Im vergangenen Jahr machte die Corona-Pandemie ein Treffen unmöglich. In diesem Jahr kamen mit den „3 G“ und einem Antigen-Schnelltest für alle Teilnehmer und Mitwirkenden wieder Vertreter aus Industrie, Handel und Agenturen auf Einladung des Quintessenz Verlags Ende August coronakonform zum 21. Berliner Tisch zusammen.
Geboten wurden im Ressort am Schwielowsee nicht nur aktuelle Informationen aus dem Verlag – so zu „Quintessenz – das Magazin“, zum neuen Podcast „Dental Lab Inside“, zu Quintessence News und über nachhaltige Projekte und „Die Grüne Praxis“ –, sondern auch spannende Vorträge mit einem Blick über den dentalen Tellerrand hinaus. Den Auftakt machte Sandra Dumancic, Repräsentantin für Quintessence Publishing in Osteuropa, die einen Überblick über die Situation der Zahnärzte und Zahntechniker in Ländern wie Tschechien, Ungarn, der Slowakei und Rumänien vermittelte. Auch dort ist der Verlag mit Publikationen in Landessprachen und Veranstaltungen aktiv. So wird noch in diesem Jahr eine rumänische Ausgabe der „Quintessenz Zahnmedizin“ erscheinen.
Bemerkenswert sei, so Dumancic, der starke Anstieg der Zahnärzte-Zahlen in Rumänien von 2013 auf 2018. Insgesamt liegen die Zahlen der praktizierenden Zahnärzte je 100.000 Einwohner aber unter der Zahl in Deutschland. Ungarn, Tschechien und Rumänien bieten zudem an ihren Universitäten nicht nur Zahnmedizin-Studiengänge in der Landessprache, sondern auch in englischer Sprache an – ein Angebot, dass sowohl von Studienwilligen aus der EU, als auch aus den jeweiligen Ländern intensiv genutzt wird.
Nachwuchs für das Land gewinnen
Mit der Situation der Zahnärzteschaft in Deutschland, insbesondere den Wünschen der jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte und der Niederlassungsbereitschaft, befasste sich Dr. Romy Ermler, Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer, in ihrem Vortrag. Ermler, als Zahnärztin in Potsdam niedergelassen und im Kammervorstand Brandenburg. Sie arbeitet seit mehreren Jahren in der AG Junge Zahnärzte aktiv mit, stellte anhand der aktuellen Zahlen die Situation dort dar. Im Land Brandenburg selbst gibt es bislang keine Universität, an der Zahnmedizin studiert werden kann. Kammer und KZV sind daher schon vor Jahren aktiv geworden, um den Berufsnachwuchs ins Land – und auf’s Land – zu bekommen. „Wir verlieren unsere Studierwilligen nach Berlin und müssen sie dann von dort zurückholen“, so Ermler.
Aktuell stellten junge Frauen die Mehrheit der Studierenden in der Zahnmedizin. 2019 absolvierten gut doppelt so viele Frauen (1.151) wie Männer (582) das Staatsexamen, auch bei den Promotionen stellen sie mit 607 gegenüber 319 Männern die Mehrheit. Das wirke sich auch auf die kommende Berufstätigkeit aus.
Niederlassung ja, aber später
Wie die jüngst veröffentlichte Studie des Instituts der Deutschen Zahnärzte gezeigt habe, seien junge Zahnärztinnen und Zahnärzte weiterhin niederlassungswillig. Allerdings werde die Phase bis zur Niederlassung immer länger und betrage aktuell sechs bis neun Jahre nach Studienabschluss. Während für die Assistenzzeit von der Mehrheit der frisch approbierten Zahnärztinnen und Zahnärzte eine Stelle in einer mittelgroßen Stadt oder Großstadt präferiert werde, wird die eigene Existenzgründung eher in kleineren Mittelstädten und kleineren Großstädten realisiert. Gewünscht wird dabei in der Regel eine gemeinsame Berufsausübung mit einer Kollegin/einem Kollegen – auch wegen des geteilten Risikos/Verantwortung und familienfreundlicher Arbeitszeiten.
Ermler machte aber auch klar, dass es für die große Zahl der Zahnärzte, die jetzt Mitte 50 und älter sei, nicht ausreichend Nachfolger gebe. Die Zahl der neu approbierten Zahnärzte liege unter der Zahl derer, die aus dem Berufsleben ausscheiden. „Wir haben in Brandenburg eine Art Börse eingerichtet, wo wir Praxisabgeber und mögliche Übernehmer/Neugründer beraten und ggf. zusammenbringen. Auf dem Brandenburgischen Zahnärztetag im Herbst ist sogar ein Speed-Dating für abgabe- und gründungswillige Zahnärztinnen und Zahnärzte geplant“, berichtete sie. Außerdem unterstütze die Kammer niederlassungswillige Zahnärztinnen und Zahnärzte mit Beratungen und speziellen Fortbildungsangeboten rund um die Praxisführung – „und das kommt sehr gut an und wird intensiv in Anspruch genommen“.
