Sich in etablierten Strukturen als Neuling durchzusetzen, ist immer eine Herausforderung. Vor allem Frauen ohne jahrzehntelange Erfahrung fällt es oft nicht leicht, sich in überwiegend männerdominierten Gremien und Diskussionsrunden Gehör zu verschaffen. Junge Zahnärztinnen zu befähigen selbstbewusst aufzutreten – nicht nur, aber auch in den Gremien der zahnärztlichen Selbstverwaltung – darum ging es beim Moderationsworkshop, den die Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) Baden-Württemberg Ende September 2022 erstmalig in Stuttgart durchführte.
Dr. Ute Maier, Vorstandsvorsitzende der KZV BW, und die Vorstandsreferentin für Frauen und Angestellte, Dr. Florentine Carow-Lippenberger, wissen aus eigener Erfahrung, wie es ist, als Frau die ersten Schritte in der zahnärztlichen Selbstverwaltung zu machen. Frauen werden oftmals nicht auf Augenhöhe wahrgenommen. Es ist nicht einfach, eigene Interessen vorzubringen und durchzusetzen.
Die ersten Schritte unterstützen
Angesichts der unterdurchschnittlichen Repräsentation von Frauen in den standespolitischen Gremien haben beide daher einen Moderationsworkshop initiiert, zu dem gezielt junge Frauen eingeladen wurden, die bereits Interesse an der Standespolitik gezeigt haben. Ihre Motivation war die eigene Erfahrung, wie wichtig es ist, bei den ersten Schritten im standespolitischen Engagement eine individuelle Unterstützung zu erhalten. Es sei ihr ein Anliegen, so Dr. Carow-Lippenberger in ihrer Begrüßungsansprache, die Frauen aus dem Hintergrund zu holen und vor allem auch jüngere Frauen für die standespolitische Arbeit zu begeistern.
Mitgestalten, denn KZV ist mehr als Honorarabrechnung
Als Ehrenamtsträgerin habe man, so Dr. Maier, die Möglichkeit, mitzuentscheiden und zu gestalten. Die KZV BW sei viel mehr als Honorarabrechnung und Qualitätsprüfung – in den Gremien würden wichtige Weichen gestellt, welche Regelungen in Zukunft für den Berufsstand gelten. Dr. Ute Maier: „Es ist wichtig, dass gerade die jungen Zahnärztinnen sich einbringen, um die Bedingungen der Berufsausübung im Sinne der künftigen Generationen mitzugestalten.“
Schultern zurück – Krone auf!
Selbstbewusst die eigenen Ziele zu definieren und die eigenen Themen vorzubringen, dies vermittelte der Tübinger Kommunikationstrainer Alexander Ries den Teilnehmerinnen. Er gab dabei viele wichtige Tipps zu Körpersprache, Atmung, Stimmlage und der Strukturierung der Inhalte von Redebeiträgen. Bei praktischen Übungen vor der Kamera erläuterte Ries, welche Fehler man möglichst vermeiden und worauf man besonders Wert legen sollte.
Verbündete suchen
Ebenso ging er darauf ein, dass verbale Kämpfe oftmals sehr viel Kraft kosten und dabei trotzdem oft ins Leere laufen würden. Strategisch klüger sei es, sich Verbündete zu suchen, sich ein Netzwerk zu bauen und mit guten Argumenten für die eigene Sache zu begeistern.
Zeit für das wichtige Netzwerken
Beim Mittagsessen kamen die Teilnehmerinnen untereinander und mit Dr. Ute Maier, Dr. Florentine Carow-Lippenberger und dem Referenten Alexander Ries ins Gespräch. Dabei wurden neue Kontakte geknüpft und individuelle Erfahrungen ausgetauscht. Einhellige Meinung aller Anwesenden war, dass der Pilot-Workshop sehr erfolgreich gewesen sei und unbedingt wiederholt werden müsse.
Standespolitik muss jünger und weiblicher werden
„Ich hoffe, dass unser Workshop dazu führt, dass die jungen Frauen sich trauen, sich aktiv in die Standespolitik einzubringen“, so Dr. Ute Maier nach der Veranstaltung. „Es sollte mittlerweile jeder und jedem klar sein, dass unsere Selbstverwaltung verjüngt werden muss und es keine Frage ist, dass vor allem auch junge Frauen ermutigt werden müssen, sich zu engagieren.“ Dr. Carow-Lippenberger: „Zielgerichtete Angebote nur für Frauen sind ein wichtiger Baustein neben anderen Maßnahmen, die sich an ein breiteres Publikum richten. Aus diesem Grund haben wir bewusst den Moderationsworkshop nur für Frauen angeboten, denn Männer treten in der Regel anders auf und haben auch in Männergruppen ein anderes Standing als Frauen.“
Frauenanteil in der Vertreterversammlung steigt auf 38 Prozent
Als gutes Zeichen bewerten sowohl Dr. Maier als auch Dr. Carow-Lippenberger, dass sich der Frauenanteil in der Vertreterversammlung der KZV BW in der nächsten Legislatur um 12 Prozent auf 38 Prozent erhöht hat. Künftig sind somit 19 von 50 Delegierten in der baden-württembergischen Vertreterversammlung Frauen.
Jenny Dusche, Stuttgart