Zum Weltdiabetestag am 14. 11. macht die European Federation of Periodontology (EFP) auf die wachsende Zahl wissenschaftlicher Erkenntnisse aufmerksam, die den entscheidenden Zusammenhang zwischen Zahnfleischerkrankungen (Parodontitis) und Diabetes unterstreichen.
Da Diabetes weiterhin Millionen von Menschen weltweit betrifft, ist das Verständnis seiner Auswirkungen auf die Mundgesundheit (sowie der Auswirkungen von Zahnfleischerkrankungen auf Diabetes) für die Verbesserung der allgemeinen Gesundheit von entscheidender Bedeutung. Das diesjährige Thema des Diabetestages „Diabetes und Wohlbefinden“ unterstreicht die Notwendigkeit einer zugänglichen Versorgung und Unterstützung für alle Menschen, die mit Diabetes leben – und dazu gehört auch die Gesundheit des Zahnfleisches.
Wechselseitige Beziehung
Parodontitis ist eine chronische entzündliche Erkrankung, die das Zahnfleisch und die stützenden Strukturen der Zähne angreift und zu Zahnverlust und anderen Komplikationen führt, wenn sie unbehandelt bleibt. „Jüngste Forschungen haben gezeigt, dass Diabetes nicht nur ein wichtiger Risikofaktor für Parodontitis ist, sondern dass die Beziehung zwischen den beiden Erkrankungen bidirektional ist, das heißt, sie beeinflussen und verschlimmern sich gegenseitig“, erklärt Prof. Dr. Anton Sculean, Vorsitzender der EuroPerio11, des führenden Kongresses für Parodontologie, der von der EFP veranstaltet wird. Darüber hinaus ist eine mäßige wie eine schwere Parodontitis bei Erwachsenen mit Diabetes mit einem erhöhten Risiko für die Gesamtmortalität und die Sterblichkeit im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden (1).
Je höher Hyperglykämie, um so schwerer Parodontitis
„Diabetes ist eine chronische Erkrankung, die auftritt, wenn der Körper entweder nicht genügend Insulin produziert oder das produzierte Insulin nicht effektiv nutzen kann, was zu erhöhten Blutzuckerwerten führt. Menschen mit Diabetes sind deutlich anfälliger für die Entwicklung einer schweren Zahnfleischerkrankung. Studien zeigen, dass das Risiko für sie dreimal so hoch ist (2). Der Zusammenhang zwischen diesen Erkrankungen wird bei Patienten mit schlecht eingestelltem Blutzuckerspiegel besonders deutlich. Je höher die Hyperglykämie ist, desto schwerer ist die Zahnfleischerkrankung meist. Dies ist auf die Auswirkungen des hohen Blutzuckerspiegels auf das Immunsystem zurückzuführen, das die Fähigkeit des Körpers zur Bekämpfung von Infektionen, einschließlich der des Zahnfleisches, schwächt. Darüber hinaus stört Diabetes die Entzündungsreaktion des Körpers, was zu einer übertriebenen Immunreaktion im Zahnfleisch führt, die weitere Gewebeschäden nach sich zieht, und umgekehrt kann Parodontitis die Behandlung von Diabetes erschweren. Die durch die Zahnfleischerkrankung hervorgerufene Entzündung ist nicht auf das Zahnfleisch beschränkt, sondern kann sich im ganzen Körper ausbreiten, wodurch die systemische Entzündung zunimmt und wiederum die Insulinempfindlichkeit beeinträchtigt wird. Dadurch wird es für Menschen mit Parodontitis schwieriger, ihren Blutzuckerspiegel zu kontrollieren, was zu einem Teufelskreis beiträgt, der beide Erkrankungen verkompliziert. Darüber hinaus wurde nachgewiesen, dass eine schwere Parodontitis ein Risikoindikator für die Entwicklung von Diabetes bei Patienten sein kann, die ursprünglich normoglykämisch waren (3).
