedem Zahnarzt betreuten Personen auf Basis der Gesamtzahl der Einwohner darstellt. Zu diesem Zweck wurden die Bevölkerungsdaten von Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Israel, Kasachstan, Kirgisische Republik und Russland von den Vereinten Nationen im Jahr 201619 berücksichtigt. Die der anderen untersuchten Länder der Europäischen Kommission erhalten Daten von „Euro­stat“ aus dem Jahr 2015.20


Abb.  2 Tätigkeit von Zahnärzten mit eigener Praxis (selbständig), angestellt in einer Zahnarztpraxis oder einer Gemeinschaftspraxis, in einem ambulanten Gesundheitszentrum (MVZ), einer kommunalen/staatlichen Klinik, einer Universitätsklinik, im öffentlichen Gesundheitswesen, in der Industrie oder an anderen Orten.

Abbildung  2 zeigt die Verteilung des Arbeitsumfelds in denen Zahnärzte in ihrem Land beschäftigt sind: selbständige Einzelpraxis, angestellt in einer Zahnarztpraxis, arbeitend in einer Gemeinschaftspraxis, zahnärztlichem ambulanten Gesundheitszentrum (MVZ), städtischer/staatlicher Klinik, Universitätsklinik, öffentlichen Gesundheitswesen, Industrie oder anderen Orten. Das häufigste Arbeitsumfeld für Zahnärzte in den ERO-Ländern ist die eigene selbstständige Zahnarztpraxis (51,7 Prozent). In Georgien, Armenien, Frankreich, Kasachstan, den Niederlanden und Russland sind relativ viele Zahnärzte angestellt (über 30 Prozent). Gemeinschaftspraxen sind hauptsächlich in Italien (49 Prozent), Deutschland (25 Prozent), Armenien (20 Prozent) und der Türkei (15 Prozent vertreten; in allen anderen Ländern liegt die Quote unter 15 Prozent. Die meisten ambulanten Gesundheitszentren (MVZ) gibt es in Spanien (13 Prozent) und der Kirgisischen Republik (10 Prozent); in allen anderen Ländern liegt die Quote unter 10 Prozent. Kommunale und nationale Kliniken sind hauptsächlich in der Kirgisischen Republik (60 Prozent), Russland (40 Prozent), der Türkei (28 Prozent), Dänemark (25 Prozent), Kasachstan (15 Prozent) und Israel (5 Prozent) angesiedelt. In allen untersuchten Ländern beträgt der Anteil der Universitätskliniken weniger als 13 Prozent.

Innerhalb des öffentlichen Gesundheitswesens haben Zahnärzte in Slowenien die höchste Beschäftigungsquote (77 Prozent), gefolgt von Polen und Aserbaidschan (30 Prozent), Malta (18 Prozent), Russland (12 Prozent) und Österreich (11 Prozent); die Quote in den sonstigen Ländern liegt bei Beschäftigung dieser Art unter 7 Prozent. Das industrielle Umfeld (zum Beispiel Beschäftigung in der pharmazeutischen Industrie oder im Dentalhandel) bildet das seltenste Arbeitsumfeld für einen Zahnarzt in allen Ländern, mit den höchsten Werten in Russland (8 Prozent) und Belgien (5 Prozent) und einer Quote von weniger als 2 Prozent in den übrigen Ländern. Kategorien, welche nicht bei den zuvor genannten Rubriken enthalten sind, wurden in der Kategorie „Andere“ gesammelt (zum Beispiel Tätigkeit in einer Versicherungsgesellschaft als Gutachter oder Vertretungszahnarzt). Diese wies Raten von 30, 16 und 14 Prozent auf (Slowakei, Tschechien und Aserbaidschan), während die Quote in den anderen Ländern unter 9 Prozent lag.


