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„Hotspots“ einer Corona-Infektion im menschlichen Körper
Deutsch-amerikanische Studie zeigt eine Karte potenziell krankheitsrelevanter Faktoren im menschlichen Körper
Eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann verschiedene Organe beeinträchtigen. Deshalb haben Forscher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der US-amerikanischen Cornell University zelluläre Faktoren untersucht, die für eine Infektion von Bedeutung sein könnten. Sie analysierten dazu die Aktivität von 28 spezifischen Genen in einer Vielzahl menschlicher Gewebe. Ihre im Fachjournal „Cell Reports“ veröffentlichten Studienergebnisse zeichnen eine Karte potenziell krankheitsrelevanter Faktoren innerhalb des menschlichen Körpers.
Welches Organ kommt als Nächstes dran?
„SARS-CoV-2 infiziert nicht nur die Atemwege, sondern hat das Potenzial, viele andere Organe im Körper zu beeinträchtigen. Selbst wenn das Virus zuerst das Atmungssystem infiziert, ist es wichtig, vorhersagen zu können, wohin es als nächstes gehen könnte. Das hilft, Therapien zu entwickeln. Wir wollten deshalb mehr darüber erfahren, was die verschiedenen Organe für eine Infektion anfällig macht“, erläutert Dr. Vikas Bansal, Datenwissenschaftler am DZNE-Standort Tübingen. „Deshalb haben wir uns bei verschiedenen Geweben angeschaut, welche Elemente der zellulären Maschinerie für eine Infektion relevant sein können und auch welche Zelltypen besonders anfällig erscheinen.“ Bansal teilt sich die Autorenschaft der aktuellen Veröffentlichung mit Dr. Manvendra Singh und Prof. Cedric Feschotte von der Cornell University.
Gemeinsam mit seinem amerikanischen Kollegen ermittelte Bansal 28 menschliche Gene beziehungsweise zelluläre Faktoren, die für eine Infektion von Bedeutung sein könnten. Neben Rezeptoren auf der Zelloberfläche sind das Proteine, die der Erregerbenötigt, um sich in der Zelle zu vermehren, aber auch Restriktionsfaktoren, die das Eindringen von Krankheitserregern in die Zelle blockieren. Zusammengefasst werden die 28 analysierten zellulären Merkmale als „SCARFs“ bezeichnet. Das Kürzel steht für den englischen Ausdruck “SARS-CoV-2 and coronavirus associated receptors and factors”.
„Das Virus zweckentfremdet den ACE2-Rezeptor, der auf der Oberfläche menschlicher Zellen vorkommt, um anzudocken und sich einzuschleusen. Dieser Rezeptor und andere Faktoren, die damit zusammenhängen, sind mögliche Ansatzpunkte für Therapien“, sagt Bansal.
Anhand von Informationen aus wissenschaftlichen Datenbanken analysierten die Forscher die Genexpression in rund 400.000 menschlichen Zellen aus Nasenschleimhaut, Lunge, Darm, Nieren, Herz, Gehirn und Geschlechtsorganen. Im Einklang mit der Tatsache, dass SARS-CoV-2 insbesondere die Atemwege attackiert, weisen die Expessionsmuster die Nasenschleimhaut als ein „Schlachtfeld“ aus. Demnach enthalten die Zellen der Nasenschleimhaut sowohl Faktoren, die eine Infektion begünstigen, wie den ACE2-Rezeptor, als auch Faktoren, die den Eintritt des Virus hemmen, wie IFITM3 und LY6E. „ Von IFITM3 ist bekannt, dass es andere Coronaviren daran hindert, die Zellmembran zu durchqueren. Dasselbe könnte für SARS-CoV-2 gelten. LY6E wirkt ebenfalls als Abwehrmechanismus“, so Bansal. „Es scheint, dass der Kontakt des Virus mit der Nasenschleimhaut zu einer Art Tauziehen führt. Die Frage ist, wer daraus als Sieger hervorgeht. Interessanterweise deuten unsere Daten darauf hin, dass sich im menschlichen Nasengewebe das Expressionsniveau der Eintrittsfaktoren mit dem Alter verschiebt. Das könnte ein Grund dafür sein, wieso ältere Menschen für eine Infektion mit SARS-CoV-2 anfälliger sind.“
… und auf die Nerven geht es auch
Darm, Nieren, Hoden und Plazenta sind der aktuellen Studie zufolge potenzielle Hotspots. Diese Bereiche scheinen durch eine ausgeprägte, gemeinsame Expression von ACE2 und TMPRSS2 gekennzeichnet zu sein. TMPRSS ist ein Enzym, das in Kombination mit ACE2 am viralen Eintritt in die Zelle beteiligt ist. „Wir konnten zudem eine Reihe zellulärer Faktoren identifizieren, die alternativ zum ACE2-Rezeptor dazu beitragen könnten, dass SARS-CoV-2 in Lunge, Herz und zentrales Nervensystem gelangt“, so Bansal. „Es ist bekannt, dass SARS-CoV-2 neurologische Störungen auslösen kann. Zwar wurde das Virus bisher nicht in Neuronen nachgewiesen, das Nervensystem umfasst jedoch andere Zellen wie Astrozyten und Perizyten, die an der Regulation der Blut-Hirn-Schranke beteiligt sind. Gemäß unserer Studie könnten diese Zellen durchaus für eine Infektion anfällig sein. Alles in allem liefert unsere Studie eine Fülle von Daten und konkrete Ansatzpunkte für künftige Studien über das Coronavirus.“
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