Eine neue globale Klassifikation parodontaler Erkrankungen, erstmals unter Berücksichtigung periimplantärer Erkrankungen und ihrer Bedingungen, wurde am 21. Juni anlässlich der EuroPerio9 in Amsterdam vorgestellt. Die neue, umfassende Klassifikation wurde auf Basis aktueller Erkenntnisse entwickelt und ist das Ergebnis eines Workshops der American Academy of Periodontology und der European Federation of Periodontology (EFP) im November 2017 in Chicago. Erstmals werden nun auch periimplantäre Erkrankungen berücksichtigt und entsprechend der klinischen Phänotypen periimplantäre Gesundheit, periimplantäre Mukositis und Periimplantitis klassifiziert.
Die Klassifikation beinhaltet die Einteilung der Krankheit in Stufen und Grade je nach Schwere und Ausmaß der Erkrankung und berücksichtigt die bisherigen Krankheitserfahrungen, Risikofaktoren und den allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten. Die komplette Klassifikation wurde am 21. Juni gleichzeitig in den Fachjournalen Journal of Clinical Periodontology (EFP) und im Journal of Periodontology (AAP) publiziert und ist auf der Internetseite der EFP öffentlich zugänglich.
Mehr als 100 Experten beteiligt
„Es war ein gewaltiges Unterfangen, aber nötig, um eine gemeinsame Sprache für die klinische Versorgung, Forschung und Ausbildung zu etablieren. Darüber hinaus wurde mit dem Update der Klassifikation von 1999 dem rasanten Fortschritt wissenschaftlicher Erkenntnisse in Parodontologie und Implantologie Rechnung getragen“, so Prof. Iain Chapple, Generalsekretär der EFP und neben Brian Mealey Vorsitzender der Gruppe 1 des Chicagoer Workshops.
Mehr als 100 Experten aus Europa, Amerika, Australien und Asien werteten die Fachliteratur der vergangenen Jahre bis heute aus, um einen gemeinsame Konsens zu schaffen, der Standards für die Behandlung der Parodontitis weltweit ermöglicht.
Einteilung in Stufen und Grade
In der neuen Klassifikation, die sich an den bei der WHO üblichen Klassifikationen zum Beispiel von Krebserkrankungen orientiert, wird erstmals die klinische Mundgesundheit definiert. Parodontitis wird in vier Stadien (Stadium 1 bis 4) eingeteilt. Risiko und Geschwindigkeit des Krankheitsverlaufs wurden in drei Grade (I bis III) kategorisiert. Die Grade berücksichtigen Risikofaktoren wie Rauchgewohnheiten oder Begleiterkrankungen wie Diabetes.
Globaler Ansatz für Diagnose und Behandlung
„Die neue Klassifikation soll einen globalen Ansatz für Diagnose und Behandlung bieten und letztlich Lage unserer Patienten verbessern“, erklärt Chapple. „Die nächsten Schritte beinhalten die sorgfältige Unterweisung des Prophylaxeteams. Die Klassifikation mag auf den ersten Blick komplex erscheinen, tatsächlich ist sie sehr pragmatisch“, so Chapple.
Am 22. Juni wurde die neue Klassifikation dann auch in einer sehr gut besuchten Session unter der Leitung von Prof. Kenneth Kornman und Prof. Mauricio Tonetti auf der EuroPerio9 in Amsterdam vorgestellt. Die Chairmen der vier in Chicago gebildeten Workshops präsentierten ihre Themen, die sie im vergangenen Jahr in Chicago erarbeiteten, und zeigten, wie diese Erkenntnisse in die neue Klassifikation eingebaut wurden. Prof. Iain Chapples Gruppe befasste sich mit Gingivitis und Gesundheit, Prof. Mario Sanz und Prof. Petros Papapanou erläuterten in Theorie und Praxis die Einstufung der Parodontitis, Prof. Søren Jepsens Gruppe mit den kritischen Faktoren für die Parodontitis und Prof. Tord Berglundh die erstmals erarbeiteten Kriterien für die Periimplantitis.
Ergebnisse der Workshopgruppen
Alle vier Arbeitsgruppen hatten in intensiver Arbeit und Diskussion der Arbeitspapiere die jeweils entscheidenden Fragen zu ihrem Thema in der Literatur analysiert, sodass für die Zahnärzte jetzt aktuelle und wissenschaftlich bestmöglich fundierte Ergebnisse zur Verfügung stehen. Der große Vorteil der neuen Klassifikation ist, dass künftige Erkenntnisse gut eingebaut werden können und die praktische Anwendung wesentlich klarer ist als bisher. „Die neue Klassifikation wird von uns allen zunächst ein Umdenken verlangen. Aber sie alle werden schnell feststellen, dass sie in der Praxis für Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle wesentlich einfacher zu handhaben ist“ – das war der einheitliche Tenor aller Referenten. Aber nicht nur für die Praxis, auch für die Forschung ist die neue Klassifikation wichtig – sie ermöglicht jetzt international vergleichbare, saubere und einheitliche Datenerhebungen in den so wichtigen epidemiologischen Studien.