Die Infrastruktur muss stimmen
Insgesamt seien die Chancen für Niederlassungen auf dem Land günstig. Die Corona-Pandemie habe den Trend zum Homeoffice und auch eine gewisse Stadtflucht befördert. Ohne eine Zusammenarbeit der Zahnärzteschaft mit den Ländern, Kreisen und Kommunen werde es aber gerade auf dem Land in Zukunft nicht gelingen, die zahnärztliche Versorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Entscheidend sei, dass die Infrastruktur stimme – von Kindergartenplätzen und Schulen bis zu schnellem Internet und funktionierendem Nahverkehr. Schließlich müssten nicht nur die Partnerinnen/Partner entsprechende Arbeitsmöglichkeiten haben und erreichen, sondern auch die Patienten in die Praxis kommen können.
Was Verdienstmöglichkeiten, Patiententreue, Wettbewerbsdruck und Gestaltung des eigenen Lebens angehe, sei das Land für Zahnärzte die bessere Option, zeigte Ermler auf. Auch nahm sie die Angst vor der 60-Stunden-Woche: Die sei auch für Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber längst passé, wie aktuelle Umfragen zeigten. Eine Praxis lasse sich mit guter und moderner Organisation auch mit ganz normalen 35 bis 40 Stunden pro Woche inklusive Bürokratieanteil erfolgreich führen.
Vom Treiben der Bewertungsportale
Einen kritischen Blick auf die rechtliche Situation bei den Bewertungsportalen warf Dr. Robert Kazemi in seinem Vortrag. Ob Arzt, Zahnarzt, Arbeitgeber oder Hersteller/Händler von Produkten – den Bewertungsportalen ist heute kaum zu entkommen. Aber was tun, wenn eine Bewertung als ungerecht empfunden wird oder gar tatsächlich falsch ist? Kazemi beleuchtete das Spannungsfeld zwischen Tatsachenbehauptungen und freier Meinungsäußerung, die Zulässigkeit anonymer Bewertungen, gekauften und Fake-Bewertungen, fragwürdige Bewertungskriterien und Rankings und die Verantwortung der Portalbetreiber.
Falsche Tatsachenbehauptungen müssten gelöscht werden, allerdings sei es für die Bewerteten oft nicht einfach, die Portalbetreiber überhaupt zu erreichen. „Da kommunizieren Sie nicht mit Menschen, sondern mit Bots, mit Computern“, machte er klar. Und gebe man selbst eine Reaktion auf falsche oder als ungerecht empfundene Kommentare ab, erreiche man in der Regel nichts. Es sei stressfreier und erfolgreicher, die Sache gleich an entsprechend versierte Rechtsanwälte zu übergeben. „Einen Anwaltsbriefkopf registrieren die Bots in der Regel und leiten die Beschwerde schnell an reale Bearbeiter weiter“, so seine Erfahrung.
Scharfer Blick des Bundeskartellamts
Das Agieren und die Macht dieser Bewertungsportale, der Missbrauch durch falsche oder gekaufte Bewertungen habe inzwischen nicht nur das Bundeskartellamt, sondern auch die Politik auf den Plan gerufen. Das Bundeskartellamt hat in einer sogenannten Sektoruntersuchung „Nutzerbewertungen“ die Probleme identifiziert und beschrieben und werde das Gebaren der Portale im Auge behalten. Und im Mai 2022 wird ein neues Gesetz in Kraft treten, das Positiv-Bewertungen gegen Gegenleistungen und „Influencer“-Werbung beschränken soll. Hier sollen die Portale, die Bewertungen zulassen, stärker in die Pflicht genommen werden.
Vom Profisport lernen
Zum Abschluss des informationsreichen Vortragsprogramms richtete Peter Schönberger den Blick auf die Mitarbeitermotivation und gab Antworten auf die Frage, was sich aus modernen Motivations- und Trainingskonzepten im Sport für die Unternehmensführung lernen lässt. Wie motiviert man hochbezahlte Sportprofis gerade im Teamsport wie Eishockey, Fußball oder Handball?
Dabei griff der Leiter der Kompetenzfelder Health Care&Legal der Norecu Executive Search GmbH auch auf eigene Erfahrungen unter anderem als Geschäftsführer eines Teams der Eishockey-Bundesliga zurück. Er vermittelte interessante Einblicke in die Organisation des Mannschaftssports. Gerade bei Vereinen in Sportarten mit hohen Profi-Charakter, die oft aus den USA kommen – wie Eishockey, Basketball oder Baseball –, ist auch die Organisation entsprechend professionell.
Auf den Mix kommt es an
Es komme in den Mannschaften auf den guten Mix aus erfahrenen Sportlern, solchen mit hoher intrinsischer Motivation und jenen mit durchaus auch materiellem Ehrgeiz an. Die Kunst liege darin, diese unterschiedlichen Motivationslagen zu erkennen und die Teammitglieder durch das Trainerteam danach anzusprechen und einzusetzen. Dabei seien in der Führungsriege die Aufgaben in der Regel klar verteilt, denn kein Trainer könne alle Bereiche gleich gut und authentisch ansprechen.
Mit vielen neuen Informationen und Inspirationen versorgt, nutzten die Gäste des Quintessenz Verlags den angenehmen Rahmen des Berliner Tischs auch zum persönlichen Austausch und zum Netzwerken – eine aufgrund der langen Corona-Abstinenz herzlich willkommene Gelegenheit.