Das Bewusstsein für eine gepflegte Optik der Zähne steigt. In den vergangenen Jahren traten am Markt für Produkte zur Korrektur von Zahnfehlstellungen immer mehr Anbieter für Selbst- beziehungsweise Fernbehandlungen in den Vordergrund, die über Online-Shops und mit Unterstützung von Social-Media Marketing Aligner-Schienen vermarkten.
Anbieter wie DrSmile und PlusDental liefern sich hier einen Konkurrenzkampf um die Marktführerschaft. Die beiden genannten Unternehmen sind mittlerweile mehrheitlich im Besitz von Straumann, einem börsennotierten Dentalunternehmen aus der Schweiz. Es ist also bereits eine Konsolidierung und Konzentration in diesem Markt erkennbar (Quelle: Marktcheck-Bericht Aligner August 2021, Verbraucherzentrale NRW). Es wird prognostiziert, dass der Umsatz in diesem Marktsegment auch in Zukunft steigt: Waren es 2018 noch 1,95 Milliarden US-Dollar, werden für 2027 bereits 7,67 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Daher ist davon auszugehen, dass sich Patientinnen und Patienten für dieses Thema immer stärker interessieren werden – auch wenn steigende Lebenshaltungskosten und Inflation die Bereitschaft und Möglichkeit, für zahnärztliche Behandlungen selbst zu zahlen, doch einschränken werden.
Patienten suchen nach Kostenträgern
DieGesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich bei Erwachsenen nicht an den Kosten der Aligner-Behandlung. Diese betragen bei den gewerblichen Anbietern – zum Beispiel laut Webseite von DrSmile – bei einfachen Zahnfehlstellungen rund 1.800 Euro, bei mittlerem Korrekturbedarf 2.700 Euro und bei komplexen Behandlungsfällen rund 3.200 Euro. Das ist kein Pappenstiel. Natürlich wird auch Ratenzahlung angeboten: 72 Raten, effektiver Jahreszins 10,28 Prozent (Stand Webseite 13. Juni 2022).
Wird eine Korrektur der Zahnfehlstellungen mit Alignern beim Kieferorthopäden durchgeführt, berechnet dieser die individuell erbrachten Leistungen bei Erwachsenen ebenfalls vollständig privat. Kein Wunder, dass potenzielle Patientinnen und Patienten sich auf die Suche nach einer Zahnzusatzversicherung machen – in der Hoffnung auf eine Kostenübernahme. Bei Recherchen im Internet finden sie dann vollmundige Werbeaussagen. Die Realität zeigt sich, wenn erste Rechnungen zur Erstattung eingereicht werden.
Aligner-Schienen aus Sicht der Versicherer
Jede Leistung, die eine Zahnzusatzversicherung erbringt, muss im Beitrag einkalkuliert werden. Dafür sind die Aktuare der Krankenversicherer zuständig. Sie müssen die Beiträge auf Basis von Schadenhäufigkeit und Schadenhöhe kalkulieren. Und sie müssen so kalkulieren, dass sich Beiträge und Leistungsausgaben im großen Kollektiv von Versicherten die Waage halten.
Bei KfO-Leistungen für Erwachsene stellen sich folgende Fragen: Wer fragt beim Abschluss einer Zahnzusatzversicherung nach KfO-Leistungen? Klar – der mit Zahnfehlstellungen. Und wann fragt er nach Versicherungsschutz? – Wenn er sich behandeln lassen möchte.
Versicherung bedeutet aber, dass man die Kosten von zukünftigen Leistungsfällen absichert, von denen man noch nicht weiß, wann sie eintreten werden und wie teuer sie sein werden. Daher ist es schwierig, bezahlbaren Versicherungsschutz für KfO-Maßnahmen zu gestalten.
