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Prävention hört nicht mit der Diagnose auf – Definition, Einteilung und Anwendung in der parodontologischen Praxis

Häusliche interdentale Plaquekontrolle als Beispiel für primäre parodontale Prävention.

Prof. Dr. A. Rainer Jordan MSc

In der Mitte des 19. Jahrhunderts entstand die Subdisziplin der Sozialmedizin. Industrialisierung und Bevölkerungswachstum hatten massenhaft ähnliche Arbeits- und Lebensbedingungen geschaffen. Unter den Menschen, die unter diesen Voraussetzungen arbeiteten und lebten, grassierten (Volks-)Krankheiten. Es ist das Verdienst der Sozialmedizin, eben diese Lebens- und Arbeitsbedingungen für das ätiopathogenetische Verständnis vieler Erkrankungen verstärkt ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt zu haben. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Erkenntnisse verdichtet, dass unzureichende hygienische Lebensbedingungen und belastende Arbeitsbedingungen zu den beeinflussenden Faktoren einer eingeschränkten Lebensqualität und sogar Lebensdauer zählen. Vor dem Hintergrund dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse und dem Diskurs über (soziale) Hygiene und (Volks-)Gesundheit wurde der Begriff der „Krankheitsprävention“ eingeführt, heute meist verkürzt Prävention genannt.

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Der Begriff Prävention leitet sich vom Lateinischen (praevenire = zuvorkommen) ab. Aus dem Griechischen konkurriert der Begriff der Prophy­laxe (prophylaxis = von vornherein ausschließen). Vor allem in der Zahnmedizin wird der Begriff der Prävention vornehmlich für das Fachgebiet benutzt, während der Begriff Prophylaxe meist für konkrete, diesbezügliche Tätigkeiten (zum Beispiel Indivi­dual­prophylaxe) verwendet wird.

Dieser Aufsatz hat zum Ziel, auf Probleme bei der Verwendung des Präventionsbegriffs hinzuweisen und ihn für die Anwendung in der Parodontologie zu schärfen. Dies erfolgt in den drei folgenden Abschnitten: Der erste Abschnitt untersucht den Begriff der Prävention grundlegend und geht auf seine unterschiedlichen Implikationen ein. Der folgende Abschnitt thematisiert gängige Probleme, die allgemein im Umfeld von Präventionsmaßnahmen auftreten. Der letzte Abschnitt widmet sich der Anwendung des Präventionsbegriffs eingedenk seiner Probleme auf die Parodontologie.

Der Begriff der Prävention

Begriffliche Klärungen sind unersetzlich für konzeptuelles Arbeiten. Nichtsdestoweniger ist das Definieren und Analysieren von Begriffen kein Selbstzweck und erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn damit ein Erkenntnisgewinn verbunden ist. Bevor jedoch auf ihre Probleme eingegangen werden kann, sind die Begriffe zunächst einzuführen. Der Abschnitt beginnt mit der wohl bekanntesten Einteilung von Präventionsmaßnahmen.

Primär- bis Quartärprävention

Aufgrund der historischen Entwicklung im Zusammenhang mit der Industrialisierung orientierte sich Prävention lange Zeit am biomedizinisch-naturwissenschaftlichen Krankheitsmodell mit der Ausrichtung an Risikofaktoren und der Pathogenese, auf deren Vermeidung Prävention ursprünglich fokussierte. Das Ziel der Reduktion von Neuerkrankungen (Inzidenzen) fassen wir heute unter Primärprävention beziehungsweise im Falle der Vermeidung von Risikofaktoren als Primordialprävention zusammen.

