Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach bekommt aus den Bundesländern weiter Gegenwind für sein (im Bundesrat nicht zustimmungspflichtiges) „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“ (KHVVG). Bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag am 17. Oktober 2024 hatten mehrere Bundesländer angekündigt, wegen des Gesetzes den Vermittlungsausschuss anzurufen. Auch vonseiten der Krankenkassen und der Krankenhäuser reißt die Kritik am Gesetz nicht ab.
Nicht zuletzt ein Interview Lauterbachs mit der „Bild”-Zeitung vom 20. Oktober 2024 sorgte für heftige Reaktionen. Hier erklärte der Minister nicht nur für 2025 erwarteten, sehr hohe Krankenkassenbeiträge für unvermeidlich. Er erklärte auch, dass Hunderte von Krankenhäusern wegen der Reform sterben würden, das sah er vor allem in westdeutschen Städten kommen.
Auch die ambulante fachärztliche Versorgung wurde von ihm wieder kritisiert. Und die Kritik der Krankenkassen, hier der AOK, er sei auch wegen der Finanzierung der Krankenhausreform aus Kassenbeiträgen der teuerste Gesundheitsminister der Nachkriegszeit, konterte er mit dem Hinweis, dass auch ein paar Dutzend Krankenkassen weniger denkbar seien.
Fehlende Folgenabschätzung
Die Bundesländer bemängeln vor allem die immer noch fehlende konkrete Folgenabschätzung für das Gesetz, wie der G+G-Dienst des AOK-Bundesverbands zusammenfasst. „Die Auswirkungsanalyse des Bundes fehlt weiterhin“, schrieb der CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, früherer bayerischer Gesundheitsminister, auf X. „Zahlreiche Bundesländer wollen ihre Zustimmung zu dem in der vergangenen Woche vom Bundestag beschlossenen Gesetz davon abhängig machen, welche Folgen die Reform auf ihre Kliniklandschaft haben wird. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte das Analyse-Tool, auch Grouper genannt, den Ländern für Anfang dieser Woche zugesagt. Damit soll etwa der Effekt der veränderten Klinikfinanzierung oder der neuen Leistungsgruppeneinteilung abgebildet werden“, so der Dienst.
Entscheidung im Bundesrat könnte knapp ausfallen
Der Bundesrat wolle am 22. November über die Reform beraten und entscheiden, ob er den Vermittlungsausschuss anruft. „Die ausstehende Abstimmung im Bundesrat zur Krankenhausreform wird voraussichtlich sehr knapp ausfallen. Sechs Länder wollen zum aktuellen Stand den Vermittlungsausschuss anrufen, das Saarland will es nicht tun und der Rest hat diese Entscheidung noch nicht final getroffen“, berichtet dazu das „Deutsche Ärzteblatt“.
Mit Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen sprächen sich im Moment sechs Länder für ein Vermittlungsverfahren aus, wie eine Abfrage des Ärzteblatts ergeben habe. Das SPD-regierte Niedersachsen wolle für eine finale Entscheidung noch die Ergebnisse der Auswirkungsanalyse abwarten.
Landkreise fordern, Gesetz aufzuhalten
Die Landkreise forderten vergangene Woche laut „G+G“ die Bundesländer auf, die Reform im Bundesrat aufzuhalten. Die Länder „dürfen diese Blackbox nicht auch noch im Bundesrat passieren lassen“, habe der Präsident des Landkreistages, Achim Brötel, in den „Oldenburger Nachrichten“ gewarnt. „Wir laufen sonst nämlich sehenden Auges in eine immer dramatischer werdende Versorgungssituation hinein.“
Bayern stellt eigenen Krankenhausplan vor
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach stellte am 24. Oktober 2024 in einer Regierungserklärung einen Plan für die Klinikversorgung im Freistaat mit sieben Kernpunkten vor. „Bayern stellt sich seiner Verantwortung für die Krankenhäuser mit einer aktiven und passgenauen Krankenhausplanung. Wir setzen dabei auf Kooperation mit allen beteiligten Akteuren. Darin liegt ganz offensichtlich ein entscheidender Unterschied zur Bundesregierung, die leider ohne Bereitschaft zu Dialog und Kompromiss ihre Pläne für die Krankenhäuser durchdrückt – und zwar mit Scheuklappen, statt mit Weitblick.“
Gerlach kritisiert Lauterbach und die Ampel
Gerlach ging auch auf Bayerns Strategie im weiteren Gesetzgebungsprozess des Bundes ein. Sie erklärte: „Da Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und auch die Ampelkoalition im Bundestag bislang die zentralen Forderungen und Vorschläge der Länder zur Krankenhausreform des Bundes weitestgehend ignoriert haben, werde ich mich im Bundesrat dafür einsetzen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das ist die letzte Chance, dringend notwendige Änderungen nachzuverhandeln, um die für die Bundesländer wichtigen Änderungen zu erreichen.“
Krankenhausplanung in NRW läuft bereits
Nordrhein-Westfalen hat bereits ein eigenes Konzept für die Zukunft der Krankenhäuser im Land am Start, das bereits weit fortgeschritten ist. Das Konzept sollte ursprünglich eine Blaupause für das KHVVG sein, bevor Lauterbach einen anderen Weg eingeschlagen hat. Hier haben die Kliniken bereits Informationen erhalten, wo ihre künftigen Schwerpunkte sein sollen, und nehmen aktuell dazu in einem Anhörungsverfahren Stellung. Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann kritisierte daher in der Debatte zur Verabschiedung des KHVVG am 17. Oktober 2024 im Deutschen Bundestag das von Lauterbach vorgelegte Gesetz deutlich und kündigte an, den Vermittlungsausschuss anrufen zu wollen. (MM)