Tab. 1 Anzahl der Zahnmedizinischen Fakultäten, Anzahl der Absolventen, Studiendauer und Geschlechter­verhältnis der Zahnmedizinstudierenden

Tabelle  1 zeigt die Anzahl der zahnmedizinischen Fakultäten und Absolventen, die Dauer des Studiums und das Geschlechterverhältnis der Studierenden der Zahnmedizin. Die Untersuchungen ergaben nicht, dass das Geschlecht ein Faktor für die Präferenz eines bestimmtes Typs der Berufsausübung war. Die meisten zahnärztlichen Fakultäten der ERO-Mitgliedsstaaten sind öffentlich (83,3 Prozent). In den meisten Ländern dominieren die staatlichen Universitäten im Vergleich zu den privaten zahnmedizinischen Universitäten. Dieses Verhältnis war in der Republik Slowenien ausgewogen; überwiegend private im Vergleich zu staatlichen zahnärztlichen Universitäten wurden von Armenien, Belgien, Georgien und Portugal gemeldet. Die Geschlechterverteilung der Zahnmedizinstudenten ergab überwiegend weibliche Studierende (63,8 Prozent) in den meisten Ländern, mit Ausnahme von Armenien und der Kirgisischen Republik, die ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mann und Frau zeigten. Nur Aserbaidschan, Italien und die Türkei meldeten mehr männliche als weibliche Studierende (etwas über 50 Prozent), die derzeit Zahnmedizin studieren.


Tab. 2 Organisation der Zahnärzte, Regulierungen für Zahnarztpraxen und ambulante Gesundheitszentren sowie Angaben zur Mundgesundheit in städtischen und ländlichen Gebieten.

Tabelle  2 zeigt die Organisation der Zahnärzte, die Regulierungen für die zahnärztliche Berufsausübung und die ambulante Versorgung in städtischen und ländlichen Gebieten. Eine zahnärztliche Kammer mit Pflichtmitgliedschaft existiert in 13 der 33 ERO-Staaten.

Mit Ausnahme der Slowakei haben alle Länder nationale zahnärztliche Vereinigungen. Die Anzahl der Zahnärzte und der Prozentsatz der Zahnärzte, die Mitglieder einer Fachgesellschaft sind, sind aufgelistet. Die Anzahl der Organisationen der europäischen Zahnärzte in den nationalen zahnärztlichen Verbänden variieren stark. Dies ist relevant, weil zahnärztliche Organisationen eine Verantwortung für die zahnärztliche Fürsorge für die Menschen in ihrem Land haben, unabhängig davon, ob Nichtregierungsorganisationen (NGO‘s) existieren oder nicht; dies spiegelt den negativen Trend wider, der die freiberufliche zahnärztliche Berufsausübung gefährdet.

In den meisten Ländern ist die Anzahl der zuge­lassenen Zahnärzte, die in einem zahnärztlichen ambulanten Gesundheitszentrum (MVZ) arbeiten, nicht begrenzt. 

Zahnärzte dürfen in den meisten Ländern unmittelbar nach dem Studium selbstständig arbeiten (insgesamt 72,7 Prozent); in Armenien ist dies nicht erlaubt, ebenfalls nicht in Dänemark, Kasachstan, der Kirgisischen Republik, Polen, Slowenien oder der Türkei. Sofortige Selbstständigkeit in Deutschland hängt davon ab, ob es das Ziel des Einzelnen ist, ausschließlich in einer Privatpraxis zu arbeiten oder als selbstständiger Praxisinhaber im Rahmen des obligatorischen staatlichen Versicherungssystems. Die erste Möglichkeit ist die Eröffnung einer Zahnarztpraxis unmittelbar nach dem Abschluss in der zahnmedizinischen Fakultät. In Armenien, Dänemark, Deutschland, Kasachstan und der Kirgisischen Republik, Polen, Slowenien, der Schweiz und Großbritannien ist die Anstellung als sogenannter Vorbereitungsassistent in einer Zahnarztpraxis Pflicht. Die erforderliche Assistenzzeit, bevor man seine eigene Praxis gründen darf, beträgt zwischen zwölf und 60 Monaten.