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts setzte sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass sich viele Krankheiten meist nicht einfach mechanistisch durch eine Elimination bekannter Risikofaktoren verhindern lassen und Risikofaktoren oft nicht paternalistisch eliminierbar sind. Daraufhin erfolgte eine Ausdifferenzierung der Präventionsidee entlang der Progredienz beziehungsweise der Zeitachse der Erkrankungen1. Damit wurde Prävention auch in Richtung biopsychosoziales Krankheitsmodell und Salutogenese geöffnet2. In diesem Zusammenhang fand auch der Begriff der Gesundheits­förderung Eingang in den Public-Health-Diskurs (vergleiche die Ottawa-Charta der Weltgesundheit­sorganisation, WHO3). Auch wenn die Differenzierung zwischen Prävention und Gesundheitsförderung auch im hiesigen Kontext ihre Berechtigung hat, so werden beide Begriffe beispielsweise im angelsächsischen Sprachraum oft synonym verwendet oder zumindest ohne Abgrenzung im gleichen Atemzug genannt4,5. Aus Platzgründen beschränken wir uns hier auf den Begriff der Prävention und müssen eine umfassendere Berücksichtigung von salutogenetischen Einsichten vorerst schuldig bleiben.

Um die verschiedenen Stufen von Prävention besser nachvollziehen zu können, kann es hilfreich sein, zwischen der subjektiven Wahrnehmung der präventionsadressierten Person mit ihrer wahrgenommenen Gesundheitsstörung auf der einen Seite und der professionellen Diagnostik einer Krankheit auf der anderen Seite zu unterscheiden. Das Englische bietet hierfür zwei Begriffe: den
der „disease“ für eine Krankheit gemäß schulmedizinischer Definition mit festgelegten Diagnosekriterien und den der „illness“ für eine Krankheit gemäß dem subjektiven Empfinden des Betroffenen. Fühlt sich ein Mensch krank und geht daraufhin zum Arzt, ließe sich dies vereinfacht umschreiben als „a patient enters the clinic with an illness and leaves with a disease“6. Die gängige Klassifikation kann so folgendermaßen charakterisiert werden:

Abb. 1  Impfungen als Beispiel für primäre Prävention.
Abb. 1  Impfungen als Beispiel für primäre Prävention.
Bildquelle: Andreas Morlok; pixelio.de

Primäre Prävention (Vorsorge)

Ziel: Verringerung der Inzidenz von Krankheiten

Bedingung:

  • subjektiv: keine wahrgenommene Gesundheitsstörung vorhanden (no illness)
  • professionell: keine Krankheit (Diagnose) vorhanden (no disease)


Zeitpunkt: vor Eintritt einer Krankheit

Adressaten: Gesunde

Einfaches Beispiel: Impfung (Abb. 1)

Als Sonderfall der Primärprävention kann die primordiale Prävention angesehen werden, in der es speziell darum geht, dem Auftreten von Risikofaktoren vorzubeugen.

Abb. 2 Screening-Untersuchung als Beispiel für sekun­däre Prä­vention.
Abb. 2 Screening-Untersuchung als Beispiel für sekun­däre Prä­vention.
Bildquelle: Rainer Sturm; pixelio.de

Sekundäre Prävention (Früherkennung und Frühbehandlung)

Ziel: Senkung der Prävalenz von Krankheiten

Bedingung:

  • subjektiv: keine wahrgenommene Gesundheitsstörung vorhanden (no illness)
  • professionell: Krankheit wird (durch Diagnose) entdeckt (disease)

Zeitpunkt: im (zunächst unbemerkten) Frühstadium einer Krankheit

Adressaten: Klienten, (die sich zwar gesund/symptomlos fühlen) die durch diagnostische Maßnahmen (zum Beispiel Früherkennung durch Screening) zu Patienten werden

Einfaches Beispiel: Screening (Abb. 2)

Problematisch im Sinne einer überschneidungsfreien Abgrenzung wird die Idee der tertiären Prävention, die erst dann einsetzt, wenn die Krankheit bereits manifest ist, und der man insofern nicht mehr zuvorkommen (praevenire) kann. Eine exakte Differenzierung zwischen tertiärer Prävention, Therapie und Palliation erscheint nicht immer trennscharf möglich und damit ist auch der Nutzen des Begriffs an sich fraglich7. Dies gilt auch für die Abgrenzung zur Sekundärprävention (siehe unten das Beispiel der unterstützenden Parodontitis-Therapie [UPT] unter dem Abschnitt „Der parodontale Präventionsweg“). Bei Differenzierung der Bedingungen für die einzelnen Präventionsstufen zwischen subjektiver Krankheitswahrnehmung und professioneller Krankheitsdiagnose fällt die Abgrenzung – zumindest in Richtung Sekundärprävention – jedoch leichter.