Interdisziplinäre Behandlung
Neue Erkenntnisse zeigen, dass die Behandlung von Parodontitis zu einer verbesserten Blutzuckerkontrolle bei Menschen mit Diabetes führen kann, was die Bedeutung einer integrierten Versorgung unterstreicht (4-6). Diese Erkenntnis unterstreicht die Notwendigkeit für Zahnärzte, eng mit anderen Gesundheitsdienstleistern zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass Patienten eine umfassende Versorgung erhalten, die sowohl ihre Mundgesundheit als auch ihr Diabetesmanagement berücksichtigt.
EFP: Langjähriger Verfechter der Sensibilisierung
Die EFP ist führend bei der Sensibilisierung für den engen Zusammenhang zwischen Zahnfleischerkrankungen und Diabetes. Im Jahr 2017 startete die EFP die Kampagne Perio & Diabetes, die auf den Ergebnissen des Perio-Diabetes-Workshops basierte, der in Zusammenarbeit mit der International Diabetes Federation (7) durchgeführt wurde. Diese Kampagne bot wesentliche Leitlinien, Instrumente und Ressourcen für Fachkräfte im Gesundheitswesen, politische Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit, um das Verständnis zu verbessern und den Zusammenhang zwischen diesen beiden Erkrankungen effektiv anzugehen.
Schwerpunkt Diabetes bei EuroPerio11
Dieses Thema steht weiterhin ganz oben auf der Agenda der EFP und wird auf dem kommenden EuroPerio11-Kongress in Wien (14.-17. Mai 2025) im Mittelpunkt stehen. Am 16. Mai wird sich eine spezielle Sitzung mit klinischen Überlegungen zur Behandlung von Patienten mit Diabetes und Parodontalerkrankungen befassen, darunter auch mit dem Screening auf Diabetes im zahnärztlichen Umfeld. Die Sitzung, die von Eduardo Montero aus Spanien moderiert wird, wird Expertenmeinungen von internationalen Referenten enthalten, die die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen zahnmedizinischem und medizinischem Fachpersonal hervorheben. „Die EFP legt großen Wert darauf, den Zusammenhang zwischen Diabetes und Zahnfleischerkrankungen zu thematisieren, da dieser nicht nur die Mundgesundheit, sondern das allgemeine Wohlbefinden von Millionen von Menschen weltweit beeinträchtigt“, erklärt Montero. „Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit, der medizinischen Fachkräfte und der politischen Entscheidungsträger ist von entscheidender Bedeutung. Wir müssen zu ganzheitlicheren Gesundheitssystemen übergehen, die den bidirektionalen Zusammenhang zwischen Diabetes und Parodontitis erkennen und die Mundgesundheit in globale Gesundheitsstrategien einbeziehen.
Zahnfleischgesundheit muss Teil der Diabetesversorgung sein
Schwere Parodontalerkrankungen sind ein bedeutendes globales Gesundheitsproblem, von dem etwa 19 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung betroffen sind – mehr als eine Milliarde Fälle weltweit. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation sind weltweit etwa 3,5 Milliarden Menschen von oralen Erkrankungen, einschließlich Parodontitis, betroffen (8). Gleichzeitig ist auch Diabetes auf dem Vormarsch: Nach Angaben der International Diabetes Federation leben 537 Millionen Erwachsene mit Diabetes, was 10 Prozent der erwachsenen Bevölkerung entspricht. Alarmierend ist, dass schätzungsweise 240 Millionen Menschen mit nicht diagnostiziertem Diabetes leben (9), was die dringende Notwendigkeit einer stärkeren Sensibilisierung und eines frühzeitigen Eingreifens bei der Bewältigung beider Erkrankungen unterstreicht.
An diesem Weltdiabetestag ruft die MAB die Angehörigen der Gesundheitsberufe, die politischen Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit auf, dafür zu sorgen, dass die Zahnfleischgesundheit Teil der Diabetesversorgung ist. Gemeinsam können wir das Wohlbefinden von Menschen mit Diabetes verbessern, indem wir umfassende und ganzheitliche Gesundheitssysteme unterstützen, die die komplexen Zusammenhänge zwischen oraler und allgemeiner Gesundheit berücksichtigen.