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Wenn die Abschreibungsphase vor der Kredittilgungszeit endet und die Steuer zuschlägt – Prof. Dr. Johannes Georg Bischoff über Lösungsmöglichkeiten für ein teures Problem

(c) STEFI PANCHESCO/Shutterstock.com

Hohe Abschreibungen verringern den zu versteuern­den Praxisgewinn. Durch die geringere Steuerlast verbleibt mehr Geld in der Praxis, mit dem sich etwaige Darlehen bedienen lassen. Endet die Abschreibungsphase, fällt dieser Steuervorteil weg. Da die Abschreibungsdauer in der Regel kürzer ist als der vereinbarte Tilgungszeitraum, muss das für die Tilgung notwendige Geld dann allein aus dem voll versteuerten Praxisgewinn durch die Praxistätigkeit erwirtschaftet werden. Wer in einer solchen Situation nicht frühzeitig gegensteuert, tappt in die Abschreibungsfalle. Der folgende Fall zeigt einen Ausweg.

Steuervorteil entfällt nach Abschreibungsphase

Frau Dr. Lücke betreibt seit sechs Jahren ihre Zahnarzt­praxis in einer mittelgroßen deutschen Stadt. Sie ist verheiratet und hat zwei schulpflichtige Kinder. Ihr Mann ist Künstler und kümmert sich tagsüber um die Kinder. Die Praxis hatte sie Anfang 2014 von ihrem Onkel übernommen und dafür 250.000 Euro als Kaufpreis bezahlt. Dieser wurde über einen zinsgünstigen Bankkredit mit einer Laufzeit von zehn Jahren finanziert. Der Steuerberater ihres Onkels begleitete seinerzeit die Praxisübernahme und Dr. Lücke entschied sich, seine Dienste ebenfalls in Anspruch zu nehmen.

Mittlerweile erwirtschaftet ihre Praxis ordentliche Gewinne und ihre Einnahmen liegen im Durchschnitt einer westdeutschen Praxis. Den Lockdown im 2. Quartal 2020 spürte sie deutlich – viele Patienten sagten ihre Termine zunächst ab. Da sie aber im 3. Quartal 2020 – wie viele ihrer Patienten auch – auf eine Urlaubsreise verzichtete, konnte sie im Sommer mehr Behandlungen durchführen als sonst um diese Jahreszeit üblich.

Abb. 1 Entwicklung der Praxiseinnahmen von Dr. Lücke.
Abb. 1 Entwicklung der Praxiseinnahmen von Dr. Lücke.

Zwischenzeitlich hat ihr Steuerberater seine Praxis verkauft. Sein Nachfolger setzt vor allem auf anschauliche Grafiken, wenn es darum geht, betriebswirtschaftliche Zusammenhänge zu visualisieren und Handlungsbedarf zu erkennen. Abbildung 1 bildet die Entwicklung von Dr. Lückes Praxisein­nahmen ab. Diese brachen zwar im 2. Quartal 2020 durch die Pandemie ein, erholten sich aber im 3. Quartal 2020 und überstiegen sogar die Werte des Vorjahresquartals. So kann es gerne weitergehen, freut sich Dr. Lücke.

Abb. 2 Entwicklung des Kontostandes von Dr. Lücke.
Abb. 2 Entwicklung des Kontostandes von Dr. Lücke.

Kontominus trotz Mehrgewinn

Tab. 1 Ausgaben von Dr. Lücke.
Tab. 1 Ausgaben von Dr. Lücke.
Das Girokonto von Dr. Lücke entwickelt sich allerdings völlig anders: Trotz ordentlicher Gewinne bewegt sich ihr Kontostand immer weiter ins Minus, wie Abbildung 2 veranschaulicht. Dr. Lücke ist sich sicher, dass sie nicht zu viel Geld entnimmt, vor allem nicht mehr als in den Vorjahren. Daher rechnet sie nach: Für den Lebensunterhalt ihrer vierköpfigen Familie gibt sie zwischen 60.000 und 70.000 Euro pro Jahr aus. Das hält sie für durchaus angemessen. Dazu kommen noch Zahlungen an das Versorgungswerk, die Krankenversicherung und die Wohnungsmiete. Insgesamt ergibt sich folgendes, in Tabelle 1 dargestelltes Bild.

Ihr jährlicher Gewinn liegt bei 150.000 Euro. Wohin verschwindet das restliche Geld, das den Kontokorrentkredit ihres Girokontos zunehmend ausreizt? Um die Praxis zu übernehmen, hatte sie ein Bankdarlehen mit zehn Jahren Laufzeit aufgenommen. Für das erste Jahr war Tilgungsfreiheit vereinbart; die Zinsen waren damals schon recht niedrig.