Abb. 3  Reha-Sport als Beispiel für tertiäre Prävention.
Abb. 3  Reha-Sport als Beispiel für tertiäre Prävention.
Bildquelle: SilviaJansen; iStockphoto.com

Tertiäre Prävention (Nachsorge)

Ziel: Verhinderung von Folgeschäden von Krankheiten oder des Wiederauftretens von Krankheiten

Bedingung:

  • subjektiv: wahrgenommene Gesundheits­störung vorhanden (illness)
  • professionell: Krankheit manifest (bereits diagnostiziert und therapiert; disease)

Zeitpunkt: nach Manifestation und/oder (Akut-)Therapie der Krankheit

Adressaten: Patienten

Einfaches Beispiel: Rehabilitation (Abb. 3)

Die Entwicklung der Versorgungsforschung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts widmet sich schließlich den tatsächlichen Zuständen und (Therapie-)Ergebnissen in der Patientenversorgung und löst sich von dem Gedanken, aus in der Realität nicht vorkommenden Forschungssettings auf den Versorgungsalltag zu schließen. Damit kamen zwangsläufig auch Fragen der Über-, Unter- und Fehlversorgung aufs kritische Tableau der Wissenschaft. In diesem Sinne kann der Gedanke der quartären Prävention verstanden werden8, der sich auf das grundlegende hippokratische Prinzip des „primum nil nocere“ rückbesinnt: Denkt man die Unterscheidung von „illness“ und „disease“ konsequent weiter, komplettiert die quartäre Prävention eine Präventions-Vierfeldertafel (Abb. 4): Die quartäre Prävention ist auf der Zeitachse nach der tertiären Prävention zu verorten und besteht in der Verhinderung von medizinisch unnötigen Maßnahmen als Ergebnis einer übertriebenen Behandlung oder Nachsorge. Wird bei der medizinischen Versorgung einer Erkrankung über das Ziel hinausgeschossen, handelt es sich um Überversorgung – Beispiele wären entweder eine Therapie mit erheblichen Nebenwirkungen und fragwürdigem Nutzen oder auch eine den Bedarf übertreffende Arztdichte in einer Region. Dehnt sich die medizinische Versorgung hingegen auf einen Bereich aus, auf den sie sich vormals nicht erstreckte, spricht man von Medikalisierung – als Beispiel kann hier die immer umfassendere medizinische Betreuung von Schwangeren dienen. Auch in der Zahnmedizin lassen sich hierfür Beispiele finden: Wurzelkaries, ästhetische zahnärztliche Dienstleistungen wie Zahnaufhellung, Lückenschluss durch Brücke bei stabilem Zahnstand, angesichts der klinischen Situation in der Mundhöhle zu hohe Frequenz an Zahnarztbesuchen. Maßnahmen, die die Vermeidung dieser Formen von Überdiagnostik und -therapie zum Ziel haben und somit der quartären Prävention zugeordnet werden könnten, sind bislang ungleich schwerer zu finden. Im weiteren Sinne könnten zahnmedizinische Leitlinien als solche Maßnahmen aufgefasst werden: Sie geben vor, welche Behandlungsschritte bei einer gegebenen Erkrankung aus wissenschaftlich-medizinischer Sicht angemessen sind – und lassen unangemessene Maßnahmen außen vor.

Quartäre Prävention (Folgenvorsorge)

Ziel: Vermeidung von Überdiagnostik und Übertherapie von Krankheiten

Bedingung:

  • subjektiv: wahrgenommene Gesundheits­störung vorhanden (illness)
  • professionell: keine rechtfertigende In­dikation vorhanden bzw. keine Folge­erkrankung vorhanden (no disease)

Zeitpunkt: vor Eintritt einer Folgeerkrankung

Adressaten: Patienten

Einfaches Beispiel: eine Leitlinie, die Übertherapie zumindest erschwert

Abb. 4 Vierfeldertafel zur Einsortierung der quartären Prävention (in den blauen Feldern ist der Kontakt mit medizinischem Fachpersonal notwendig) (modifiziert nach Jamoulle [8]).
Abb. 4 Vierfeldertafel zur Einsortierung der quartären Prävention (in den blauen Feldern ist der Kontakt mit medizinischem Fachpersonal notwendig) (modifiziert nach Jamoulle [8]).