Die Daten für über- oder unterversorgte Städte oder ländliche Gebiete in den ERO-Mitgliedsländern sind unterschiedlich; die Veränderung des Verhältnisses von Zahnarztpraxen in Städten gegenüber Zahnarztpraxen auf dem Land während der letzten 10 Jahre variieren ebenfalls. Die umfangreichen Informationen aus dem Fragebogen zeigten, dass es schwierig ist, über- oder unterversorgte Gebiete zu definieren. Allerdings sind diese Daten wichtig, um den Bedarf einer adäquaten zahnärztlichen Versorgung im klassischen oder alternativen zahnärztlichen Arbeitsumfeld zu visualisieren.


Tab. 3 Gesetzliche Regelungen für die Gründung eines ambulanten Gesundheitszentrums (MVZ).

Tabelle  3 zeigt, wer ein ambulantes Gesundheitszentrum (MVZ) gründen darf. In den meisten Ländern, mit Ausnahme von Kroatien, Tschechien, Zypern, Island, Luxemburg und Malta, gibt es Regelungen für die Gründung von zahnärztlichen ambulanten Gesundheitszentren (MVZ). In den untersuchten ERO-Ländern ist jedoch die Gründung von ambulanten Gesundheitszentren (MVZ) möglich für die große Mehrheit der jeweiligen Staatsbürger oder rechtmäßigen Bewohner. Wenige Unterschiede bestehen zwischen den verschiedenen ERO-Ländern in den folgenden Kategorien: Investoren ohne zahn- oder medizinische Ausbildung, Zahnärzte, Ärzte, Kommunen, Krankenkassen, Firmen oder andere. Die Ergebnisse zeigen, dass es in der Mehrzahl der ERO-Länder möglich ist, ohne gesetzliche Regelung ein zahnärztliches ambulantes Gesundheitszentrum (MVZ) zu errichten.

Diskussion

Die zunehmende Zahl der verschiedenen Möglichkeiten der zahnärztlichen Berufsausübung macht eine Untersuchung dieser Entwicklung notwendig. Dies ist wichtig, um die freie und unabhängige Berufsausübung mit dem Ziel einer optimalen Mundgesundheit für die Patienten basierend auf den ethischen Grundsätzen der Charta der Freien Berufe zu sichern.16 Diese Art der Forschung ist relevant um zu bestätigen, dass eine unabhängige, freiberufliche zahnärztliche Berufsausübung, die auf den ethischen Grundsätzen der freien Berufe beruht, eine angemessene Leistung erbringt und folgendes gewährleistet: die Mundgesundheit der Patienten (gemäß der aktuellen FDI World Dental Federation Definition der Mundgesundheit), verglichen mit kommerziell unterstützten zahnärztlichen Dienstleistungsanbietern.21 Eine Untersuchung über die Ergebnisse ähnlicher Parameter zu denen, die in dieser Untersuchung evaluiert wurden, wurden nach dem Wissen der Autoren bislang noch nicht veröffentlicht. Aus diesem Grund wurde die vorliegende Studie zur Analyse der allgemeinen Rahmenbedingungen der zahnärztlichen Berufsausbildung, Organisations- und Berufsformen innerhalb der ERO-Zone durchgeführt.

Die hohe Rücklaufquote des Fragebogens (89,19 Prozent) ermöglicht einen umfassenden Überblick über die Situation der zahnärztlichen Versorgung in den Mitgliedsländern der ERO. Länder wie Armenien, Kroatien, Zypern, Georgien, Griechenland, Litauen und Mazedonien haben eine Zahnarztdichte von weniger als 1.000 Einwohnern pro Zahnarzt, was erwähnenswert ist. Die quantitativ niedrigste Dichte von Zahnärzten mit mehr als 4.000 Einwohnern pro Zahnarzt wurde in Aserbaidschan, Kasachstan und der Kirgisischen Republik gefunden. Der Mittelwert der Dichte von Zahnärzten aus den EU-Mitgliedsländern in der ERO war 1.570 Einwohner pro Zahnarzt.

