Es kommt immer wieder vor, dass Zahnarztpraxen aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses von der Polizei durchsucht werden. Der Schaden für den betroffenen Zahnarzt ist enorm: Zum einen spricht es sich schnell herum und viele Menschen denken dann, dass der Zahnarzt bestimmt ein Verbrecher sei.
Zum anderen nehmen die Polizeibeamten oft viele Unterlagen, manchmal auch ganze Computer mit, was den Praxisbetrieb erheblich behindert. Deshalb sollte alles getan werden, dass es gar nicht erst zu einer Durchsuchung kommt oder diese wenigstens möglichst schnell beendet wird.
Oft zur Sicherstellung von Patientenunterlagen
Bei solchen Durchsuchungen geht es meistens um die Sicherstellung von Unterlagen, die einen bestimmten Patienten betreffen, und dies meist aufgrund einer Strafanzeige eben dieses Patienten. Deshalb sollte man auf eine Einigung mit dem Patienten bedacht sein, damit dieser nicht zu einer Strafanzeige greift. Zum anderen sollte man anbieten, alle gewünschten Unterlagen vorzulegen, damit keine Durchsuchung und/oder Beschlagnahme nötig ist.
Alles tun, um einen Durchsuchungsbeschluss aufzuheben
Hat dennoch ein Gericht einen Durchsuchungsbeschluss erlassen, sollte man – mit Hilfe eines Rechtsanwaltes – alles tun, damit dieser wieder aufgehoben und die beschlagnahmten Unterlagen herausgegeben werden. Dazu muss man unter Vorlage von Beweismitteln vortragen, dass der Verdacht gar nicht zutrifft oder dass die Durchsuchung zumindest unverhältnismäßig ist.
Landgericht hält Durchsuchung für unverhältnismäßig
Eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Nürnberg-Fürth (Az.: 12 Qs 24/22) zeigt, dass man damit Erfolg haben kann. Die erste Instanz, das Amtsgericht, hatte einen Durchsuchungsbeschluss betreffend einer Arztpraxis erlassen, nachdem eine ehemalige Patientin unter anderem behauptet hatte, eine bestimmte Leistung sei an dem angegebenen Tag nicht erbracht worden. Dies traf zwar zu, jedoch war es wahrscheinlich, dass nur ein Versehen vorlag.
Das LG befand, dass eine Durchsuchung angesichts des möglicherweise entstandenen Schadens von 21,74 Euro unverhältnismäßig ist, und hob deshalb den Durchsuchungsbeschluss auf. Es ließ sich auch nicht von der – häufig vorgebrachten – Behauptung der Staatsanwaltschaft beirren, die Verdachtsmomente ließen auf eine Vielzahl von Fällen schlussfolgern. Für alle weiteren Fälle lag eben kein konkreter Verdacht vor!
Dr. Wieland Schinnenburg, Zahnarzt und Rechtsanwalt, Hamburg
Dr. Wieland Schinnenburg studierte Zahnmedizin und Jura und war bis Ende 2017 als Zahnarzt in eigener Praxis in Schleswig-Holstein tätig. Parallel arbeitete er als Rechtsanwalt und Mediator in Hamburg und ist in diesem Bereich weiter aktiv.
Schinnenburg ist FDP-Mitglied und war unter anderem Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft. Nach der Bundestagswahl 2017 war er für eine Legislaturperiode bis Oktober 2021 Mitglied des Deutschen Bundestags und in dieser Zeit Mitglied des Gesundheits- und des Rechtsausschusses und Drogenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.