Neben der Umsatzsteuer und den Praxiseinnahmen ist die mögliche Gewerbesteuerpflicht ein neuer Schwerpunkt der Betriebsprüfer. Wann diese greift, was dazu in der Zahnarztpraxis zu beachten ist und wie man sie vermeiden kann.
Zahnärzte müssen sich bei Betriebsprüfungen seit 2017 auf gravierende Änderungen einstellen, denn die Finanzverwaltung hat die Zahnarztpraxis als Ziel für intensive Prüfungen „entdeckt“. Im Fokus der Betriebsprüfer liegen dabei die mögliche Umsatzsteuerpflicht, die Stimmigkeit der Praxiseinnahmen und eine mögliche Gewerbesteuerplicht.
Grundsätzlich ist die selbstständige Tätigkeit eines Zahnarztes unabhängig davon, ob es sich um Heilbehandlungen oder kosmetische Leistungen handelt, von der Gewerbesteuerpflicht befreit. Erzielt der Zahnarzt jedoch auch gewerbliche Einkünfte, kann dies unter Umständen dazu führen, dass seine gesamte Tätigkeit als Gewerbebetrieb einzustufen ist. Typische gewerbliche Einkünfte eines Zahnarztes sind die Einnahmen aus dem Verkauf von Artikeln zur Mundhygiene und -pflege (Prophylaxe-Shop). Allerdings können auch Angestelltenverhältnisse mit Zahnärzten oder fachfremden Ärzten sowie der Betrieb von Zweigniederlassungen eine Gewerbesteuerpflicht begründen.
Was folgt aus der Gewerblichkeit?
Für gewerbliche Einkünfte gleich welcher Höhe muss der Zahnarzt eine Gewerbesteuererklärung abgeben und Gewerbesteuer zahlen, wenn der Gewinn höher als 24.500 Euro ist. Übersteigen die gewerblichen Einkünfte bestimmte Grenzen (24.500 Euro pro Jahr oder 3 Prozent der Gesamteinnahmen der Praxis), wird die Gewerbesteuer auf den kompletten Praxisgewinn fällig, also auch auf die Einnahmen, die eigentlich von der Gewerbesteuerpflicht befreit sind.
In diesem Fall besteht die Möglichkeit, die gezahlte Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer des Praxisinhabers anrechnen zu lassen. Fällt der Gewerbesteuerhebesatz der Gemeinde allerdings höher als 380 Prozent aus, ist die restliche Gewerbesteuer nicht anrechenbar, sondern verbleibt als definitive steuerliche Belastung. Schwieriger wird es, wenn der Zahnarzt wenig oder gar keine Einkommensteuer zahlt, weil er zum Beispiel Verluste aus anderen Einkunftsarten wie Vermietung und Verpachtung oder Anlaufverluste im Jahr der Praxisgründung hat. Der zu zahlenden Gewerbesteuer steht dann nicht genügend Einkommensteuer gegenüber.
Deckt der Betriebsprüfer die Gewerbesteuerpflicht auf, wird die entsprechende Steuer für den Prüfungszeitraum nacherhoben. Zusätzlich sind Zinsen auf die nachzuzahlende Gewerbesteuer zu entrichten. Da die Finanzverwaltung Steuerrückstände mit 6 Prozent pro Jahr verzinst, können erhebliche Beträge zusammenkommen.
Eindeutige Trennung von Prophylaxe-Shop und Zahnarztpraxis
Um dies zu vermeiden, genügt es bei Einzelpraxen bereits, die gewerblichen Einkünfte aus dem Prophylaxe- hop buchhalterisch von denjenigen aus zahnärztlicher Tätigkeit zu trennen. Um ganz sicherzugehen, dass das Finanzamt die selbstständige und die gewerbliche Tätigkeit getrennt beurteilt, sollte der Prophylaxe-Shop nicht vom Praxisinhaber selbst, sondern von einer anderen Person, zum Beispiel dem Ehepartner betrieben werden.
Vorsicht bei Gemeinschaftspraxen
In Gemeinschaftspraxen droht Ungemach, wenn die gewerblichen Einkünfte nicht von der Zahnarztpraxis getrennt behandelt und die oben genannten Grenzen überschritten werden. Deshalb ist es ratsam, dass der Shop von einer eigenständigen Personengesellschaft betrieben wird. Aus dem Gesellschaftsvertrag muss die wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Unabhängigkeit von der Zahnarztpraxis hervorgehen, und es müssen eine eigene Finanzbuchhaltung, ein eigenes Bankkonto sowie eigene Rechnungsformulare vorhanden sein. Außerdem empfiehlt es sich, die Mundhygieneartikel getrennt von den Materialien der Zahnarztpraxis zu lagern.
