Unabhängig vom gewählten Implantationskonzept sind stabile und gesunde Hart- und Weichgewebeverhältnisse essenzielle Grundvoraussetzungen für die periimplantäre Gesundheit der Patientin/des Patienten und den Langzeiterfolg des inserierten Implantats. Ist ein Implantat nicht vollständig von Knochen und Weichgewebe umschlossen, ist eine funktionell und ästhetisch befriedigende Versorgung des Patienten nicht möglich.
Komplikationen wie Entzündungen, Rezessionen an Implantaten und auch die Ausbildung einer Periimplantitis können zum Implantatverlust führen. Durch die Wahl der situationsbedingten Implantationsstrategie und des entsprechenden Augmentationskonzeptes in Kombination mit den etablierten Geistlich Biomaterialien lassen sich gut vorhersagbare Behandlungsergebnisse erzielen.
Abhängig von der Defektlage und -größe können unterschiedliche Augmentationstechniken angewendet werden, die alle das Ziel langzeitstabiler Hart- und Weichgewebeverhältnisse verfolgen:
- Spaltauffüllung/„Fill the gap“ während der Implantation
- Materialanlagerung direkt an Implantaten
- Guided Bone Regeneration (GBR)
- Stabilized Bone Regeneration (SBR) mit Schirmschrauben
Periimplantäre Erkrankungen erkennen und therapieren
Doch was passiert, wenn es zu (Spät-)Komplikationen kommt und sich periimplantäre Entzündungen abzeichnen? Durch eine schnelle und zuverlässige Diagnose können Sie gegebenenfalls eine Mukositis oder eine Periimplantitis rechtzeitig erkennen und entsprechend handeln. Die Prävalenz der periimplantären Mukositis wird neueren Übersichtsarbeiten zufolge auf ca. 43 Prozent geschätzt, wohingegen die Periimplantitis ca. 22 Prozent der Implantatpatienten zu betreffen scheint.1
Da nicht rechtzeitig diagnostizierte und behandelte periimplantäre Entzündungen langfristig zum Implantatverlust führen können, kommt auf den Behandler schon mit der korrekten Diagnostik eine wichtige Aufgabe zu. Inwieweit lassen sich periimplantäre Entzündungen unterscheiden und wie könnten entsprechende rekonstruktive und gegebenenfalls auch regenerative Therapieansätze aussehen?
2017 wurde die periimplantäre Gesundheit, Mukositis und Periimplantitis neu klassifiziert (Tab. 1).2 Während die periimplantäre Mukositis visuelle Zeichen einer Entzündung – meist plaquebedingt – zeigt und BOP aufweist, werden der Periimplantitis noch weitere ergänzende Merkmale wie fortschreitender Knochenverlust und ein nichtlinearer und beschleunigter Krankheitsverlauf zugewiesen.2
Lokale Risikofaktoren, wie die Fehlpositionierung eines Implantats, fehlende keratinisierte Mukosa, die Schnittführung bei der Implantation sowie andere patientenspezifische Risikofaktoren scheinen für die Entstehung periimplantärer Entzüngungen mit verantwortlich zu sein. Maßgeblich werden aber als Hauptursache für die periimplantären Gewebeschädigungen inflammatorische Prozesse durch die Biofilmbildungen gesehen.
Implantaterhalt und Re-Osseointegration
Ist eine langfristig erfolgreiche Periimplantitis-Therapie mit einer Re-Osseointegration des Implantats Ziel der Therapie, lässt sich dies nur mit einer vollständigen Eliminierung des Biofilms beziehungsweise der Dekontamination der Implantatoberfläche erreichen.
Lässt sich eine Re-Osseointegration des erkrankten Implantats mangels vollständiger Elimination des Biofilms durch die angewandte Methode nicht erreichen, kann – im Sinne einer Rekonstruktion – das Implantat dennoch in situ gehalten werden. Das Therapieziel „Implantaterhalt“ geht mit stabilen Hart- und Weichgewebeverhältnissen einher. Wie langfristig erfolgreich diese rekonstruierte Situation anhält, ist aus der wissenschaftlichen Literatur noch nicht klar ersichtlich.
Als Spezialist für das Thema Geweberegeneration begleitet Geistlich Biomaterials mit seiner Expertise seit 2010 den Deutschen Zahnärztetag als Premium Partner. Im Netzwerk der Kompetenzen vertritt das Unternehmen den Kompetenzbereich „Regeneratives Gewebemanagement“. Auch in diesem Jahr unterstützt Geistlich den online durchgeführten Wissenschaftlichen Kongress des Deutschen Zahnärztetags mit dem Thema „Herausforderungen“ am 5. und 6. November 2021 und wird im Programm am Freitagnachmittag mit einem eigenen Vortrag von Dr. Dr. Markus Tröltzsch und Dr. Thomas Braun vertreten sein.
Ein Porträt des Unternehmens lesen Sie hier: „Regenerative Medizin für mehr Lebensqualität“. Mehr Informationen über die Konzepte zur Prävention und Therapie von Periimplantitis gibt es auf der Webseite von Geistlich Biomaterials:
Implantaterhalt durch chirurgisch-resektive Maßnahmen
Ist eine Periimplantitis-Therapie unter Anwendung regenerativer Maßnahmen aufgrund defektspezifischer Faktoren (Defektanatomie, fehlpositioniertes Implantat) oder auch patientenspezifischer Faktoren (allgemeinmedizinische Einflüsse) kontraindiziert, stehen dem Behandler noch die chirurgisch-resektiven Therapiemethoden zur Verfügung.
