Mehr als 13.800 Menschen erhalten in Deutschland jährlich die Diagnose Mundhöhlenkrebs. In rund 5.500 Fällen verläuft die Krankheit tödlich. Der Grund: Oft wird die Krankheit zu spät diagnostiziert und spricht dann nur schlecht auf die gängigen Therapien an. Eine Früherkennung kann die Chancen auf Heilung nahezu verdoppeln und damit Leben retten.
Mit weltweit mehr als 657.000 diagnostizierten Fällen und fast 330.000 Todesfällen pro Jahr ist Mundhöhlen- und Rachenkrebs eine globale Herausforderung . Die Weltgesundheitsorganisation geht bis 2030 sogar von einem Anstieg auf jährlich 856.000 aus. Dabei sind die Krebsarten im Kopf- und Halsbereich zu 90 Prozent Plattenepithelkarzinome, die in der Schleimhaut von Mundhöhle und Oropharynx entstehen.
Höheres Risiko für Männer
Für Männer steht Mundhöhlenkrebs bei den bösartigen Tumoren an siebter Stelle, die meisten Betroffenen sind zwischen 55 und 65 Jahren alt. Demgegenüber haben Frauen zwar ein geringeres Risiko, doch im Alter von 50 bis 75 Jahren ist das Risiko für Mundhöhlenkrebs auch bei ihnen höher. Während es bei Männern häufiger zu Tumorbildungen am Mundboden, an der Zunge und im Rachen kommt, sind bei Frauen eher die Lippen und Speicheldrüsen betroffen – Bereiche mit einer günstigeren Prognose . Auch bei jüngeren Menschen haben die Krankheitsfälle zugenommen, was Experten auf die Verbreitung des Humanen Papillomvirus (HPV) zurückführen. Dieser Erreger wird durch direkten Haut- bzw. Schleimhautkontakt übertragen und verursacht Geschlechtskrankheiten. Die HPV-bedingte Tumorbildung in der Schleimhaut ist eine mögliche Spätfolge.
Größter Risikofaktor: Tabak- und Alkoholkonsum
Auch wenn prinzipiell jeder an Mundhöhlenkrebs erkranken kann, gilt das Rauchen von Tabak als größter Risikofaktor. Auch übermäßiger Alkoholkonsum ist ein Risikofaktor und wirkt in Kombination mit Tabakkonsum synergetisch. Darüber hinaus kann eine Vielzahl anderer Faktoren die Erkrankung bedingen, darunter Passivrauchen und ungesunde Ernährung, mangelnde Mundhygiene oder Immundefizite.
Die Symptome einer Erkrankung sind vielfältig, beispielsweise weißliche oder rote Flecken, nicht verheilende Wunden oder Schwellungen im Mund. Möglich sind zudem Halsschmerzen und Schluckbeschwerden, Mundgeruch und Zahnprobleme. Auch Ohrenschmerzen, Veränderungen der Stimme oder das Empfinden eines Fremdkörpers im Hals kommen vor.
Früherkennung für eine bessere Überlebensrate
Weltweit liegt die Überlebensrate bei Mundhöhlenkrebs bei 50 Prozent, was vor allem aus zu späten Diagnosen resultiert. Die Früherkennung in Stadium I und II führt dagegen zu Überlebensraten von bis zu 90 Prozent. Aufgrund asymptomatischer Verläufe erfolgt allerdings mehr als die Hälfte der Diagnosen erst im Stadium III und IV. Dann liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate in Deutschland für Männer bei ca. 47 Prozent, für Frauen bei 63 Prozent .
Zahnärzte spielen für die Früherkennung eine wichtige Rolle und routinemäßige Vorsorgeuntersuchungen mit vollständiger Schleimhautinspektion können das Risiko minimieren, Veränderungen zu übersehen. Werden beim Abtasten der verschiedenen Bereiche orale Läsionen festgestellt, können im Verdachtsfalls potenziell bösartige Veränderungen mittels Biopsie von Mundschleimhauterkrankungen mit gutartiger Ursache unterschieden werden.
Untersuchung von Speichel-Biomarkern zur Früherkennung
In der klinischen Praxis nutzen Zahnärzte zur Identifikation von Schleimhautanomalien in Mund und Rachen auch Technologien der oralen Zytologie. Autofluoreszenz etwa basiert auf veränderten Wechselwirkungen von Licht mit Epithel und Stroma aufgrund von Veränderungen in Struktur und Stoffwechsel. Bei der Chemilumineszenz-Technologie kommt eine Mundspülung mit einprozentiger Essigsäurelösung zum Einsatz, bevor die Mundschleimhaut unter diffusem, chemilumineszentem, blauweißem Licht betrachtet wird. Abnorme Zellen der Schleimhaut absorbieren dieses Licht anders als gesunde Zellen. Bei der Toluidinblau-Färbung kommt ein vitaler Farbstoff zur Identifikation von Schleimhautanomalien in Mund und Rachen zum Einsatz.Eine zunehmende Rolle spielt zudem die Untersuchung von Speichel-Biomarkern. Sie basiert darauf, dass Körperflüssigkeiten wie Speichel Veränderungen in der microRNA anzeigen, die mit Plattenepithelkarzinomen assoziiert sind. Nichtinvasive Speicheltests stehen bereits kurz vor der Markteinführung. Sie können Zahnärzte künftig bei der Früherkennung unterstützen. Der Patient bekommt damit in kürzester Zeit Informationen zu einer ersten Inzidenz – ein wichtiger Schritt für die Verbesserung der Überlebensraten bei Mundhöhlenkrebs.