Wichtiger Erfolg für die Vertragszahnärzte: Die Regierungsfraktionen haben kurz vor der 2. und 3. Lesung des Gesetzes zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege (GPVG) am 26. November 2020 im Bundestag noch Änderungen im Sinne der Zahnärzte vorgenommen, die vom Parlament auch beschlossen wurden. Damit gibt es künftig gesetzliche Grundlagen für einige Hilfsmaßnahmen, mit denen die negativen Folgen der Corona-Pandemie für Zahnarztpraxen besser abgefedert werden können.
So wurde die bisherige „Sonderregelungen für Vertragszahnärzte aus Anlass der COVID-19-Epidemie“ in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch überführt und modifiziert. Die Liquiditätshilfen sind damit gesetzlich abgesichert und nicht mehr von der in der Verordnung festgehaltenen, vom Bundestag festgestellten „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ oder einer Frist abhängig.
Liquiditätshilfe auch für 2021, Rückzahlung bis 2023 gestreckt
Das Gesetz sieht zudem vor, dass Krankenkassen auch für das Jahr 2021 – wie schon für das Jahr 2020 – 90 Prozent der gezahlten Gesamtvergütung der vertragszahnärztlichen Leistungen des Jahres 2019 als Abschlagszahlung an die KZVen in Form der bislang schon möglichen Liquiditätshilfe leisten. Die Rückzahlung der Liquiditätshilfen muss bis einschließlich 2023 erfolgen und wurde für die Liquiditätshilfen in 2020 somit um ein Jahr gestreckt.
Die Rückzahlungsverpflichtung ganz oder teilweise aufzuheben und damit einen Schutzschirm ähnlich wie bei den Ärzten zu erhalten, ist jedoch nicht gelungen. Das hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in seinem Brief an die Zahnärzte und in seinem Statement für den Online-Kongress des Deutschen Zahnärztetags bereits angekündigt und erläutert.
Der Vorstandsvorsitzende der KZBV, Dr. Wolfgang Eßer, erklärte zum Bundestagsbeschluss: „Wir begrüßen die heute getroffene Entscheidung des Bundestages. Mit den Änderungen hat der Gesetzgeber wesentliche Teile unserer Vorschläge aufgegriffen, um die Krisenreaktionsfähigkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung während der anhaltenden Pandemie zu gewährleisten. Zum einen erhalten die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Möglichkeit, gerade junge Praxen, die durch die Folgen der Pandemie existenziell bedroht sind, unter angemessener Beteiligung der Krankenkassen finanziell zu unterstützen, auch wenn wir uns gewünscht hätten, dass diese Unterstützung für alle in Not geratenen Praxen ermöglicht worden wäre. Mit den Regelungen wird zum anderen die Zahlungsfähigkeit der KZVen durch eine rückzuzahlende Liquiditätshilfe auch im Jahr 2021 gesichert.“
Grundlage für Vergütungsverhandlungen geklärt
Die KZBV und die KZVen hatten zudem angesichts der Entwicklung der Corona-Pandemie und der dadurch erwarteten erneuten Rückgänge bei den Patientenzahlen und damit der erbrachten Leistungen darauf gedrungen, dass das durch diese Bedingungen verzerrte Leistungs- und Honorarvolumen nicht Grundlage für die Verhandlungen mit den Kassen über die Honorarvolumina der Folgejahre werden dürfe. Nach den bislang geltenden gesetzlichen Vorgaben wäre dies so gewesen.
Darauf hatten auch Eßer und der stellvertretende KZBV-Vorstandsvorsitzende Martin Hendges in ihren Berichten und Analysen auf der Vertreterversammlung der KZBV Ende Oktober 2020 eindrücklich anhand der vorliegenden Zahlen hingewiesen. Die massive Verzerrung des sogenannten Versorgungsgeschehens – weniger Patienten kommen in die Praxis, eigentlich notwendige Behandlungen werden verschoben oder ganz abgesagt etc. – wie sie jetzt sichtbar werde und auch in anderen Krisensituationen auftreten könne, sei nicht repräsentativ. Eine solche krisenbedingte Abnahme des Versorgungsgeschehens dürfe nicht Grundlage sein für die Weiterentwicklung von Morbiditätsparametern, Kostenstrukturen oder Honoraren, so die Forderung der KZBV.
