In der aktuellen Situation der Corona-Pandemie müssen viele Praxen aufgrund gehäufter Terminabsagen von Patienten, wegen fehlender Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln oder aus anderen Gründen ihren Praxisbetrieb deutlich reduzieren. Viele Praxen nehmen nur noch Notfallbehandlungen vor. Das kann wegen der damit auch entfallenden Einnahmen bei gleichzeitig weiterlaufenden Kosten zu finanziellen Engpässen führen.
Daher sollte man alle Möglichkeiten betrachten, wie sich die finanziellen Belastungen für die Praxis und die eigene Person vorausschauend reduzieren lassen. Vorsorglich empfehlen wir Ihnen daher, bei Ihrem Versorgungswerk einen formlosen Antrag auf Beitragssenkung und/oder Stundung zu stellen. Die telefonischen Recherchen haben ergeben, dass die Versorgungswerke sehr unterschiedlich mit dem Thema Beitragsanpassung/-stundung aufgrund der Corona-Pandemie umgehen.
Baden-Württemberg
Eine Stundung der Beiträge ist mit einem formlosen Antrag möglich. Im Einzelfall kann er auf 0 Euro abgesenkt werden. Die Stundung wird mit 0,5 Prozent monatlich, also mit 6 Prozent jährlich verzinst.
Bayern
Dem Versorgungswerk sind Gewinnprognosen für 2020 vorzulegen. Danach erfolgt eine Beitragsanpassung.
Berlin/Brandenburg/Bremen
Es wird in der kommenden Woche (KW 14/20) ein Schreiben an alle Mitglieder verschickt werden, in dem den Mitgliedern – nach Auskunft des Versorgungswerks – ein großes Zugeständnis gemacht werden soll. Bis dahin gilt: Bei einem Mitglied, dessen Gehalt am 1. Juli 2020 um mindestens 30 Prozent eingebrochen ist, erfolgt eine Anpassung des Beitrags. Einen Mustertext für den Antrag auf Beitragserlass beim Versorgungswerk finden Sie hier.
Hamburg
Es kann ein formloser Antrag per Telefon, Post, Fax oder E-Mail (Scan mit Unterschrift) gestellt werden, in dem die Herabsenkung des Beitrags beantragt wird. Der Pflichtbeitrag kann im Einzelfall auf einen Mindestbeitrag von 128,34 Euro (das sind 10 Prozent des Pflichtbeitrags von 1.283,40 Euro). Eine zinslose Ratenzahlung von Beiträgen ist möglich.
Hessen
Es wird um einen formlosen Antrag per Post oder per Fax 069/244372120 gebeten auf Stundung der Beiträge (Höhe, Dauer, Tilgung) oder Zahlung des Mindestbeitrags.
Mecklenburg-Vorpommern
Es kann ein formloser Antrag per Telefon, Post, Fax oder E-Mail (Scan mit Unterschrift) gestellt werden, in dem die Herabsenkung des Beitrags beantragt wird. Der Pflichtbeitrag kann im Einzelfall auf einen Mindestbeitrag von 119,97 Euro reduziert werden (das sind 10 Prozent des Pflichtbeitrags von 1.199,70 Euro). Eine zinslose Ratenzahlung von Beiträgen ist möglich.
Niedersachsen
Sollte Ihr geschätztes Einkommen im Jahr 2020 unter der Beitragsbemessungsgrenze von 82.800 Euro liegen, besteht die Möglichkeit, eine Beitragsbegrenzung zu beantragen. Anträge finden Sie im Service-Center des AVW unter Formulare. Der Beitrag des Jahres 2020 wird dann unter Vorbehalt neu festgesetzt werden, bis nach späterer Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2020 eine abschließende Prüfung möglich ist.
Nordrhein
Der Versorgungswerkbeitrag 2020 bemisst sich nach dem Praxisgewinn 2018. Sollte das Jahr 2020 wesentlich schlechter als 2018 laufen, so ist die BWA mit Begründung beizufügen. Ausnahmsweise wird dann nach dem laufenden Jahr verbeitragt statt nach dem Vorjahr.
Das VZN bietet eine Stundung der Beiträge bis Oktober 2020 an, allerdings zu 7,5 Prozent Zinsen. Sollte der Beitrag um mehr als 10 Prozent geringer ausfallen, wird er nach unten angepasst. Die Festsetzung ist vorläufig. Aufgrund der Prüfung des ESt-Bescheids 2020 wird dann entweder eine Nachzahlung fällig (wohl verzinst) oder eine Erstattung erfolgen.
Rheinland-Pfalz
Eine Anpassung ist im Einzelfall möglich. Es wird individuell geprüft. Veröffentlichung der Neuregelung ist für den 30. März 2020 angekündigt.