Nicht schädlich ist, wenn an der Gesellschaft, die den Prophylaxe-Shop betreibt, die gleichen Zahnärzte beteiligt sind wie an der Gemeinschaftspraxis (zu gleichen Anteilen). Überlässt die Gemeinschaftspraxis der gewerblichen Gesellschaft Personal, Räume etc. zur Nutzung gegen Kostenersatz (ohne Gewinnaufschlag), führt auch dies nicht zu gewerblichen Einkünften.
Dokumentation der fachlichen Aufsicht bei angestellten Zahnärzten
Wenn Betriebsprüfer feststellen, dass angestellte Zahnärzte ohne fachliche Aufsicht in einer Praxis tätig sind, stufen sie die Einkünfte des Praxisinhabers als gewerblich ein. Sie begründen dies damit, dass es an einer Überwachung und persönlichen Mitwirkung des Praxisinhabers bei der Patientenbehandlung durch den angestellten Zahnarzt mangelt.
Aber wie stellt ein Betriebsprüfer das fest? Ganz einfach: Zum einen lässt er sich die Leistungsstatistiken der einzelnen Behandler vorlegen. Geht hieraus aufgrund entsprechender Abrechnungskennziffern nicht eindeutig hervor, dass der Praxisinhaber zum Beispiel die Erstuntersuchung des Patienten vornimmt und die Behandlungsmethode festlegt, kann dies das Einfallstor für eine Gewerbesteuerpflicht sein.
Zum anderen gibt der Arbeitsvertrag des Zahnarztes dem Betriebsprüfer Aufschluss über das Angestelltenverhältnis. Sofern der Praxisinhaber sich darin etwa die Erstuntersuchung des Patienten oder die Behandlung komplizierter Fälle vorbehält, wird dies als Indiz dafür gesehen, dass die Leistung am Patienten den für den Ausschluss der Gewerblichkeit notwendigen „Stempel der Persönlichkeit“ des Praxisinhabers trägt.
Stolperfalle Zweigniederlassung
Ähnlich gelagert ist der Fall des angestellten Zahnarztes in einer Zweigpraxis, welcher ohne fachliche Aufsicht des Praxisinhabers arbeitet und demnach selbst leitend sowie eigenverantwortlich agiert. In einer solchen Konstellation prägt der Praxisinhaber die Patientenbehandlung fachlich nicht mit. Folglich sind die Einkünfte aus der gesamten Zahnarztpraxis (Haupt- und Zweigniederlassung) gewerbesteuerpflichtig.
Steigt der Zahnarzt aber als Gesellschafter in die Praxis ein und übernimmt durch die Beteiligung an Gewinn, Verlust und Praxiswert eigenes unternehmerisches Risiko, bleiben die gesamten Einkünfte der Praxis solche aus selbstständiger Arbeit und damit gewerbesteuerfrei. Ebenso liegen keine gewerblichen Einkünfte eines Praxisinhabers vor, wenn er als Zahnarzt einen fachfremden Arzt als Gesellschafter in seiner Praxis aufnimmt. Eine bloße Umsatzbeteiligung eines Kollegen – ob Zahnarzt oder Arzt – ist dagegen nicht ausreichend.
Prof. Dr. Johannes G. Bischoff, Steuerberater, vereidigter Buchprüfer, Köln
Prof. Dr. Johannes G. Bischoff, Steuerberater und vereidigter Buchprüfer, ist seit 1985 geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der Unternehmensgruppe Prof. Dr. Bischoff & Partner mit Sitz in Köln, Chemnitz und Berlin. Mit rund 100 Mitarbeitern berät das Unternehmen bundesweit mehr als 1.000 niedergelassene Zahnärzte und mittelständische Unternehmen in steuerlichen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Belangen. Kontakt zum Autor unter info@bischoffundpartner.de. Zum Thema Betriebsprüfungen werden auch Fortbildungen angeboten, mehr Informationen auf der Internetseite des Unternehmens.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Zeitschrift „Die Quintessenz“, Ausgabe 3/2017.