Vergütungsniveau soll erhalten bleiben
Diese Forderung wurde nun aufgegriffen: Die Partner der Gesamtverträge – also KZVen und Kassen – sollen in den Jahren 2021 und 2022 bei ihren Verhandlungen eine verminderte Inanspruchnahme von vertragszahnärztlicher Versorgung durch Patientinnen und Patienten infolge der Pandemie angemessen berücksichtigen. Die Regelung hat zum Ziel, dass die Gesamtvertragspartner mit ihren Vereinbarungen sicherstellen, dass ein angemessenes Vergütungsniveau erhalten bleibt. Ein weiterer wichtiger Baustein ist, dass die Festlegung einer Vergütungsobergrenze für die Jahre 2021 und 2022 ausgesetzt wird.
Eßer erklärte dazu: „Damit werden die Gesamtvertragspartner auf der Landesebene in die Lage versetzt, pandemiebedingte Verwerfungen auszugleichen. Mit diesen gesetzlichen Regelungen werden wesentliche Voraussetzungen geschaffen, um auch in der aktuellen zweiten Welle der Pandemie die Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung der gesamten Bevölkerung wohnortnah, flächendeckend und qualitätsgesichert unter Einhaltung höchster Infektionsschutzmaßnahmen auch zukünftig sicherstellen zu können.“
Er kündigte zudem an, auch das Thema gestiegene Kosten durch die Pandemie weiter zu verfolgen: „Losgelöst von den gesetzlichen Regelungen sind wir bestrebt, in Vertragsverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband einen angemessenen ‚Pandemiezuschlag‘ für den extrem gestiegenen Aufwand bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten unter Pandemiebedingungen zu vereinbaren.“
Gelder aus dem Strukturfonds für junge Praxen
Eine zweite wichtige Regelung betrifft die Möglichkeiten für die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, jungen Praxen zu helfen, die durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen sind. Sie sollen in den Jahren 2021 und 2022 Praxen aus Mitteln des Strukturfonds gezielt fördern können, die sich in den Jahren 2019 bis 2021 neu niedergelassen haben oder die neu gegründet wurden. Damit sind über den Strukturfonds, der zur Hälfte aus Geldern der Krankenkassen finanziert wird, auch die Kassen – wie von der KZBV gefordert – nun daran beteiligt, Versorgungsstrukturen bei den Zahnärzten zu erhalten.
Ziel der KZBV und der KZVen war es, Maßnahmen zu erreichen, um die vertragszahnärztliche Versorgungsstrukturen für die Zeit nach der Krise flächendeckend und wohnortnah erhalten zu können. Dies jetzt beschlossenen gesetzlichen Regelungen seien ein wichtiger Schritt dafür, heißt es aus der KZBV.
Regelungen für die Kassenfinanzen und die Pflege
Das jetzt verabschiedete Gesetz enthält neben seinem eigentlichen Gegenstand – mehr Personal in der Altenpflege, mehr Stellen für Hebammen in der Geburtshilfe, Sicherung von Kinderkrankenhäusern und Kinderstationen auch in der Fläche – auch Regelungen für die stabile Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden Jahr. Die Kassen sollen einmalig durch einen Zuschuss aus Bundesmitteln an den Gesundheitsfonds in Höhe von fünf Milliarden Euro entlastet werden. Weitere Mitteln – rund acht Milliarden Euro – sollen die Kassen aus ihren Reserven beisteuern. Zudem wird der Beitragssatz zur GKV um 0,2 Prozentpunkte angehoben – was dann die Zusage der Bundesregierung gefährdet, die Sozialabgaben auf Löhne und Gehälter unter 40 Prozent zu halten.