 

Weitere Gliederungsmöglichkeiten von Präventionsmaßnahmen

Prävention kann auch entlang von Zielgruppen klassifiziert werden:

  • universale Prävention richtet sich auf die Gesamt­bevölkerung mit dem Ziel allgemeiner Prophylaxe;
  • selektive Prävention richtet sich auf Risikogruppen mit speziellen Risikofaktoren;
  • indizierte Prävention richtet sich an Hoch­risikogruppen, die bereits Vorstufen der Erkrankung aufweisen.

Es sind zwei grundsätzliche Ansätze zu unterscheiden: Maßnahmen der Verhaltensprävention und Maßnahmen der Verhältnisprävention. Die Verhaltensprävention bezieht sich unmittelbar auf den einzelnen Menschen und dessen individuelles Gesundheitsverhalten. Die Verhältnisprävention hingegen berücksichtigt unter anderem die Lebens- und Arbeitsverhältnisse. Dazu zählen beispielsweise die Wohnumgebung und auch andere Faktoren, welche die Gesundheit beeinflussen können, so etwa das Einkommen und die Bildung. Die Einführung der Anschnallpflicht für Autofahrer in Deutschland im Jahr 1984 ist ein Beispiel für Verhaltensprävention, wohingegen die Ausstattung eines Autos mit Airbags eine Maßnahme der Verhältnisprävention darstellt: In einem Fall wird der Anwender zu einem konkreten Verhalten angehalten, im anderen Fall verändern sich die Umgebungsverhältnisse des Autofahrers ohne sein eigenes Zutun.

Methodisch kann man unterschiedliche Wege beschreiten, eine Präventionsmaßnahme auszugestalten. Entsprechend ihrer Vorgehensweise lassen sich unterscheiden9:

  • edukative Verfahren – hierbei können psycho-edukative Verfahren, die eine Änderung des Verhaltens bewirken sollen, unterschieden werden von sozio-edukativen Verfahren, die auf Änderungen der (Lebens-)Verhältnisse abziel­en;
  • normativ-regulatorische Maßnahmen zielen durch Gebote und Verbote auf eine individuelle Verhaltensänderung ab und sollen dadurch gleichzeitig die gesellschaftlichen Verhältnisse beeinflussen;
  • ökonomische Anreiz- und Bestrafungssysteme mit ähnlicher Ausrichtung wie normativ-regulatorische Maßnahmen.

Probleme im Zusammenhang mit Prävention

Komplexe Konzepte wie das der Prävention bringen es mit sich, dass sie an sich verändernde Umstände angepasst werden müssen. Zudem kann ihre praktische Umsetzung unerwünschte Folgen zeitigen, die zu berücksichtigen sind. Oder die Anwendung auf einen neuen Kontext wirft Widersprüche auf, die für eine reibungslose Implementierung der Maßnahmen aufgelöst werden sollten.

Abb. 5 Erwartete kumulative Parodontitis-Fälle in Deutschland (in Millionen) bis 2030.
Abb. 5 Erwartete kumulative Parodontitis-Fälle in Deutschland (in Millionen) bis 2030.