Beim resektiven Therapieansatz wird das periimplantäre Weichgewebe mit dem Ziel der „Taschenelimination“ auf das Niveau des knöchernen Defektes verlagert.3 Neben der Weichteilexzision unter Erhalt von marginal mindestens drei Millimeter keratinisierter Mukosa können die Osteotomie zur Schaffung einer positiven Knochenarchitektur sowie die Implantatplastik, das heißt eine Glättung der rauen Implantatoberfläche mit rotierenden Instrumenten, indiziert sein kann. Die Implantatplastik wird an dem später in die Mundhöhle exponierten Anteil durchgeführt, um dort eine erneute bakterielle Adhäsion zu verringern, die Reinigbarkeit zu optimieren und somit einer erneuten Periimplantitis vorzubeugen.4
Explantation: Eine Explantation sollte bei vorliegender Implantatlockerung, nicht behebbaren technischen Komplikationen, komplexen Implantatdesigns (zumBeispiel Hohlzylinder), Therapieresistenz oder Übergreifen der Infektion auf anatomische Nachbarstrukturen erfolgen.5
Rekonstruktion mit Geistlich Bio-Oss® und Bio-Gide®
Untersuchungen von Schwarz et al. haben ergeben, dass periimplantäre Defekte, die nach Reinigung durch Plastikküretten und steriler Kochsalzlösung sowie anschließender Augmentation mit Geistlich Bio-Oss® und Geistlich Bio-Gide® bezüglich der Sondierungstiefe, des klinischen Attachment-Levels sowie des BOP über einen Beobachtungszeitraum von zwei Jahren nach Augmentation stabile und deutlich bessere Werte aufwiesen als vor dem Eingriff.6,7
Unterschiedliche Studien weisen darauf hin, dass bei der Anwendung augmentativer Verfahren zur Defektauffüllung intraossärer Läsionen, die Verwendung boviner Knochenersatzmaterialien mit einer Membran, zu besseren klinischen Resultaten führen als autogene Materialien oder alloplastische Augmentate ohne Barrieremembran.7,8
Die Verwendung von bovinem Knochenersatzmaterial in Kombination mit 10 Prozent Kollagen, wie Geistlich Bio-Oss® Collagen, bietet die Option, komplexere Defekte durch die stabilisierende Eigenschaft des Kollagens zu versorgen. Untersuchungen von Roccuzzo et al. konnten zeigen, dass bei Defekten der Klasse 1 (nach Schwarz et al. 2007) die Möglichkeit besteht, Periimplantitis-Läsionen erfolgreich mit der Verwendung von Geistlich Bio-Oss® Collagen zu behandeln. Die Ein-Jahres-Daten zeigen, dass die Sondierungstiefe um drei Millimeter und die BOP-Werte um mehr als 70 Prozent reduziert wurden.9
Literatur
[1] Stein J M, Kämmerer P W. Periimplantäre Entzündungen – die Herausforderung unserer Zeit?. wissen kompakt 14, 1–2 (2020). (editorial)
[2] Berglundh T et al. Peri-implant diseases and conditions: Consensus report of workgroup 4 of the 2017 World Workshop on the Classification of Periodontal and Peri-Implant Diseases and Conditions. Journal of periodontology vol. 89 Suppl 1 (2018): S313–S318. (consensus report)
[3] Romeo E et al. Therapy of peri-implantitis with resective surgery. A 3-year clinical trial on rough screw-shaped oral implants. Part I: clinical outcome. Clinical oral implants research vol. 16,1 (2005): 9–18. (clinical case study)
[4] Meier R M et al. Surface quality after implantoplasty. Schweizer Monatsschrift für Zahnmedizin vol. 122,9 (2012): 714–24. (material scientific study)
[5] Schwarz F, Becker L, AWMF. S3-Leitlinie: Die Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten.AWMF (2016). (Leitlinie)
[6] Schwarz F et al. Healing of intrabony peri-implantitis defects following application of a nanocrystalline hydroxyapatite (Ostim) or a bovine-derived xenograft (Bio-Oss) in combination with a collagen membrane (Bio-Gide). A case series. Journal of clinical periodontology vol. 33,7 (2006): 491–9. (clinical case series)
[7] Schwarz F et al. Two-year clinical results following treatment of peri-implantitis lesions using a nanocrystalline hydroxyapatite or a natural bone mineral in combination with a collagen embrane. Journal of clinical periodontology vol. 35,1 (2008): 80–7. (clinical case series)
[8] Aghazadeh A et al. A single-centre randomized controlled clinical trial on the adjunct treatment of intra-bony defects with autogenous bone or a xenograft: results after 12 months. Journal of clinical periodontology vol. 39,7 (2012): 666–73. (clinical case study)
[9] Roccuzzo M et al. Surgical therapy of single peri-implantitis intrabony defects, by means of deproteinized bovine bone mineral with 10Prozent collagen. Journal of clinical periodontology vol. 43,3 (2016): 311-8. (clinical study)