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21. Treffen der ITI Sektion Deutschland in Geisenheim-Johannisberg wurden auch neue Materialien und Verfahren bewertet

Nach mehr als zehn Jahren in Reinhartshausen konnte in der nahegelegenen Burg Schwarzenstein in Geisenheim-Johannisberg nun schon im zweiten Jahr eine ideale Tagungsort-Alternative gefunden werden, ist doch die Deutsche Sektion erfolgreicher denn je! Mit aktuell deutlich mehr als 1.000 Members und Fellows und einem erneut beachtlichen Wachstum gegenüber dem Vorjahr ist die deutsche Sektion eine der größten nationalen Gruppierungen im einzigartigen globalen Implantologie-Netzwerk ITI, dem neben Oralchirurgen, Kieferchirurgen, Zahnärzten und Zahntechnikern auch Grundlagenwissenschaftler angehören. Zahlreiche Aktivitäten der deutschen Sektion haben internationalen Vorbildcharakter, zum Beispiel das ITI-Curriculum Implantologie, das Online-Symposium und das Young ITI-Meeting.


Das Fellowmeeting der deutschen ITI-Sektion.

Trendsetter ITI

In seinem Grußwort zeigte sich das Leadership-Team der Deutschen ITI-Sektion hocherfreut darüber, dass erneut so viele Fellows nach Geisenheim-Johannisberg gekommen waren. „Wir haben erneut Beachtliches erreicht und Trends gesetzt!“ mit dieser klaren Aussage leitete Education Delegate Professor Bilal Al-Nawas das wissenschaftliche Programm des Freitagmittags ein und in der Tat war es dem Leadership-Team gelungen, erneut facettenreiche und interessante Beiträge neuer ITI Fellows in ein kurzweiliges Minisymposium zusammenzuführen. „Kollagenmembranen – Möglichkeiten und Perspektiven in der Hart- und Weichgeweberegeneration“, war das anspruchsvolle Thema von Dr. Dr. Andreas Pabst. Der am Bundeswehrkrankenhaus Koblenz tätige Kieferchirurg definierte Barriere- und Modellingmembranen als Vertreter der beiden großen Indikationsgruppen. Als dritte aktuelle Gruppe definierte Pabst sogenannte Hybridmembranen, die auch eine aktive Komponente bergen.

Drei Membrantypen

Für alle Arten von Membranen gibt es in der Literatur Hinweise, die auf positive Eigenschaften hinsichtlich Präklinik, Biofunktion und Klinik schließen lassen, so Pabst. Für GBR/GTR liegen bei Barrieremembranen wissenschaftliche Langzeitdaten vor, diese Einschätzung fehlt bei Indikationen wie der SinusLift-Op. Bei den Remodellingmembranen ist die Option der Volumenzunahme zu erwähnen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist keine klare Aussage möglich, ob xenogene oder autologe Membranen mehr Vorteile bieten, mit Hilfe der Biofunktionalisierung können gegebenenfalls in den nächsten Jahren die Nachteile der xenogenen Membranen beseitigt werden. Faszinierende REM- und Mikro-CT-Aufnahmen rundeten Pabsts Ausführungen ab. Vor allem die Visualisierung von Gewebereaktionen mit diesen neuen Verfahren ermöglicht auch bei Membrandesigns ein „backward-planning“ durchzuführen. Ein spannender und wichtiger Auftakt für das wissenschaftliche Programm.

PRF zwischen Hype und Evidenz

„Die autologe PRF-Matrix – nur ein Hype oder gibt es Evidenz?“ war Vortragsthema des Mainzer Hochschullehrers PD Dr. Dr. Eik Schiegnitz. Wichtig war für ihn die klare Unterscheidung zwischen PRF und PRP. Die Herstellung von Plasma war anfangs recht technikaffin und bedingte die Bevorratung eines definierten Equipments. Nachteilig waren auch die deutlichen Konzentrationsunterschiede zwischen verschiedenen Proben. Zudem ist für PRP auch keine klare Evidenz verfügbar. Anders die Situation bei PRF, die Herstellung des Fibrinplots ist recht einfach. Verfügbar ist eine PRF-Matrix, in der Thrombozyten und Leukozyten eingebettet und vital sind. Nachteilig ist die geringe Stabilität der Matrix – Hilfe schafft eine Kollagenmembran, die mit der Matrix verbunden wird. Als Indikationen für PRF nannte Schiegnitz Kiefernekrosen, Weichgewebsmanagement, Augmentationschirurgie sowie Alveolar-Ridge-Preservation.