Abb. 3 Tilgung zum Teil aus versteuerten Gewinnen.
Abb. 3 Tilgung zum Teil aus versteuerten Gewinnen.

Hohe Tilgungslast bei sinkenden Abschreibungen

Der Wert der übernommenen Einrichtung spielte damals für den Kaufpreis kaum eine Rolle. Der erste Steuerberater von Dr. Lücke hatte deshalb fast den gesamten Kaufpreis dem immateriellen Praxiswert zugeordnet und ihn auf die maximal mögliche Abschreibungsdauer von fünf Jahren verteilt. Durch die Abschreibung des immateriellen Praxiswertes wurde der steuerliche Gewinn in den ersten fünf Jahren (bis einschließlich 2018) um 50.000 Euro pro Jahr gemindert. Die Steuerzahlungen fielen bis 2018 entsprechend niedrig aus. Nach Ablauf der fünf Jahre, also ab 2019, entfiel diese Gewinnminderung. Daher musste Dr. Lücke ab 2019 mehr Steuern zahlen. Bei ansonsten vergleichbaren Einnahmen und Praxisausgaben hatte sie naturgemäß netto weniger Geld auf ihrem Konto. Die Tilgungen ihrer Darlehen flossen allerdings weiter von ihrem Konto ab (Abb. 3).

Durch die höheren Steuern ging mehr vom Konto ab, als die Praxis erwirtschaften konnte. Es reichte also nicht mehr, um damit sämtliche Lebenshaltungskosten und die Tilgung der Kredite zu bestreiten. Ihr fehlen 15.000 Euro. Wie kommt Dr. Lücke aus dieser Abschreibungsfalle wieder heraus?

Ihre Bank hat ihr angeboten, den Kontokorrentkredit mit den hohen Zinsen zu erhöhen. Dieses Ange­bot hält sie nicht für zielführend und lehnt es deshalb ab. Alternativ könnte sie natürlich bei ihren Lebenshaltungskosten einfach 15.000 Euro ein­sparen und diese damit um 20 bis 25 Prozent reduzieren. Sie verwirft die Idee schnell wieder, weil sie das ihrer Familie nicht zumuten will.

Empfehlung: Umfinanzieren

Erst eine Umfinanzierung mit Tilgungsstreckung kann ihr Problem nachhaltig lösen. Der verbliebene Hausbank- und der Kontokorrentkredit werden durch ein anderes Darlehen abgelöst. Die Tilgung wird so gewählt, dass sie auch bei Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards aus der Ertragskraft der Praxis bedient werden kann. Die Finanzierung läuft zwar etwas länger, aber Dr. Lücke muss ja auch die hohen Kontokorrentzinsen nicht mehr zahlen.

Ohne die Auswertungen und Grafiken ihres Steuer­beraters hätte sie den Handlungsbedarf, den eine steigende Tilgungslast bei sinkenden Ab­schrei­bun­gen auslöst, nicht so schnell erkannt. Für Dr. Lücke ist die Sache so noch einmal glimpflich ausgegangen.

Prof. Dr. Johannes Georg Bischoff, Köln

Prof. Dr. Johannes Georg Bischoff
Prof. Dr. Johannes Georg Bischoff
Foto: Bischoff&Partner
Professor Dr. Johannes Georg Bischoff ist seit 1985 geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der Kanzleigruppe Prof. Dr. Bischoff & Partner®mit Sitz in Köln, Chemnitz und Berlin. Weitere Meeting-Points befinden sich in Mannheim, Hamburg und Frankfurt. Mit rund 120 Mitarbeitern betreut die Kanzleigruppe bundesweit mehr als 1.000 Zahnärzte, Ärzte und mittelständische Unternehmen in steuerlichen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Belangen. Zusammen mit Zahnmedizinerinnen und Zahnmedizinern und BWL-Studierenden der Bergischen Universität Wuppertal entwickelte Professor Dr. Bischoff ein Steuerungsinstrument für Zahnarzt- und Arztpraxen. PraxisNavigation®ist mittlerweile in Hunderten von Praxen etabliert und wird Mandanten kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Prof. Dr. Bischoff veröffentlicht regelmäßig in der dentalen Fachpresse und bis heute besuchten mehr als 12.000 niedergelassene Zahnärzte seine Seminare zum Thema „Moderne Praxissteuerung“. Der in Ludwigshafen geborene Steuerberater lebt mit seiner Familie in Bergisch Gladbach und hat zwei Töchter und zwei Söhne.

Quelle: Quintessenz Zahnmedizin 7/21 Praxis Zahnmedizin Wirtschaft

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