Wie genau sind die bereits klinisch eingesetzten Intraoralscanner (IOS) bei Gesamt- und Teilkieferabformungen? Das haben PD Dr. med. dent. Andreas Ender, Dr. med. dent. Moritz Zimmermann und Prof. Dr. Dr. Albert Mehl, Abteilung für computergestützte Zahnmedizin, Universität Zürich, in einer aktuellen In-vitro-Studie untersucht, die gerade in der Ausgabe 1/19 des „International Journal of Computerized Dentistry“ erschienen ist. (A. Ender, M. Zimmermann, A. Mehl. Accuracy of complete- and partial-arch impressions of actual intraoral scanning systems in vitro, International Journal of Computerized Dentistry 2019;22(1):11–19)
Inzwischen werden Intraoralscanner häufig für die Herstellung digitaler Modelle direkt am Patienten genutzt. Verbesserungen der IOS werden zusätzlich von Generation zu Generation erreicht. Das Ziel der vorliegenden Studie war eine Beurteilung der Genauigkeit von neuen und aktuellen intraoralen Scansystemen für Gesamt- und Teilkieferabformungen in vitro.
Ganzkieferabformungen bleiben eine Herausforderung
Das Fazit: Unter Berücksichtigung der Einschränkungen dieser In-vitro-Studie können bestimmte digitale Intraoralscanner als Alternative zur konventionellen Abformung für Teilkieferbereiche gesehen werden. Ganzkieferabformungen sind nach wie vor eine Herausforderung für Intraoralscanner, aber einige Systeme liefern auch jetzt schon Genauigkeiten innerhalb der klinischen Anforderungen. Weitere In-vivo-Studien seien nötig, um diese Ergebnisse abzusichern.
Acht digitale Systeme getestet
Die Forscher verwendeten ein spezielles Gesamtkiefermodell des Oberkiefers mit Zähnen aus Feldspatkeramik als Referenzmodell und digitalisierten dies mit einem Laborscanner (ATOS III Triple Scan MV60) digitalisiert. Die Abformung des Gesamtkiefers erfolgte konventionell mit einem Polyvinylsiloxanmaterial (CO; President) und digital mit acht verschiedenen IOS-Systemen (TRn: Trios 3; TRi: Trios 3 insane; CS: Carestream Dental CS 3600; MD: Medit i500; iT: iTero Element 2; OC4: Cerec Omnicam 4.6.1; OC5: Cerec Omnicam 5.0.0; PS: Primescan) (n = 10 pro Gruppe). Die konventionellen Abformungen wurden mit Typ IV Gips (Fujirock EP) ausgegossen und die Modelle mit einem Laborscanner (inEOS X5) digitalisiert.
Alle Datensätze wurden im STL-Dateiformat exportiert und für die weitergehende Analyse in verschiedene Bereiche beschnitten: Gesamtkiefer, vorderes Teilkiefersegment und hinteres Teilkiefersegment. Die Richtigkeits- und Präzisionswerte für die entsprechenden Bereiche wurden in einer 3D-Überlagerungsmethode mit spezieller 3D-Differenzanalyse-Software (GOM Inspect) unter Verwendung von (90-10)/2 Perzentil-Werten evaluiert. Die statistische Auswertung erfolgte mit der One-Way-ANOVA oder dem Kruskal-Wallis Test (α = 0.05). Die Angabe aller Ergebnisse erfolgt als Median[IQR]-Wert in Mikrometern (µm).
Statistisch signifikante Abweichungen
Die Werte für Gesamt- und Teilkieferabformungen in vitro zeigten statistisch signifikante Abweichungen zwischen den Testgruppen (p < 0.05). Für den Gesamtkiefer lagen die Richtigkeitswerte im Bereich von 16.3 [2.8] μm (CO) und 89.8 [26.1] μm (OC4) und die Präzisionswerte im Bereich von 10.6 [3.8] μm (CO) und 58.6 [38.4] (iT). Im Falle der Teilkieferabformungen wurden für alle Gruppen für das hintere Teilkiefersegment die besten Richtigkeiten ermittelt, mit 9.7 [1.2] μm für die konventionelle Abformmethode (CO) und mit 21.9 [1.5] μm (PS) als den besten Wert für die digitale Abformmethode.
Das „International Journal of Computerized Dentistry“ soll es dem Praktiker wie dem Wissenschaftler ermöglichen, sich umfassend mit allen Gebieten der computergestützten Zahnheilkunde auseinanderzusetzen, um so das neue Medium Computer nutzbringend in die Behandlungskonzepte integrieren zu können. Das Besondere dieser Zeitschrift ist ihre Mehrsprachigkeit: Alle Artikel werden sowohl auf Englisch als auch in der Muttersprache der Autoren veröffentlicht; die Beiträge englischer Autoren zusätzlich auf Deutsch. Damit wird - unter Wahrung der Originalität - ein international zugängliches Forum des Informationstransfers auf diesem Sektor geschaffen. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenloses Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.
Schwerpunktheft zum intraoralen Scannen
Neben dieser Studie bietet das IJCD weitere Beiträge zum Schwerpunkt intraorale optische Abformung. So befassen sich Wolf et al. mit der dreidimensionalen Bewertung der Unterkieferdeformation bei Mundöffnung. Um die Leistungsfähigkeit einer modernen, zirkonoxidverstärkten Lithiumdisilikatkeramik beim Maskieren von Hintergründen und den Einfluss von Materialstärke, Transluzenz und Keramikbrand geht es im Beitrag von Passos et al. In seinem Editorial plädiert Dr. Olaf Schenk mit Blick auf die in Köln präsentierten Innovationen (IDS 2019) dafür, dass sich der Trend wissenschaftlich basierter Untersuchungen vor der Markteinführung dentaler Produkte fortsetzt.
Weitere Beiträge befassen sich in einer Literaturreview mit Verfahren zur additiven Metallfertigung, mit Kronenversorgungen und CAD/CAM-gefertigten Faserstiften in der Endodontie und dem neuen Primescan von Dentsply Sirona. Die vorteilhafte und praxistaugliche Kombination aus digitalem und analogem Vorgehen zur Ebenenrekonstruktion bei verloren gegangener Kauebene zeigt der Fall von Bernd Reiss et al.
Das IJCD präsentiert sich zudem mit dieser ersten Ausgabe 2019 wie auch die anderen Fachtitel des Quintessenz Verlags im neuen, frischen Layout und mit verbesserter Lesefreundlichkeit.