Verglichen mit den Daten des CED von 2008, mit 345.000 Zahnärzten und einem Verhältnis von Zahnarzt pro Einwohner von 1:1501 und von 2015 mit 361.000 Zahnärzte und ein Verhältnis von 1:143322 kann bestätigt werden, dass die Mundgesundheitsversorgung der Bevölkerung eine steigende Tendenz aufweist. Die ERO-Mitgliedsländer gaben an, dass es Regionen gibt, die unter- oder überversorgt sind. Diese Feststellung sollte weiter untersucht werden, um Über- oder Unterversorgung zu vermeiden, möglicher Unterversorgung vorzubeugen oder dem entgegenzuwirken. Obwohl die Europäische Union, Mazedonien und die Türkei im Jahr 2010 erklärten, dass, wie erforderlich, 88 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 30 Minuten Zugang zu einem Zahnarzt haben, besteht ein Trend zur Unterversorgung in dünn besiedelten Gebieten, da das Verhältnis von Zahnarztpraxen in städtischen versus ländlichen Gegenden sich in den vergangenen Jahren zugunsten der städtischen Zahnarztpraxis verändert hat.

Diese Situation könnte möglicherweise durch die in der vorliegenden Studie ermittelte hohe Studentenausbildungskapazität gemildert werden.23 Leider konnten keine gültigen Daten über Neueröffnungen oder Praxisschließungen in dieser Studie von den ERO-Ländern bezogen werden. Die selbstständigen Zahnärzte mit eigener Praxis sind in den meisten ERO-Ländern die häufigste Form der zahnärztlichen Berufsausübung. 

Obwohl keine weiteren Angaben gemacht wurden, ob Patienten in der Lage sind, zwischen verschiedenen Zahnarztpraxen zu unterscheiden, gab der Eurobarometer an, dass 79 Prozent der Patienten einen Zahnarztbesuch in einer Praxis oder einer Privatklinik bevorzugten.23 Nicht vernachlässigbar ist die Zahl der angestellten Zahnärzte (zum Beispiel Georgien 76 Prozent; Armenien 50 ; Frankreich 47,4 Prozent; Estland 44,5 Prozent; Kasachstan 43 Prozent; die Niederlande 33 Prozent; Russland 30 Prozent; Dänemark, Israel, Spanien 25 Prozent; Aserbaidschan, Deutschland, Island, Malta, Mazedonien, Slowakische Republik von 15 bis 22 Prozent; Kirgisische Republik, Schweiz 10 Prozent), allerdings konnten keine geschlechtsspezifischen Daten in diesem Teil der Studie erhoben werden. Der prozentuale Anstieg der weiblichen Studierenden von 2003 (53 Prozent) bis 2013 (63 Prozent)22 stimmt mit den 63 Prozent innerhalb der ERO-Zone in den CED-Mitgliedsländern überein, was den Aufwärtstrend bestätigt. Eine Tendenz, dass Frauen unterschiedlich in Zahnarztpraxen engagiert sind, insbesondere im Hinblick auf die tägliche/wöchentliche Arbeitszeit in einer Zahnarztpraxis, wurde nicht beobachtet. Daher kann die Annahme, dass sie in Betracht ziehen würden, sich selbst als Angestellte und nicht als Unternehmerin oder als Klinikdirektorin zu sehen, aufgrund des Studiendesigns nicht beleuchtet werden.

Es ist ein Anstieg der Zahl der angestellten Zahnärzte in den kommenden Jahren zu erwarten, da der Zahnarztberuf nach wie vor auf eine zufriedenstellende Vereinbarkeit von Familie und Beruf zielt.17 Die Verteilung über alle aufgeführten Berufsausübungsformen (Abb.  2), welche in den Fragebogen aufgenommen wurden, bestätigen den hohen Grad an Freiheit in allen untersuchten Ländern, sich als Zahnarzt frei seine Form der Berufsausübung aussuchen zu können. Ein hohes Maß von staatlicher Unterstützung des Systems wurde nur in Dänemark, der Kirgisischen Republik, Malta, Polen, Russland, Slowenien, Spanien und der Türkei identifiziert. Diese Feststellung ist teilweise historisch gerechtfertigt oder gesellschaftspolitisch mit den öffentlichen Gesundheitssystemen begründet.