„Den Risikofaktoren flussaufwärts das Wasser abgraben“

Aus der aktuellen Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V) ist bekannt, dass die beiden chronischen Haupterkrankungen in der Zahnmedizin, Karies und Parodontitis, einem generellen Trend der Morbiditätskompression unterliegen10,11. Seit mehreren Jahrzehnten verschiebt sich die Initiation parodontaler Erkrankungsfälle im Lebens­bogen weiter nach hinten12 (Abb. 5). Bedingt durch den demografischen Wandel, der mit einer weiter steigenden Lebenserwartung genauso verbunden ist wie mit der Zunahme multimorbider Menschen, die länger krank sind, ist mit einer weiteren Verstärkung der Morbiditätskompression in der Zahnmedizin zu rechnen, sodass sich die Therapiebedarfe auch zukünftig zeitlich weiter nach hinten verschieben werden und die Prä­ventionsspanne entsprechend länger wird. Durch den erheblichen medizinischen Fortschritt kommt es außerdem zu einem grundlegenden Krankheitswandel, der durch weniger vermeidbare beziehungsweise heilbare Infektionskrankheiten cha­rakterisiert ist und stattdessen mehr chronisch-degenerative Erkrankungen mit sich bringt13. Sie sind zwar häufig nicht heilbar, dafür aber oftmals verhaltensbedingt und beeinflusst über Ernährung (Übergewicht), Lebensstil (Sport, Alkohol, Rauchen) und Arbeitsbedingungen (langes Sitzen, schwere körperliche Tätigkeit). Diese Voraussetzungen prädestinieren für sogenannte Upstream-Präventionsmaßnahmen, die hier versprechen, effizienter zu sein, weil sie früher einsetzen und weniger aufwändige Maßnahmen umfassen als die zu einem späteren Zeitpunkt ansetzenden Kurations- und Therapiemaßnahmen oder gar Palliationsmaßnahmen mit deutlich höherem Ressourcenaufwand.

„Wer hat, dem wird gegeben“

Allerdings unterliegt Prävention häufig auch sogenannten Matthäus-Effekten (angelehnt an „Wer hat, dem wird gegeben“ Mt 25,29). Im Allgemeinen bezeichnet man eine Wirkung dann als Matthäus-Effekt, wenn eine bereits privilegierte Personengruppe durch eine Intervention noch mehr begünstigt wird, während die weniger Privilegierten von der Intervention auch weniger profitieren. Zum einen liegt ein Matthäus-Effekt vor, wenn die Konzentration auf Kuration und Therapie vor allem denjenigen mit leichtem Zugang zum Versorgungssystem hilft. Dies liegt darin begründet, dass es strukturell eher re-aktiv aufgebaut ist und weniger pro-aktiv: Das Versorgungssystem geht eher auf den Adressaten ein (Komm-Struktur des Gesundheitssystems) und es geht weniger auf den Adressaten zu. Zum anderen kommt es zu Matthäus-Effekten, wenn Menschen mit höherem sozioökonomischem Status im Allgemeinen am meisten von Präventionsmaßnahmen profitieren. Letzterer Umstand wird auch als Präventions­dilemma bezeichnet14. Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen können aber auch bereits auf begrifflicher Ebene beginnen.

Eine Frage der Perspektive I: Bluthochdruck

Die Beurteilung einer Maßnahme als Primär-, Sekundär- oder Tertiärprävention ist nicht immer zweifelsfrei möglich und die Zuordnung sorgt regelmäßig für Diskussionen, denn sie ist stets abhängig von der (willkürlich) gewählten Perspektive auf die gegebene Maßnahme. Besondere Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung sekundärer Präventionsmaßnahmen von Maßnahmen sowohl der primären Prävention als auch der tertiären Prävention15. Das Problem beginnt allerdings bereits früher, nämlich in der Unterscheidung von Risikofaktoren und Krankheiten: So muss für jede Fragestellung gesondert definiert werden, ob Bluthochdruck (bei ansonsten gesunden Per­sonen) als Risikofaktor anzusehen ist (zum Beispiel für koronare Herzkrankheit) oder bereits eine eigene Erkrankung darstellt. Erst danach können Maßnahmen zur Eindämmung des Bluthochdrucks als primäre oder sekundäre Prävention klassifiziert werden. Interessiert man sich für die koronare Herzkrankheit und geht davon aus, dass Bluthochdruck bei ansonsten gesunden Personen lediglich einen Risikofaktor für diese Zielerkrankung darstellt, wären entsprechende Präventionsmaßnahmen primärer oder sogar primordialer Natur. Gelangt man hingegen zu der Einschätzung, dass Bluthochdruck im Rahmen einer anderen Fragestellung bereits eine eigene Erkrankung darstellt, und man beabsichtigt, mit Hilfe

Reference: Parodontologie Prävention und Prophylaxe

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