Unter dem Motto „Innovationen für die Praxis – was ist umsetzbar?“ fand am 2. Oktober der 3. PEERS-Kongress und das 11. PEERS-Jahresmeeting in Wachtberg statt – live und mit Online-Übertragung. Das Themenspektrum reichte von monolithischen, bemalten Keramiken und den Möglichkeiten und Grenzen des digitalen Workflows über die Darstellung verschiedener PRF-Verfahren und deren Indikationen bis hin zu Sauerstoff als adjuvantem Therapiemittel und die Behandlung obstruktiver Schlafapnoe mittels KI-optimierter Unterkiefer-Protrusionsschienen.
Der Kongress des Expertennetzwerks PEERS (Platform for Exchange of Experience, Research and Science), zeigte den Teilnehmern auf, wie stark die Zahnmedizin medizinisch basiert ist. PEERS-Präsident PD Dr. Dietmar Weng und Co-Präsident Prof. Stefan Haßfeld stellten souverän die Verknüpfungen zwischen den unterschiedlichen Bereichen her, die die Implantologie mittelbar oder unmittelbar tangieren.
Plättchenreiches Fibrin (PRF): biologische Prinzipien und ihre Anwendung
Prof. Reinhard Gruber aus Wien gab einen Überblick und praxisrelevante Hinweise zu PRF und seinen herstellungsbedingten Indikationsbereichen und wies auf die notwendig zügige Verarbeitung des Blutplasmas hin, um eine Verringerung der Membrangröße zu vermeiden. Liquid PRF wird in verschiedenfarbigen Röhrchen mit und ohne Additive, Solid PRF in Röhrchen mit clot activators und „sticky bone“ in unbeschichteten Röhrchen gewonnen. Bewährt hätten sich PRF und seine Varianten zur Socket Preservation, verbesserten und induzierten Angiogenese, Stabilisierung der Extraktionsalveole, Regeneration der Weichgewebe im Bereich von Implantaten, Verdickung der Mukosa, Rezessionsdeckung, Heilung bei Osteonekrose, Schmerzreduktion sowie zur Minderung der Nebenwirkungen antiresorptiver Therapie.
Die Qual der Wahl: Möglichkeiten und Grenzen vollkeramischer Materialien
ZTM Haristos Girinis aus Nagold gab einen aktuellen Überblick über die verschiedenen vollkeramischen Versorgungsoptionen, die sich dem Zahntechniker je nach Ausgangssituation, Wunsch des Zahnarztes aber auch Anspruch des Patienten bieten und den Workflow im Labor vereinfachen und verkürzen können. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ließen sich alternativ zur klassischen Verblendkeramik mit monolithischen Restaurationen aus Lithiumdisilikat oder ultrahochtransluzentem Zirkonoxid in Kombination mit modernen 3-D-Pasten die Farbe, Struktur und der Glanzgrad ästhetisch ansprechend nachahmen. Dabei ermöglicht die thixotrop eingestellte Paste die freie Gestaltung des Schneide- sowie Kauflächenbereichs und das Anbringen von Kontaktpunkten. Zudem lassen sich damit nicht fluoreszierende Werkstoffe wie Zirkonoxide mit einer dem natürlichen Vorbild entlehnten Fluoreszenz versehen. Allerdings zeigte Girinis auch die Grenzen dieses Materialkonzepts auf, etwa, wenn es im sichtbaren Bereich einzelne Zähne zu rekonstruieren gilt.
Von der analogen zur digitalen Implantatprothetik: Was ist sinnvoll und was ist Hype?
Dr. Peter Gehrke und Zahntechniker Carsten Fischer hinterfragten chirurgische wie prothetisch-zahntechnische Verfahren, wieviel digitaler Workflow bereits realisiert und wo analoges Vorgehen noch unumgänglich ist, wobei, so Dr. Gehrke, digitaler Workflow nur im Team funktioniere. Der digitale Workflow sei weit mehr als navigierte Implantatplanung. Ein intraoraler Scan ist Abformung, Dokumentation und Qualitätskontrolle zugleich. Individuelle Komponenten wie Healing-Abutments, aus einem Materialblock gefräste provisorische Versorgungen mit zugehöriger Anschlussgeometrie oder die Verknüpfung verschiedener Komponenten in einer Konstruktionssoftware sind ohne digitalen Work nicht realisierbar. Andererseits braucht es für die Abformung multipler Implantate eine passiv-fit-sitzende NEM-Brücke oder das Acuris-Konzept nach wie vor analoge Abläufe und handwerkliches Geschick.
Lokale Sauerstoffapplikation als adjuvantes Therapiemittel in der Zahnmedizin
Fokke Jan Middendorp aus den Niederlanden erläuterte anhand diverser Untersuchungen die vielfältigen Optionen einer topischen Sauerstofftherapie (TOT). Hierfür wird stabilisierter, aktiver Sauerstoff als Gel lokal in das Wundbett appliziert. Damit konnten positive Ergebnisse bei der Vorbeugung und Heilung von Parodontitis wie die Verringerung parodontaler Taschen, periimplantärer Defekte und weniger Gewebeverluste erzielt werden. Sauerstoff- und lactoferrinhaltige Zahnpasten wirkten ebenso effektiv gegen Plaque und Mukositis wie triclosanhaltige Zahnpasten. Ein weiterer Vorteil der TOT sei der Risikoausschluss gängiger antimikrobieller Substanzen wie CHX für die orale Mikroflora (Osteoblastentoxizität).
Die Obstruktive Schlafapnoe – Neue Behandlungswege in Sicht
Dr. Dr. Lars Bonitz (Dortmund) forscht an der Optimierung effektiver Schienentherapien bei Vorliegen einer obstruktiven Schlafapnoe (OSA). Mehr als 20 Millionen Bundesbürger leiden an Folgen einer wiederholten Sauerstoffentsättigung im Schlaf wie morgendliche Kopfschmerzen, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungen und Bluthochdruck bis hin zu kognitiven Dysfunktionen und anderes mehr. Ein neuer Behandlungsansatz basiert auf „Artificial Intelligence“ (AI) beziehungsweise „Künstlicher Intelligenz“ (KI). Hierbei werden die strömungsmechanischen Parameter der oberen Atemwege mit numerischen Methoden erfasst und in approximativen Strömungsbildern visualisiert. An dem virtuellen Modell werden die schienentherapeutischen Maßnahmen optimiert und das Ergebnis an einem 3-D-gedruckten Atemwegsmodell validiert. Bei allen Studienteilnehmern konnten so KI-basierte Vorhersagen über die Wirksamkeit der Therapie mittels Protrusionsschiene getroffen werden. Ein ausführlicher Kongressbericht mit entsprechenden Literaturhinweisen ist unter www.dentsplysirona.com/peers-kongress abrufbar.