Derzeit seien etwa 200 Z-MVZ in der Hand privater Träger und Investoren, so Franz Maier, Geschäftsführer der Acura Zahnärzte GmbH. Er sieht einen tiefgreifenden Strukturwandel in der zahnärztlichen Versorgung in den kommenden Jahren und Probleme in der Versorgung auf dem Land. Zugleich gebe es eine große Dynamik im Markt, so Maier im Interview mit Quintessence News.
Herr Maier, wie wirken sich aus Ihrer Sicht die auf Investoren in der vertragszahnärztlichen Versorgung gerichteten Regelungen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes vom März dieses Jahres aus? Wird der ambulante zahnärztliche Sektor für Fremdinvestoren damit weniger interessant?
Franz Maier: Sehen wir uns die Fakten an: In den nächsten Jahren wird sich ca. die Hälfte aller ca. 51.000 niedergelassenen Zahnärzte die Pensionsfrage stellen. Gleichzeitig gibt es ein deutlich geringeres Interesse in der jungen Zahnärzteschaft zur eigenen Niederlassung: Weniger als 50 Prozent der männlichen und nur ca. 20 Prozent der weiblichen Zahnärzte lassen sich tatsächlich nieder, der Rest sucht eine Anstellung. Aus diesen Zahlen ergibt sich eine dramatische Versorgungslücke in der Zahnmedizin. Private Träger wie wir sind neben der Stärkung der Freiberuflichkeit ein weiterer Weg, diese Lücke zu schließen und die Versorgung der Bevölkerung bundesweit zu sichern.
Das TSVG hatte das Ziel, diesen tiefgreifenden Strukturwandel in der Zahnärzteschaft aufzugreifen, entsprechende Lösungswege aufzuzeigen und trotz der erheblich reduzierten Bereitschaft zur Niederlassung bei den jungen Zahnärztinnen und Zahnärzten die Patientenversorgung in der Fläche sicherzustellen. Deshalb hat der Gesetzgeber die Rolle der privaten Träger medizinischer Versorgungszentren in der Zahnheilkunde ausdrücklich bestätigt, gleichzeitig sehr effektiv die Ausbildung marktbeherrschender, regionaler Monopole unterbunden. Aktuell sprechen wir in Deutschland von ca. 200 MVZ in der Hand von privaten Trägern, der Anteil an den insgesamt niedergelassenen Versorgungseinrichtungen und Praxen beträgt somit weniger als 0,5 Prozent.
„Aktuell sprechen wir von ca. 200 MVZ in der Hand von privaten Trägern“
„Z-MVZ werden in den Städten gegründet, nicht auf dem Land“ und „Investoren wollen in die Ballungszentren, sie tragen nichts zur Versorgung auf dem Land bei“ – das ist nicht nur aus der Standespolitik immer wieder zu hören. Sie haben mit Acura bislang überwiegend Praxen in eher ländlichen Regionen für Ihr Netzwerk übernommen – warum?
Maier: Wirtschaftlicher Erfolg entsteht, wenn man die Probleme vieler Menschen löst. Tatsächlich ist die Mehrheit der deutschen Bevölkerung nicht in den Großstädten angesiedelt, sondern im ländlichen Raum. Diese Menschen wollen auch weiterhin langfristig gut versorgt werden. Leider wollen sich dort aber nur wenige junge Zahnärzte niederlassen.
Wir schließen mit Acura diese Versorgungslücke mit attraktiven Praxen, in denen junge Zahnärzte im Angestelltenverhältnis beste Voraussetzungen für eine moderne Zahnheilkunde vorfinden. Gute Beispiele dafür sind zum Beispiel unsere Zentren in Freudenstadt und Peterstal im Schwarzwald.
Es steht immer wieder der Vorwurf im Raum, dass Zahnärzte in Z-MVZ nicht frei in ihrer medizinischen Entscheidungsfreiheit seien. Wie stehen Sie zu diesem Vorwurf?