Innerhalb der EU, Mazedoniens und der Türkei liegt der prozentuale Anteil von Patienten, die eine zahnärztliche oder kommunale Einrichtung für die zahnärztliche Behandlung genutzt haben, bei 14%.22 Außer Spanien (13 Prozent) und der Kirgisischen Republik (10%), repräsentieren ambulante Gesundheitszentren (MVZ) bisher nur einen kleinen Teil der Berufsausübungsformen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse auf die Frage „Wer darf ein ambulantes Gesundheitszentrum gründen?“ (Tabelle  3), ist zu erwarten, dass die Anzahl dieser Berufsausübungsformen sich ändern kann, je nach den verschiedenen lokal beeinflussten Marktszenarien in der Zukunft. Auch wenn es in einer Reihe von Ländern Regeln für die Einrichtung ambulanter Gesundheitszentren (MVZ) gibt, existieren trotzdem Risiken wie zum Beispiel ausländische Investoren und ausschließlich kaufmännische Investoren oder Stakeholder mit rein merkantiler Gewinnerzielungsabsicht, die in der Lage sind in fast allen Ländern innerhalb der ERO-Zone zu agieren. So erfordert die zahnärztliche Berufsausübung, egal in welcher Form, einen Rechtsrahmen, der einen Schutz der Patienten vor finanziellem Missbrauch oder fehlerhafter Behandlung gewährleistet. Unter der aktuellen Entwicklung sind die wichtigsten Eigenschaften einer freiberuflichen, liberalen und unabhängigen Praxis wie die Freiheit der Wahl der Therapie und des Zahnarztes gefährdet und der Inhalt der Charta der Freien Berufe möglicherweise untergraben.12,16,18

In insgesamt 353 Universitäten der ERO-Länder werden 16.619 Zahnärzte pro Jahr ausgebildet. Die Dauer des Zahnmedizinstudiums beträgt in rund zwei Dritteln der Länder 5 Jahre und 5.000 Stunden. In etwa einem Drittel der Länder beträgt der Studienzeitraum 6 Jahre und 5.500 Stunden. Beide Studiendauern sind in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung der Berufsqualifikationen und Verordnung (EU) Nr.  1024/ 2012 zur administrativen Zusammenarbeit durch das Binnenmarkt Informationssystem.24 Glücklicherweise wird in den meisten ERO-Ländern eine adäquate zahnärztliche Ausbildung, die eine teure Angelegenheit ist, gewährleistet. Eine angebotsorientierte Ausbildungsdichte auf Basis der Lebensarbeitszeit ist aufgrund fehlender Daten in den ERO-Mitgliedsländern derzeit nicht verfügbar. Die Erhebung von solchen Daten in den Mitgliedsländern der ERO ist daher angezeigt, um eine Analyse zu erleichtern, wie die zahnärztliche Mundgesundheitsversorgung auf der Grundlage des Arbeitslebens erfolgt. Nur so können Maßnahmen frühzeitig in Betracht gezogen und eine Über- oder Unterversorgung in Zukunft verhindert werden.

Zunahme vor allem bei angestellten Zahnärzten

Die Anzahl der ausgebildeten Zahnärzte ist in den Jahren 2003, 2008 und 2013 gestiegen.22 In Aserbaidschan, Kasachstan, der Kirgisische Republik, Russland und der Türkei, Ländern mit geringerer Versorgungsdichte, kann sich ein zukünftig höherer Behandlungszugang ergeben. In den übrigen Ländern ist jedoch eine Zunahme der Zahl der angestellten Zahnärzte zu erwarten, was eine richtungsweisende Voraussetzung für den Aufbau einer höheren Zahl von zahnärztlichen Versorgungseinrichtungen ist. Diese Bedingungen bergen jedoch die Gefahr, dass durch ein wachsendes Wettbewerbsumfeld eine Kommerzialisierung der Zahnmedizin stattfinden könnte.