Saarland
Es wird um einen formlosen Antrag gebeten, dem die Gewinnerwartung des Steuerberaters beizufügen ist. Dementsprechend werden die Beiträge angepasst. Der Antrag kann per Post, Fax oder E-Mail (Scan mit Unterschrift) zugestellt werden. Im Jahr 2021 erfolgt eine Nachprüfung, aus der sich entsprechende Nachzahlungen oder Erstattungen ergeben. Auf Nachzahlungen werden keine Zinsen erhoben.
Sachsen
Es kann ein formloser Stundungsantrag per Post, Fax oder E-Mail (Scan mit Unterschrift) gestellt werden. Dieser Antrag muss folgende Angaben enthalten: Höhe der Stundung, Dauer der Stundung, Tilgungsplan.
Die maximale Dauer der Rückzahlung beträgt zwölf Monate. Bei monatlichen Rückzahlungen werden Zinsen in Höhe von monatlich 0,25 Prozent fällig. Bei einmaliger Rückzahlung 0,5 Prozent auf die Gesamtsumme.
Sachsen-Anhalt
Noch in dieser Woche (KW 13/20) sollte ein Schreiben mit Informationen an alle Mitglieder versandt werden. Für Mitglieder, die dem Versorgungswerk vor dem 1. Januar 2005 beigetreten sind, gilt nach Auskunft Folgendes: Auf Antrag kann der Beitrag im Einzelfall bis auf 359,91 Euro abgesenkt werden. Im Juni 2022 erfolgt eine Nachprüfung. Wird dann eine Unterzahlung festgestellt, gibt es eine Beitragsnachzahlung, auf die Zinsen anfallen. In welcher Höhe, steht heute noch nicht fest.
Für Mitglieder, die dem Versorgungswerk nach dem 1. Januar 2005 beigetreten sind, gilt die folgende Regelung: Dem Antrag auf Beitragssenkung ist eine Gewinnschätzung des Steuerberaters beizufügen. Aufgrund dessen werden die Beiträge neu berechnet. Im Juni 2022 erfolgt eine Nachprüfung. Wird dann eine Unterzahlung festgestellt, gibt es eine Beitragsnachzahlung, auf die Zinsen anfallen. In welcher Höhe steht heute noch nicht fest.
Schleswig-Holstein
Es kann eine maximale Absenkung des Pflichtbeitrages für selbstständige Zahnärzte auf den Mindestbeitrag (10 Prozent des Pflichtbeitrages, derzeit 128,34 Euro monatlich) für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr gewährt werden. Auf die Vorlage einer betriebswirtschaftlichen Auswertung wird zum Zeitpunkt der Antragstellung verzichtet.
Der formlose Antrag kann schriftlich via E-Mail (Scan mit Unterschrift) gestellt werden. Er soll Folgendes beinhalten: Als Begründung sollte das Wort "Coronavirus" angegeben werden. Informationen darüber, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum die Beitragssenkung gewünscht wird.
Wird die maximale Absenkung für den maximalen Zeitraum gewünscht, besteht trotzdem die Möglichkeit, auch vorher den Beitrag wieder anzuheben. Um Mitteilung zu gegebener Zeit wird gebeten.
Thüringen
Es ist ein formloser Stundungsantrag per Post, Fax oder E-Mail (Scan mit Unterschrift) zu stellen. Darin kann die Stundung der bis zum 30. Juni 2020 fälligen Beiträge, also für April/Mai/Juni 2020, beantragt werden. Die Rückzahlung erfolgt zinsfrei.
Westfalen-Lippe
An die Stelle der quartalsweisen Beitragszahlung tritt eine monatliche Zahlungsweise. Es kann ein formloser Stundungsantrag per Post, Fax oder E-Mail für den Zeitraum von März bis September 2020 gestellt werden. Ein gesonderter Nachweis ist nicht erforderlich. Wir konnten bisher noch nicht in Erfahrung bringen, ob die Stundung zinsfrei sein wird.
Informationen zu den verbleibenden Versorgungswerken und neue Informationen werden wir ständig auf unserer Website und in diesem Beitrag aktualisieren.
Es kann sich je nach Art der benötigten Unterlagen empfehlen, für einen Antrag auf Stundung oder Anpassung der Beiträge die Hilfe des Steuerberaters in Anspruch zu nehmen.
Prof. Dr. Johannes G. Bischoff, Steuerberater, vereidigter Buchprüfer, Köln
Prof. Dr. Johannes G. Bischoff, Steuerberater und vereidigter Buchprüfer, ist seit 1985 geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der Unternehmensgruppe Prof. Dr. Bischoff & Partner mit Sitz in Köln, Chemnitz und Berlin. Mit rund 100 Mitarbeitern berät das Unternehmen bundesweit mehr als 1.000 niedergelassene Zahnärzte und mittelständische Unternehmen in steuerlichen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Belangen. Kontakt zum Autor unter info@bischoffundpartner.de.
Zum Thema Corona-Pandemie hat die Kanzlei Informationen zusammengestellt, die auf der Internetseite abgerufen werden können.