Zahnzusatzversicherungen mit KfO-Leistungen für Erwachsene
Es gibt nur sehr wenige Zahnzusatzversicherungen, die neben Zahnersatz, Zahnbehandlung und Prophylaxe auch KfO-Leistungen bieten. Und zwar unter folgenden Voraussetzungen: Die KfO-Behandlung muss medizinisch notwendig sein. Korrekturen aus rein ästhetischen Gründen werden nicht bezahlt. Und die KfO-Behandlung darf bei Antragstellung noch nicht angeraten, beabsichtigt oder gar geplant sein.
Ein Versicherer geht noch einen Schritt weiter: Um Klarheit zu schaffen und im Leistungsfall weniger Prüfungsaufwand zu haben, hat er in die Bedingungen folgenden Leistungsausschluss aufgenommen: „Wir ersetzen keine Aufwendungen für die Versorgung von bereits vor Vertragsabschluss vorhandenen Zahn- oder Kieferfehlstellungen.“
Maximale KfO-Leistungen für Erwachsene begrenzt
Zahntarife mit KfO-Leistungen zahlen nicht unbegrenzt. So bietet die Bayerische Versicherungsschutz von 80 Prozent bis maximal 2.000 Euro, der Münchener Verein von 65 Prozent bis maximal 2.500 Euro, Concordia 80 Prozent bis maximal 2.000 Euro je behandeltem Kiefer und ARAG von 90 Prozent. Bei allen Zahntarifen muss außerdem noch berücksichtigt werden, dass in den ersten vier bis fünf Kalenderjahren eine Leistungsstaffel gilt und erst danach voller Versicherungsschutz besteht.
Anbieter suchen selbst nach Versicherungslösungen
Alle Anbieter von Aligner-Schienen würden es sehr begrüßen, wenn sie auf eine Kostenübernahme durch Versicherer verweisen könnten. Denn auch für sie gilt – wie für jede Zahnarztpraxis – die Erkenntnis: Patientinnen und Patienten entscheiden sich leichter für eine hochwertige zahnmedizinische Versorgung, wenn die Kosten ganz oder teilweise von einer Zahnzusatzversicherung übernommen werden. Das stärkt den Umsatz in der Zahnarztpraxis – und es fördert den Umsatz bei den Schienenanbietern.
PlusDental ist es gelungen, eine Kooperation mit der Bayerischen zu schmieden, die bedingungsgemäß immerhin bis zu maximal 2.000 Euro für KfO-Behandlungen erstattet. Doch auch die Bayerische kalkuliert ihre Tarife nach denselben Prinzipien wie alle anderen Versicherer. Daher darf man Patientinnen und Patienten, die noch keine Zahnzusatzversicherung haben, wenn sie sich für eine KfO-Behandlung entscheiden, keine falschen Hoffnungen machen.
Das tut PlusDental auch nicht. Auf ihrer Webseite schreiben sie – für jeden gut sichtbar: „Fairer Hinweis: Nicht übernommen werden zum Versicherungsbeginn bereits angeratene oder begonnene Behandlungen. Die von der Sunshine Smile GmbH unter der Marke “Plusdental” vertriebenen Behandlungen (sog. Invisalign-Behandlungen) werden im mit der BA die Bayerische Allgemeine Versicherung AG geschlossenen Versicherungsvertrag nur bei medizinischer Notwendigkeit, bzw. ab der kieferorthopädischen Indikationsgruppe 2 gem. Abrechnung nach der jeweils gültigen Gebührenordnung der Zahnärzte in den Tarifen ZAHN Komfort, ZAHN Prestige und ZAHN Prestige Plus übernommen. Die medizinische Notwendigkeit muss durch einen niedergelassenen Zahnarzt, bzw. Kieferorthopäden bestätigt und begründet werden.“ (Quelle: https://go.plusdental.de/zahnzusatzversicherung/)
Zahnärztliche Aufsicht gefordert
Die am häufigsten dargestellte Kritik an Aligner-Anbietern für Selbst- beziehungsweise Fernbehandlungen ist die fehlende regelmäßige fachmännische Überwachung des Behandlungsprozesses. Daher arbeiten die Unternehmen inzwischen meistens mit Partner-Zahnarztpraxen zusammen. Dieser Aspekt ist für Ihre Patientinnen und Patienten wichtig und hierzu besteht Aufklärungsbedarf. Versicherer erstatten grundsätzlich nur Behandlungen, die von ZahnärztInnen oder zumindest unter deren Aufsicht durchgeführt werden.
