0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
230 Views

Aktuelle Autopsiestudie untersuchte Gehirne von 500 Kontaktsportlern

Kopfverletzungen, wie sie bei Kontaktsportarten häufig vorkommen, können langfristige Folgen haben.

(c) Solomon Thompson/shutterstock.com

Wiederholte Schädeltraumata, wie sie bei Kontaktsportarten durch regelmäßige Kopfprellungen („repetitive head impacts“) auftreten, können zum Krankheitsbild der chronischen traumatischen Enzephalopathie (CTE) führen. Die CTE geht nicht nur mit kognitiven und neuropsychiatrischen Symptomen einher, sie löst eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung aus, bei der es zur Akkumulation von Tau-Protein und Parkinson-ähnlichen Symptomen (Parkinsonismus) kommt. Dieser Vorgang wird offensichtlich durch wiederholte Kopftraumata begünstigt, wie eine aktuelle Studie [1] zeigt. Demzufolge werden neuropathologische Prozesse in der Substantia nigra ausgelöst, die bei CTE zu Parkinson-ähnlichen Symptomen führen.

Chronische traumatische Enzephalopathie

Die Querschnittsstudie untersuchte bei Verstorbenen, die jahrelang Kontaktsportarten (American Football, Hockey, Fußball, Ringen, Boxen, Bobfahren, Turmspringen, Lacrosse, Kampfsport, Rugby und Skifahren) ausübten und an CTE litten, die Häufigkeit von Parkinson-ähnlichen Symptomen sowie den Zusammenhang zwischen regelmäßigen Kopfprellungen, neuropathologischen Veränderungen und Parkinsonismus. Die analysierten Daten stammten von 481 männlichen Gehirnspendern einer US-amerikanischen Autopsie-Datenbank; die überwiegende Mehrzahl, 413 von 481, waren American Football Player. Es wurden klinische und neuropathologische Merkmale bei CTE-Betroffenen mit und ohne Parkinsonismus analysiert. Gesucht wurde besonders nach Veränderungen in der Substantia nigra, der Hirnregion, die auch bei M. Parkinson betroffen ist.

Veränderungen der Substantia nigra

Zu den neuropathologischen Merkmalen gehören Neuronenverluste, Lewy-Körperchen (die vor allem bei M. Parkinson und Lewy-Body-Demenz auftreten) und neurofibrilläre Tangles (NFTs, auch Alzheimer-Fibrillen genannt, die aus aggregierten, hyperphosphorylierten Tau-Proteinen bestehen). Im Ergebnis hatten 119 der 481 untersuchten Kontaktsportler einen Parkinsonismus (24,7 Prozent). Beim Vergleich der Kontaktsportarten waren American-Football-Spieler von Parkinsonismus signifikant häufiger betroffen (p=0,02): 108 der 119 Sportler mit Parkinsonismus spielten American Football (90,8 Prozent), in der Gruppe, die keinen Parkinsonismus aufwies, waren es 305 von 362 (84,3 Prozent). 

Insgesamt wiesen die Patienten mit Parkinsonismus ein höheres CTE-Stadium auf; so hatten 29,4 Prozent der Kranken mit Parkinsonismus ein CTE-Stadium IV (gegenüber 10,8 Prozent ohne Parkinsonismus). Das mittlere Sterbealter von CTE-Patienten mit Parkinsonismus war signifikant höher (71,5 ± 13 Jahre) als bei CTE-Patienten ohne Parkinsonismus (54,1 ± 19,3 Jahre). Parkinsonismus-Betroffene waren zudem älter, hatten höhere Demenzraten (87,4 versus 29 Prozent), häufiger visuelle Halluzinationen und REM-Schlafverhaltensstörungen. In der vorliegenden Studie waren mehrere Pathologien der Substantia nigra signifikant mit Parkinsonismus assoziiert. So fanden sich bei Parkinsonismus signifikant häufiger nigrale NFTs), stärkere Neuronenverluste und häufiger Lewy-Körperchen. Traten sowohl Neuronenverlust als auch Lewy-Körperchen auf, war die Assoziation zum Parkinsonismus besonders hoch.