Die Tatsache, dass eine Assistenzzeit vor der Selbständigkeit in nur 10 Ländern obligatorisch ist, basiert auf nationalen Richtlinien. In den Ländern, in denen diese Ausbildung erforderlich ist, ist eine zahnärztliche Studiendauer von 5 Jahren vorgeschrieben. Inwieweit eine signifikante Qualitätsverbesserung mit einer obligatorischen Ausbildungszeit verbunden ist, konnte in der vorliegenden Studie nicht festgestellt werden. Unterschiede innerhalb der EU führen jedoch zu Ungleichheiten bei der Etablierung einer selbständigen Zahnarztpraxis. So haben Berufstätige ohne Vorbereitungs- bzw. Assistenzzeit, basierend auf der Berufsanerkennungsrichtlinie24, die rechtliche Möglichkeit eine eigene Praxis in allen EU-Mitgliedsstaaten zu gründen.

Nur jeder dritte Zahnarzt in berufspolitischer Institution

Die Mehrheit der Zahnärzte in allen untersuchten ERO-Ländern sind freiwillige Mitglieder von zahnärztlichen Organisationen oder Fachverbänden. Aber nur rund ein Drittel der Zahnärzte sind als Pflichtmitglieder in Kammern oder Körperschaften organisiert, was auf eine eingeschränkte soziale und berufliche Interaktion hindeutet. So beeinflussen in den meisten Ländern externe Einflüsse wie Staat, Krankenversicherungen oder Investoren die zahnärztliche Berufsausübung und die öffentliche Wahrnehmung. Dieser Einfluss ist von besonderer Relevanz, wenn profitorientierte Praxisstrukturen mit einer hohen Anzahl von Zahnärzten in einer Einrichtung möglich ist und die freiberufliche, selbstständige, freie und eigenverantwortliche Berufsausübung erodieren.16 Diese Situation ist unweigerlich mit der Schwächung der sozialen Stellung des Zahnarztes verbunden.

Schlußfolgerungen

In den meisten ERO-Ländern ist der Beruf des Zahn­arztes unter Berücksichtigung ethischer Standpunkte in zahnärztlichen Verbänden und Gremien organisiert und somit eine adäquate Aus- und Weiterbildung gewährleistet. Trotz aktueller moderner Berufsausübungsformen sind die Autoren jedoch der Meinung, dass die Integrität des freien individuellen Zahnarztberufs, unabhängig von den fachlichen Ausbildungs­modalitäten, weiterhin auf der Grundlage ethischer Grundsätze und Prinzipien respektiert und berücksichtigt werden sollte; dadurch wird das Erreichen entsprechender Ziele der Mundgesundheit ohne den Einfluss Dritter gefördert.

Danksagung

Dieses Projekt wurde von der ERO-Arbeitsgruppe „Liberal Dental Practice“ entwickelt. Die Autoren bedanken sich für die Unterstützung der Arbeitsgruppe und der Kontaktpersonen der nationalen zahnärztlichen Verbände innerhalb der ERO-Zone für die Beantwortung des Fragebogens. Wir danken zudem Monika Lang aus dem ERO-Sekretariat für ihre freundliche Unter­stützung.

Interessenskonflikte

Die Autoren geben an, dass keine Interessenskonflikte bestehen.

Finanzierung

Keine Finanzierung.

Zur besseren Lesbarkeit wurden kurze Ländernamen verwendet. Die Vereinten Nationen (UN) stellen eine Liste der Mitgliedsstaaten/Ländernamen online zur Verfügung: www.un.org; 04.04.2018: Republik Kroatien, Bundesrepublik Deutschland, Kirgisistan, Niederlande, Russische Föderation, Slowakei, Slowenien, Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien (FYROM), Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland. 

Zwischen Orignialpublikation und der vorliegenden deutschen Übersetzung sind Verhandlungen bei den Vereinten Nationen zwischen Griechenland und Mazedonien abgeschlossen worden. Diese beiden Länder haben am 10.06.2018 ein Abkommen unterzeichnet, Mazedonien bzw. die ehemalige jugoslawische Repu­blik Mazedonien in die Republik Nordmazedonien umzubenennen.