Keine Versicherung mit Sofortschutz für KfO
In Bezug auf die Kostenübernahme durch Zahnzusatzversicherungen ist nach Auffassung der Autoren noch einmal festzuhalten: Es handelt sich bei Zahnzusatzversicherungen im Grundsatz um Vorsorgeprodukte. Zwar gibt es für ein paar Behandlungen inzwischen Zahntarife mit Sofortschutz für geplante Maßnahmen wie Ersatz fehlender Zähne, geplante Wurzelbehandlungen und Füllungen. Für KfO-Maßnahmen bei Erwachsenen jedoch gibt es aktuell keinen Sofortschutz am Markt.
Schließen PatientInnen rechtzeitig, also vorsorglich, ohne anstehende Behandlungen oder Behandlungsempfehlungen, eine qualitativ hochwertige Zahnzusatzversicherung ab, wird auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass zukünftige medizinisch notwendige Berichtigungen von Zahnfehlstellungen mitversichert sind – sofern ausdrücklich einer der wenigen Zahntarife gewählt wird, der KfO-Leistungen bedingungsgemäß beinhaltet.
ZZV ab dem 18.Lebensjahr sinnvoll
Sinnvoll ist ein vorsorglicher Abschluss für Erwachsene ab dem 18. Lebensjahr. Ab da müssen die Kosten professioneller Zahnreinigungen aus eigener Tasche bezahlt werden. Das ist ein guter Zeitpunkt für Zahnarztpraxen, das Thema Zusatzversicherung anzusprechen. Sie können davon ausgehen, dass dadurch auch die künftige Bereitschaft zur Umsetzung von hochwertiger Versorgung steigt, da eine solide Form der Finanzierung der Kosten besteht. Fachleute, die sich auf Zahnzusatzversicherungen spezialisiert haben, finden für jede Altersklasse und jeden Absicherungswunsch die passende Zahnzusatzversicherung. Beratung ist wichtig – denn – wie die Analyse der jüngsten Auswertung von Finanztest zeigte, ist das Risiko groß, dass Ihre Patientinnen und Patienten in Eigenrecherche nicht die optimale Versicherungslösung für ihre Zähne finden.
Bei Kindern ist die Absicherung von KfO-Leistungen leichter. Was dabei zu beachten ist, legen wir noch in einem eigenen Beitrag dar.
Gabriele Bengel, Alexander Mint, Esslingen
Gabriele Bengel war viele Jahre bei einer privaten Krankenversicherung für Vertrags- und Leistungsfallmanagement verantwortlich und hat in der Tarifentwicklung mitgewirkt. Außerdem war sie Mitglied im Verwaltungsrat einer gesetzlichen Krankenkasse. Sie hat detaillierte Kenntnisse über das Gesundheitssystem und ist anerkannte Spezialistin auf dem Gebiet der Zahnzusatzversicherungen.
Alexander Mint hat die Materie der privaten Krankenversicherung ebenfalls von der Pike auf gelernt. Durch sein Studium der Wirtschaftspsychologie & Beratung hat er fundiertes Fachwissen in der Analyse von Kundenbedarf und dazu passendem Versicherungsschutz.
Gemeinsam leiten sie die to:dent.ta GmbH, die im Internet ein Vergleichsportal betreibt, das nur leistungsstarke Zahnzusatzversicherungen anzeigt, die strenge Qualitätskriterien erfüllen (Top-Dental-Tarife https://www.todentta.de). Außerdem bietet das Unternehmen Patienten und Zahnarztpraxen an, gezielt die Zahnzusatzversicherung zu vermitteln, die optimal zum Zahnzustand und dem individuellen Zahn-Risiko passt.
Kontakt zu den Autoren unter E-Mail gabriele.bengel@todentta.de und alexander.mint@todentta.de.
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