Maier: Für Acura kann ich das kategorisch ausschließen. Wir sehen uns einzig und allein als Träger einer zahnärztlichen Praxis. Die medizinische Kompetenz liegt in allen unseren Einrichtungen ausschließlich bei den Zahnärztinnen und Zahnärzten.
Der bisherige Inhaber bleibt als zahnärztlicher Leiter und führt die Praxis wie bisher auch medizinisch vollkommen unabhängig weiter. Das heißt, unsere zahnärztlichen Leiter und Leiterinnen entscheiden über alle Fragen der Zahnmedizin selbstständig und ohne jegliche Einflußnahme durch uns.
Markant formuliert: Wir als Kaufleute halten uns aus der zahnmedizinischen Versorgung unserer Praxen vollkommen heraus. Das können unsere Zahnärztinnen und Zahnärzte ganz sicher viel besser als wir.
Franz Maier ist Geschäftsführer der Acura Zahnärzte GmbH. Zum Acura-Netzwerk gehören inzwischen eine Reihe auch namhafter Praxen, so die Praxis von Prof. Dr. Fouad Khoury und die Praxis Hürzeler/Zuhr. Maier hat nach weltweiten Leitungsfunktionen bei Straumann und Nobel Biocare vor seiner jetzigen Tätigkeit für Acura in der Schweiz das SwissSmile-Praxisnetz ausgebaut. In einem Interview gab er 2018 Auskunft zum Konzept seines jetzigen Unternehmens: „Der Erfolg liegt immer noch in der Persönlichkeit des Zahnarztes“. (Foto: Acura)
Nicht nur Fremdinvestoren, auch Banken, Ärzte und Zahnärzte selbst betätigen sich inzwischen im ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Sektor als Investoren, gründen neue Praxismodelle oder kaufen Praxen. Einer Ihrer Wettbewerber, „Zahneins“ wurde bereits wieder verkauft.
Maier: Tatsächlich gibt es zurzeit eine große Dynamik. Die Vielzahl von Ideen hilft zunächst einmal, die Versorgung zu sichern.
Wir beobachten zum Beispiel auch mit großem Interesse den Einstieg der Apo-Bank in ein Investoren-Modell, welches ja weite Zustimmung bei den Körperschaften findet. Damit bekennt man sich konstruktiv zum Strukturwandel.
Mit Acura sind wir heute bereits eine der bedeutenderen Organisationen in diesem neuen, sich noch entwickelnden Markt. Wir sind markterfahren und langfristig orientiert – und damit auch offen, mit anderen zusammenzuarbeiten oder deren Projekte zukünftig bei uns aufgehen zu lassen.
„Medizinische Ethik und solide betriebswirtschaftliche Grundlage“
Von Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und Zahnärztekammern wird die Zusammenarbeit mit Fremdinvestoren vielfach kategorisch ausgeschlossen. Auch die Übernahme von Praxen durch Investoren ist unerwünscht. Wird sich das aus Ihrer Sicht in der Zukunft so halten lassen?
Maier: Zunächst einmal bedauern wir die vereinzelt vorhandene Zurückhaltung der Körperschaften unserem Versorgungsmodell gegenüber. Angesichts des Strukturwandels in der Zahnmedizin wird es nur gemeinsam gelingen, die Versorgung der Bevölkerung langfristig und auf hohem Niveau sicherzustellen.
Wir sind daher bereit, konstruktiv mit allen zusammenzuarbeiten, die an einer langfristigen und partnerschaftlichen Nachhaltigkeit im Interesse aller Beteiligten und zum Wohle des Patienten interessiert sind. Wir sind davon überzeugt, dass medizinische Ethik und eine solide betriebswirtschaftliche Grundlage Hand in Hand gehen müssen, wenn wir gemeineinsam die Herausforderungen des Versorgungsauftrags gerade in ländlichen Gebieten erfolgreich meistern wollen.
Acura sieht sich als fester und integraler Bestandteil der Zahnärzteschaft und steht daher jedem Gespräch und jeder Kooperation äußerst positiv gegenüber.