Biotypen identifizieren und ändern

Dr. Kai Fischer referierte über „Gingivaler Biotyp – aus der Forschung in die Praxis“. Fischer ist mit beiden Welten vertraut – einer langen und erfolgreichen Karriere an diversen universitären Ausbildungsstätten folgte nun eine Tätigkeit in eigener Praxis in Würzburg. Der Referent stellte (und beantwortete) eine Reihe relevanter Fragen:

• „Können wir den Biotyp verändern?“, dies die Eingangsfrage Fischers zu Beginn seiner Ausführungen. Seine Antwort: Ja, denn mit dem sogenannten „Creeping Attachment“ lässt sich mit geeigneten chirurgischen Verfahren ein Zugewinn und Verdickung des Gewebes erzielen und es kommt in der Tat zu einem Wechsel des Biotypen.

• „Können wir den Biotypen messen?“ Es gibt derzeit kein geeignetes Messverfahren, das alle drei Typen vermessen kann. Ziel ist, ein Tool zur Erkennung von Hochrisikotypen zu entwickeln. Und diese Einschätzung ist gerade bei komplexen Ausgangssituationen schwierig, rein klinisch sogar unmöglich. Die Entwicklung einer doppelendigen Parodontalmess-Sonde schaffte hier Abhilfe – die hiermit verbundenen erweiterten Diagnosemöglichkeiten bieten ein Plus an Sicherheit. Scheint selbst das schwarze Ende bei Sondierung nicht durch, liegt ein „sicherer, unkomplizierter“ Fall vor, scheint bereits das zweite silberne Ende bei Sondierung durch, bestehen hohe Risiken.

• „Wie sieht es mit dem Biotypen um Implantate aus?“ Zwei Millimeter Weichgewebsdicke vestibulär sind eine gute Ausgangsbasis für implantatprothetische Sanierungen. Den Sprung vom Weichgewebe zum Hartgewebe vollführte Fischer mit einem faszinierenden Fallbeispiel der Sanierung einer periimplantären Läsion im Oberkieferfrontzahnbereich, demnach können auch solche „worst-case-Szenarien“ langzeitstabil gelöst werden. „The bone sets the tone – soft tissue is he issue!“, lautete das Schlusswort Fischers.

Wie genau ist der 3-D-Druck in der Zahntechnik?

„3-D-Druck in der Zahntechnik“ war das Thema von ZTM Björn Roland. Obschon Roland seinen Antrittsvortrag als ITI Fellow hielt, ist er doch seit vielen Jahren in das ITI Curriculum und weitere Ausbildungsformate eingebunden. Sein Ziel war, zu klären, wie gut und genau der 3-D-Druck im digitalen Workflow tatsächlich ist. Erste Fehlerquelle ist hier die digitale Abformung, weitere Einflüsse sind in der Limitation der Präzision der jeweiligen Herstellerfirmen zu suchen. Die Ergebnisse einer Vergleichsstudie, die Roland präsentierte, stieß auf hohes Interesse des Auditoriums, waren bei acht Druckvorgängen auch acht verschiedene Dimensionen zu verzeichnen. „Das Thema Druck muss somit verhalten bewertet werden“, so Roland, „die Benchmark ist nach wie vor eine gute, analoge Abformung und ein Gipsmodell.“ Somit kann man gedruckte Modelle zum jetzigen Zeitpunkt lediglich als Fertigstellungsmodelle verwenden. Anwendungen, die geringere Präzision benötigen, wie digitale Wax-ups und die Aligner-Technik können indes gut mit gedruckten Modellen durchgeführt werden. Roland rät von gedruckten Schienen ab, nachteilig sind hier (noch) die hohen Abrasionswerte und sehr hohen Frakturraten. Weitere Optionen des 3-D-Drucks  sind die Herstellung von Prothesenbasen und Bohrschablonen.