Einfluss aktiver Spielerzeit

Wie lange der Sport ausgeübt worden war, schien nicht ausschlaggebend für die Entwicklung eines Parkinsonismus zu sein. Diese Beobachtung steht im Gegensatz zu vorherigen Studien. Allerdings waren in dieser Erhebung nur Sportler mit CTE analysiert worden, die erhebliche Belastungen durch regelmäßige Kopfprellungen aufwiesen. Alle lagen über dem vormals ermittelten Schwellenwert für ein erhöhtes Parkinsonismus-Risiko (etwa vier Jahre). Auch ergab die Subgruppenauswertung der American-Football-Spieler, dass die Anzahl der Jahre, in denen der Sport aktiv ausgeübt worden war, mit NFTs assoziiert waren. In der Analyse wurde herausgearbeitet, dass nigrale NFTs und Neuronenverluste den Zusammenhang zwischen Spieljahren und Parkinsonismus vermittelten.

Literaturliste:
[1] Adams JW, Kirsch D, Calderazzo SMet al. Substantia Nigra Pathology, Contact Sports Play, and Parkinsonism in Chronic Traumatic Encephalopathy. JAMA Neurol. 2024 Jul 15:e242166 https://jamanetwork.com/journals/jamaneurology/article-abstract/2820667

[2] https://dgn.org/artikel/fussball-kunftig-besser-mit-kopfschutz

Insgesamt kommt das Team zu dem Schluss, dass wiederholte Kopftraumata neuropathologische Prozesse auslösen könnten, die im Verlauf zu Parkinson-Symptomen führen. Eine Studienlimitation sei, dass eine Kontrollgruppe von Gehirnspendern mit Parkinsonismus ohne CTE fehlte. Auch könnten Erinnerungsfehler bei den retrospektiv befragten Angehörigen nicht ausgeschlossen werden.

Mehr Prävention gefordert

„Seit einiger Zeit mehren sich die Hinweise, dass rezidivierende Kopfprellungen das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen erhöhen, was diese aktuelle Studie bestätigt“, konstatiert Prof. Dr. med. Peter Berlit, Pressesprecher und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). „Die DGN spricht sich daher für Präventionsmaßnahmen aus. Bei Sportarten mit besonders hohem Risiko für wiederholte Kopftraumata wie American Football oder Kampfsportarten sollten Helme getragen werden.“ Aufgrund früherer Erhebungen hat die DGN bereits Präventionsmaßnahmen für Kinder beim Fußball gefordert [2].

Reference: Bunte Welt Menschen Nachrichten

AdBlocker active! Please take a moment ...

Our systems reports that you are using an active AdBlocker software, which blocks all page content to be loaded.

Fair is fair: Our industry partners provide a major input to the development of this news site with their advertisements. You will find a clear number of these ads at the homepage and on the single article pages.

Please put www.quintessence-publishing.com on your „adblocker whitelist“ or deactivate your ad blocker software. Thanks.

More news

  
14. Aug 2024

Wie geht es Long-Covid-Patientinnen und -Patienten?

Erste Auswertung des vom BMG geförderten Projekts zeigt Versorgungsbarrieren
14. Aug 2024

Zuckerzufuhr sinkt, ist aber immer noch zu hoch

Studie der Uni Bonn untersucht Ernährung von Kindern und Jugendlichen und sieht weiteren Handlungsbedarf
13. Aug 2024

Kinder und Jugendliche weltweit greifen immer mehr zu zuckergesüßten Getränken

Der erhöhte Konsum gezuckerter Getränke geht mit Anstieg der Adipositasprävalenz einher
9. Aug 2024

Vor Rückkehr aus dem Urlaub über Einfuhrbestimmungen informieren

Generalzolldirektion: Bei den EU- und Nicht-EU-Ländern unterscheiden sich Mengen- und Wertgrenzen
6. Aug 2024

Von der Schwangerschaft bis zum Kleinkindalter

Tag der Zahngesundheit 2024: Gesund beginnt im Mund von Anfang an – Eltern müssen informiert sein
2. Aug 2024

Wie sich Mikroplastik in Verdauungsorganen auswirkt

DGVS: Neue Erkenntnisse zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) und Leberfibrose
1. Aug 2024

„Wir können Lungentumore jetzt deutlich früher erkennen und viele Leben retten!“

Gesetzlicher Anspruch auf CT-Lungenkrebs-Screening für ehemalige und aktive Rauchende auf den Weg gebracht – G-BA muss Kostenübernahme festlegen
30. Jul 2024

Neue Produktionslinie verdreifacht die Produktion bis 2025

Solventum verstärkt seine Investitionen in Deutschland mit der Eröffnung einer neuen Produktionslinie