Ein Beitrag von PD Dr. med. dent. Thomas Gerhard Wolf, Dr. med. dent. Gerhard Konrad Seeberger, Dr. rer. nat. Angelika Callaway, Prof. Dr. med. dent. Benjamín Briseño-Marroquín, Dr. med. dent. Philippe Rusca, Dr. med. dent. Michael Frank und Dr. med. dent. Ernst-Jürgen Otterbach

Referenzen


1. Decree # 248/2006. Urgent measures for development, growth and promotion of competitiveness, for consumer protection and the liberalization of production sectors [article in Italian]. Gazzetta Ufficiale 2006: 186 (183).


2. Law on the Modernization of Statutory Health Insurance (GKV-Modernisie­rungsgesetz - GMG) [article in German]. Bundesgesetzblatt 2003 I/55: 2190–2258.


3. Statistical basic data for dental care [article in German]. Jahrbuch 2016. Köln: Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung. 2016.


4. Terpan F. Soft Law in the European Union—The Changing Nature of EU Law. Eur Law J 2015 21: 68–96. 


5. Peracek T, Mittelman A, Strazovska L. Free movement of good (pharmaceuticals) in the European Union versus protection of health of population. Economic and Social Development Book of Proceedings. pp 12–17. Varazdin: 2016. 


6. Ostwald DA, Klingenberger D. Using morbidity and income data to forecast the variation of growth and employment in the oral healthcare sector. Health Econ Rev 2016 6: 11. 


7. Cowles MG. The National Co-ordination of EU Policy: The Domestic Level. In Kassim H, Peters BG, Wright V (eds). American Political Science Review. pp 691–692. Oxford: Cambridge University Press, 2002.


8. Klingenberger D, Kohler B. Capital required to establish a new dental practice in 2015 (InvestMonitor Dental Practice). In Jordan AR (ed) IDZ-Information. 1st ed. 2016. 


9. Dhima M, Petropoulos VC, Han RK, Kinnunen T, Wright RF. Dental students’ perceptions of dental specialties and factors influencing specialty and career choices. J Dent Educ 2012 76: 562–573. 


10. Shin JH, Kinnunen TH, Zarchy M, Da Silva JD, Chang BMW, Wright RF. Factors influencing dental students’ specialty choice: a survey of ten graduating classes at one institution. J Dent Educ 2015 79: 369–377. 


11. Buykx P, Humphreys J, Wakerman J, Pashen D. Systematic review of effective retention incentives for health workers in rural and remote areas: Towards evidence-based policy. Aust J Rural Health 2010 18: 102–109. 


12. Campbell N, McAllister L, Eley D. The influence of motivation in recruitment and retention of rural and remote allied health professionals: a literature review. Rural Remote Health 2012 12: 1900. 


13. Kinouani S, Boukhors G, Luaces B, Durieux W, Cadwallader J-S, Aubin-Auger I, et al. Private or salaried practice: how do young general practitioners make their career choice? A qualitative study. BMC Med Educ 2016 16: 231. 


14. Relationship between the dental profession and third party carriers. FDI policy statement 1998. Barcelona: FDI World Dental Federation, 1998.


15. American Dental Association Principles of Ethics and Code of Professional Conduct. J Am Dent Assoc 1990 120: 585–592. 


16. Charter for Liberal Professions. Brussels: Council of European Dentists, Standing Committee of European Doctors, European Council of Engineers Chambers, Federation of Veterinarians of Europe, Pharmaceutical Group of the European Union, 2013.


17. Gallagher JE, Patel R, Wilson NH. The emerging dental workforce: long-term career expectations and influences. A quantitative study of final year dental students’ views on their long-term career from one London Dental School. BMC Oral Health 2009 9: 35. 


18. Commission proposal for a directive on a proportionality test before adoption of new regulation of professions. CED Position. Brussels: Council of European Dentists, 2017.


