Die kieferorthopädische Therapie mit Alignern ist noch jung – vor gut 20 Jahren startete der erste Anbieter aus Amerika auf dem deutschen Markt. Seitdem hat sich die Behandlung mit den transparenten Schienen schnell in den kieferorthopädischen und auch zahnärztlichen Praxen etabliert, nicht zuletzt dank der Nachfrage der Patientinnen und Patienten. Aber die Aligner-Therapie ist anspruchsvoll und keinesfalls trivial. Das machten Dr. Julia Haubrich und Dr. Thomas Drechsler im Pressegespräch der Deutschen Gesellschaft für Aligner-Orthodontie (DGAO) vor dem 7. Wissenschaftlichen Kongresses für Aligner Orthodontie vom 18. bis 19. November 2022 in Köln deutlich.
Tagungspräsidentin Dr. Julia Haubrich und DGAO-Pressereferent Dr. Thomas Drechsler gewährten erste Einblicke in das wissenschaftliche Programm des DGAO-Kongresses, der dieses Jahr zum ersten Mal als hybride Veranstaltung angeboten wird. Beide stellten den ganz klar wissenschaftlichen Anspruch der DGAO und des Kongressprogramms heraus. Der Kongress werde daher auch ganz überwiegend von Fachzahnärzten für Kieferorthopädie und kieferorthopädisch fortgebildeten und erfahrenen Zahnärztinnen und Zahnärzten besucht, an die sich das Programm richte.
Internationale Referentinnen und Referenten
Thematisch nimmt der diesjährige Kongress die gesamte Aligner-Behandlung in den Fokus, und zwar buchstäblich „Von der Planung bis zum Ergebnis“. Das Themenspektrum der mehr als 25 international renommierten Referentinnen und Referenten reicht entsprechend von der Biomechanik über skelettale Verankerung, von In-Office-Alignersystemen über komplexe sowie interdisziplinäre Behandlungserfolge bis hin zur Frage, in welchem Alter mit einer Alignerbehandlung begonnen werden kann.
Komplexe Fälle auch mit Alignern behandelbar
Haubrich und Drechsler machten deutlich, dass es gerade Veranstaltungen wie der DGAO- Kongress seien, die immer wieder unter Beweis stellen, wie wichtig klinisches Know-how, eine fundierte wissenschaftliche Basis und nicht zuletzt das Wissen um biomechanische Prozesse in der Alignerbehandlung seien. Heute könnten auch komplexe Anomalien erfolgreich mit Alignern behandelt werden – wenn die Behandlung in den Händen ausgebildeter Fach-/Zahnärzte liegt. Damit grenze man sich deutlich ab gegenüber kommerziellen Aligner-Anbietern, die mit kurzen Behandlungszeiten, scheinbar einfacher Handhabung und einem günstigen Preis noch immer für Aufsehen und Unmut in der Branche sorgen.
„Es braucht Fachwissen und nicht selten das Zusammenspiel für eine erfolgreiche Behandlung, insbesondere komplexer Fälle“, betonte Haubrich in diesem Zusammenhang. Anders als beispielsweise in den USA, dem größten Alignermarkt, gehe es in Deutschland nicht hauptsächlich um Ästhetik, wie die Tagungspräsidentin erläutert. Vielmehr liege in Deutschland der Fokus auf der Funktion, was wiederum dazu führe, dass die meisten Behandlungen über das Geraderücken der „Social Six“ hinaus gingen. Aligner seien nach wie vor eine Alternative, ein Nischenprodukt in der KfO, so Drechsler. „Es ist nicht einfach. Es ist eine moderne Therapie und kein Geschäftsmodell“, stellte er heraus. Für ihren Einsatz sei eine medizinische Notwendigkeit erforderlich, und die Behandler müssten über eine entsprechende Fort- und Weiterbildung und die entsprechenden Kenntnisse verfügen, unterstrichen beide Experten.
Von der Frühbehandlung bis zur lebenslangen Retention
Auch bei der Frage nach dem geeigneten Einstiegsalter für eine Alignertherapie ließen sich Haubrich und Drechsler nicht zu einer pauschalen Aussage hinreißen. „Es kommt darauf an“, sagte Drechsler, der im Rahmen des Hauptkongresses „Frühbehandlungskonzepte mit Alignern“ vorstellen wird. Mittlerweile könne man Aligner – abhängig von der Art und Schwere der jeweiligen Anomalie – auch bei Kindern und Jugendlichen erfolgreich anwenden.
Haubrich und Drechsler machten im Gespräch auch deutlich, dass für eine kieferorthopädische Behandlung mit Alignern dieselben Nachsorge-Regeln gelten wie für jede andere kieferorthopädischen Behandlungsmethode. „Einem Zahn ist es egal, wie er bewegt wurde – entscheidend sind die Kräfte, die auf ihn einwirkten.“ Deshalb sei die Retentionsphase nach Alignerbehandlung („longlife Retention“) ebenso entscheidend zur Stabilisierung des Behandlungsergebnisses.
Spannend werde in diesem Zusammenhang auch der wissenschaftliche Rückblick auf 20 Jahre Aligner Orthodontie. Wie sich Behandlungsmethoden und -möglichkeiten in diesen zwei Jahrzehnten entwickelt haben, welche Rezidive möglicherweise entstanden (und warum) und welche Lehren daraus zu ziehen sind. Darüber hinaus dürfe man gespannt sein auf neue Studien, die die Professorinnen und Professoren unter den Speakern in ihren Vorträgen vorstellen und mit dem Plenum im Kölner Gürzenich diskutieren werden.
Gewinner des Förderpreises werden in Köln vorgestellt
Ebenfalls Teil des Kongresses ist die Verleihung des Wissenschaftspreises, den die DGAO alle zwei Jahre als Förderpreis für besondere Forschungsprojekte zum Thema Aligner-Kieferorthopädie auslobt. Diesmal seien sieben Bewerbungen eingegangen, aus denen eine dreiköpfige wissenschaftliche Kommission das diesjährige Preisträger-Team ausgewählt habe. Die Preisträger erhalten eine Förderung von 15.000 Euro mit der Maßgabe, ihre Studienergebnisse nach Abschluss des Projekts vorzustellen, wie Drechsler berichtete.
Anmeldung nach wie vor möglich – live in Köln oder online
Der 7. Wissenschaftliche Kongress für Aligner Orthodontie findet am 18. und 19. November im Kölner Gürzenich statt. Tickets für die Präsenzveranstaltung oder für die Online-Teilnahme sind auf der Kongresswebsite bis zum 17. November 2022 erhältlich. Für Kurzentschlossene besteht außerdem die Möglichkeit, sich – unter Inkaufnahme einer Servicegebühr – noch am Freitag vor Ort zu registrieren.