Kinder schützen – Eltern stärken: Bundesernährungsminister Cem Özdemir hat am 27. Februar 2023 seine Pläne für klare und verbindliche Regeln zu an Kinder gerichteter Lebensmittelwerbung vorgestellt. Damit setzt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) einen Auftrag aus den Koalitionsvertrag um. Denn an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung preist sehr häufig hochverarbeitete Lebensmittel an, die zu viel Zucker, Fett oder Salz enthalten. Das Verbot soll für Fernseh- und Radiosendungen und Online-Netzwerke wie YouTube von 6 Uhr morgens bis 23 Uhr abends gelten.
Freiwillige Selbstverpflichtungen der Werbewirtschaft hätten zu nichts geführt, so der Bundesernährungsminister weiter. Deshalb brauche es nun eine strikte Regelung. „Wir müssen dafür sorgen, dass Kinder gesünder aufwachsen können“, erklärte Özdemir in spiegel.de. In Deutschland sind mittlerweile etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig, fast 6 Prozent sind adipös. Zugleich betonte er, dass er kein „allgemeines Werbeverbot“ fordere. „Aber die Werbung darf sich eben nicht mehr gezielt an Kinder richten.“
Werbung und Sponsoring einschränken
Die Definition von „an Kinder gerichtet“ solle bewusst weit gefasst werden, sagte der Minister: So schauten Kinder nachweislich zwischen 6 Uhr und 23 Uhr fern oder seien im Internet unterwegs – deshalb sollen zuckerhaltige Getränke oder fettige und salzige Snacks in dieser Zeit nicht mehr beworben werden dürfen. Mit „Kinder“ sind in diesem Zusammenhang unter 14-Jährige gemeint. Die Feststellung eines zu hohen Zucker-, Fett- oder Salzgehalts soll sich an Nährwertberechnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren.
Özdemir will Werbung für solches Junkfood auch in Zeitungen, Zeitschriften und Broschüren verbieten, wenn sie sich von der Aufmachung her offensichtlich an Kinder richtet. Außerdem soll es keine Außenwerbung im Umkreis von 100 Metern zu Schulen, Kindertageseinrichtungen, Spielplätzen oder anderen Freizeiteinrichtungen für Kinder geben sowie kein Sponsoring. Kontrolliert werden soll das Ganze durch Marktüberwachungsbehörden der Länder.
Lob von Fachleuten und -verbänden
Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft erklärte, Özdemir sei „ein großer Wurf gelungen“. Adipositas bei Kindern sei ein zentrales Gesundheitsproblem und die Werbung für Ungesundes sei dafür ein wichtiger Faktor. Der Staat schulde Kindern nach der UN-Kinderrechtskonvention das „erreichbare Höchstmaß an Gesundheit“, nicht aber der Werbeindustrie das erreichbare Höchstmaß an Einnahmen durch Junkfood-Werbung.
Die Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) Barbara Bitzer nannte die Pläne Özdemirs einen Meilenstein für die Kindergesundheit: „Das international anerkannte WHO-Nährwertmodell ist die ideale Grundlage für die Werbebeschränkung und die vorgeschlagenen Uhrzeiten stellen einen umfassenden Schutz der Kinder unter 14 Jahren sicher. Die schädlichen Einflüsse der Lebensmittelwerbung können nur mit einem solch umfassenden Ansatz wirksam eingedämmt werden. Wir appellieren an die Koalitionspartner, diesen aus wissenschaftlicher Sicht richtigen und wichtigen Vorschlag des Ministers zu unterstützen.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Viele der beliebtesten Sendungen bei Kindern unter 14 Jahren sind keine Cartoons, sondern Familienshows und Fußballübertragungen. Eine Werbebeschränkung light, die nur im Umfeld klassischer Kindersendungen greift, wäre zum Scheitern verurteilt. Es ist außerordentlich erfreulich, dass der Bundesernährungsminister diese Erkenntnisse aus der Medienforschung bei seinen Plänen berücksichtigt.“
Widerstand von FDP und Opposition
FDP Generalsekretär Bijan Djir-Sari plädiert laut tagesschau.de weiter auf die Eigenverantwortung, Unions-Fraktionsvize Steffen Bilger kritisiert Dirigismus, Bürokratie und staatliche Bevormundung.
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