19. UNdata - a world of information [Internet]. 2016 [cited 2017 Jan 26]. Available from: http://www.data.un.org


20. Eurostat. 2015 [Internet]. [cited 2017 Jan 26]. Available from: http://www.ec.europa.eu/eurostat/de.


21. Spanish dental association (consejo dentistas, organización colegia de dentistas de españa). Report on dental complaints and claims in Spain: 2013-2015. [cited 2017 Jun 28]. Available from: http://www.cedentists.eu/component/attachments/attachments.html?task=attachment&id=2913.


22. Kravitz AS, Bullock A, Cowpe J, Barnes E. Manual of dental practice 2015. Brussels: Council of European Dentists. 5 ed. 


23. Special Eurobarometer 330/Wave 72.3 – TNS Opinion & Social. Oral health. Oral Health. Survey co-ordinated by Directorate General Communication, 2010.


24. Directive 2013/55/EU of the European parliament and of the council of 20 November 2013 amending Directive 2005/36/EC on the recognition of professional qualifications and Regulation (EU) No 1024/2012 on administrative cooperation through the Internal Market Information System (“the IMI Regulation”). Official Journal of the European Union, 2013.


Titelbild: shutterstock.com / Blablo101, Janathong
Quelle: Quintessence International, Ausgabe 4/18 Politik Praxisführung Nachrichten

Adblocker aktiv! Bitte nehmen Sie sich einen Moment ...

Unser System meldet, dass Sie eine aktive AdBlocker-Software verwenden, die verhindert dass alle Seiteninhalte geladen werden können.

Fair geht vor: Unsere Partner aus der Industrie tragen durch ihre Anzeigen einen maßgeblichen Teil zum Betreiben dieser Newsseite bei. Diese finden Sie in überschaubarer Anzahl auf der Startseite sowie den einzelnen Artikelseiten.

Bitte setzen Sie www.quintessence-publishing.com auf Ihre „AdBlocker Whitelist“ oder deaktivieren Ihre AdBlocker Software. Danke.

Weitere Nachrichten

  
14. Nov. 2024

Nicht davon abhalten lassen, in die Selbstständigkeit zu gehen

Gesundheitspolitik, Spielräume der Standespolitik und Angebote für den Nachwuchs: der KZVB-Vorstandsvorsitzende Martin Hendges zu Gast bei „Dental Minds“
14. Nov. 2024

30 Jahre VDDS – ein Grund zum Feiern

Ein Rückblick auf drei Jahrzehnte Softwareentwicklung und Arbeit im Dienst der deutschen Zahnmedizin
11. Nov. 2024

Die Ampel scheitert im Gesundheitswesen am schlechten Management des Ministers

Noch stehen Sieger und Verlierer des Ampel-Endes nicht fest und auch Karl Lauterbach ist noch nicht für immer Geschichte – die Kolumne von Dr. Uwe Axel Richter
11. Nov. 2024

„Die Bilanz der Ampel-Koalition ist mehr als dürftig“

Ärzte- und Zahnärzteschaft schauen skeptisch auf Ampel-Bilanz im Gesundheitsbereich und erwarten Stillstand bei Gesetzgebungsverfahren
11. Nov. 2024

Jetzt erst recht die Versorgungsthemen in Öffentlichkeit und Politik tragen

Gesundheitsgesetze benötigen Versorgungsnähe und Augenmaß – KZBV-Vertreterversammlung sieht erhebliche Mängel bei aktuellen Gesetzgebungsverfahren
11. Nov. 2024

Kurz und knapp

Kurznachrichten und Informationen aus der (dentalen) Welt – November 2024
8. Nov. 2024

DANK fordert: Kindergesundheit endlich politisch ernstnehmen

Nach aktuellen Studien ist der Zuckerkonsum in den ersten 1.000 Tagen entscheidend für die Gesundheit im Erwachsenenalter
7. Nov. 2024

Specht-Riemenschneider: „Datenschutz von vornherein mitdenken“

Hauptversammlung des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte in Kassel befasst sich mit Datenschutz und beschließt einstimmig Resolution zur Reform des Gesundheitswesens