„Ein Feuerwerk hochkarätiger Vorträge!“ – treffender wie einer der lang gedienten deutschen ITI-Fellows der ersten Generation kann man es wohl nicht formulieren. Es war nicht nur die Qualität der Vorträge, es war auch der klare Fokus auf der Bewertung neuer Materialien und (digitaler) Techniken, denen die deutschen ITI-Fellows bis dato eher abwartend-verhalten gegenüber standen – keine Frage, hier tut sich was!

Aktueller Stand beim Industriepartner

Mit „The innovation Pipeline. Patient focused product development“ - anknüpfend an entsprechende Vorträge früherer Sektionstreffen – steuerte der Industriepartner Straumann nun erneut einen Beitrag zum ersten Tag des Sektionstreffens bei. Dr. Georg Raeber, Head of the Product Management Straumann Dental System, betonte zu Beginn seiner Ausführungen „es tut sich momentan viel bei Straumann!“ Effiziente Behandlungsprotokolle, minimalinvasives Vorgehen, Ästhetik und Kieferorthopädie, die Behandlung kompromittierter und zahnloser Patienten und Prävention, sind die Megathemen, die Straumann aufgegriffen und – in der Regel unter Verwendung digitaler Techniken – zur Entwicklung neuer Produkte bewogen hat. Höhepunkt seiner Ausführungen war die Präsentation des demnächst auf den Markt kommenden BLX Implantates, das große Vorteile bezüglich der Primärstabilität, bei höchster Effizienz und Flexibilität bergen soll. Weitere Punkte der Ausführungen Raebers betrafen die Kieferorthopädie („Clearcorrect und Geniova“) und digitale Ausbildungskonzepte.

Bohrschablone als Beleg für Kommunikation

Das Referentenduo Professor Dr. Kai-Hendrik Bormann und Dr. Mathias Müller referierten am zweiten Tag des Fellowmeetings eloquent und fundiert über „Es hat nur Vorteile! Die dreidimensionale Zusammenarbeit zwischen Prothetiker und Chirurg im Praxisalltag.“ Beide arbeiten in der Hansestadt Hamburg Tür an Tür MKG-chirurgisch und prothetisch zusammen. Ihr Statement: „3-D-Zusammenarbeit muss auch interdisziplinär dreidimensional stattfinden.“


Das Referentenduo Dr. Mathias Müller und Prof. Kai-Hendrik Bohrmann arbeitet in Hamburg Tür an Tür MKG-chirurgisch und prophetisch zusammen.

Die dreidimensionale Implantatplanung ist seit vielen Jahren etabliert, so Bormann, anders verhält es sich in der Gesamtplanung einer komplexen Implantatversorgung mit dem dreidimensionalen Gesamtkonzept. Obschon die Literatur zum jetzigen Zeitpunkt nicht aussagt, dass die Verwendung von Schablonen bei der Insertion oraler Implantate eine höhere Präzision und ein besseres Outcome für den Patienten erbringt, als die sogenannte „freihändige“ Implantation, sieht das Referentenduo gerade bei der Verwendung zahngetragener Schablonen erhebliche Vorteile für die Voraussagbarkeit und den Langzeiterfolg von Implantaten. Im engeren Sinne ist die Schablone und deren vorgängige Planung als Beleg für eine intensive Kommunikation zwischen Chirurgen und Prothetiker zu werten. Bei Sofortbelastungskonzepten wie dem Pro-Arch-System wird der dreidimensionale workflow gar zur conditio sine qua non. „So planen, dass man später nix ändern muss, ist das gemeinsame Ziel“, so Müller. Im Anschluss erfolgte die Mitgliederversammlung der Deutschen ITI-Sektion.

Dr. Georg Bach, Freiburg

Das Titelbild zeigt die Teilnehmer und Referenten des 21. Treffen der ITI Sektion Deutschland in Geisenheim-Johannisberg. Bilder: ITI/Dr. Georg Bach
Quelle: ITI Deutschland Implantologie Zahnmedizin Fortbildung aktuell

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