Seit Juli 2022, mit dem Bekanntwerden des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes, kämpfen die Vertragszahnärzte – die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und allen voran die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung – gegen die Budgetierung der vertragszahnärztlichen Vergütung. Denn diese trifft nicht nur die Praxen in ohnehin schon schwierigen Zeiten, sondern über die Kürzungen auch die Patientinnen und Patienten, vor allem bei der Parodontitistherapie nach der neuen PAR-Richtlinie. Der KZBV-Vorstandsvorsitzende Martin Hendges gibt im exklusiven Interview mit Quintessence News Auskunft zum aktuellen Stand der Gespräche mit der Politik, zu den Protesten und Gestaltungsmöglichkeiten der Zahnärzteschaft. Die Fragen stellte Quintessence-News-Chefredakteurin Dr. Marion Marschall.
Herr Hendges, die Zahnärzteschaft hat 2023 ja durchaus zahlreich und laut protestiert und auf allen Ebenen für die Rücknahme der mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wieder eingeführten strikten Budgetierung in der vertragszahnärztlichen Versorgung gekämpft. Im Juni 2023 wurde auch eine große Kampagne gegen die Budgetierung gestartet. Die Budgetierung ist leider noch nicht weg – haben denn Proteste und Kampagne eine Wirkung in der Politik und in der Öffentlichkeit erreicht?
Martin Hendges: Wir haben überhaupt kein Verständnis dafür, dass die Politik trotz der klaren Faktenlage hinsichtlich der Folgen der strikten Budgetierung diese noch nicht zurückgenommen hat. Das hat vor allem fatale Auswirkungen auf die Versorgung der Patientinnen und Patienten, die an Parodontitis leiden, worauf wir die Politik seit Beginn des Gesetzgebungsverfahrens und mit Nachdruck immer wieder hinweisen.
Dennoch waren die Protestaktionen und die Kampagne nicht ohne Erfolg. Die großen Demonstrationen in Köln, Berlin und vielen anderen Orten waren ein enorm öffentlichkeitswirksames Zeichen. Erst recht, wenn man bedenkt, dass wir als Berufsstand etwas kleiner als die gesamte Ärzteschaft sind. Dazu gab es begleitend Öffentlichkeitsarbeit in den Ländern und Berichte in vielen Medien.
Aufgrund der großen Social Media-Reichweite ist es uns gelungen, die Probleme in der Patientenversorgung gut sichtbar zu machen. Viele Zahnärztinnen und Zahnärzte, Praxisteams, aber auch Bürgerinnen und Bürger haben die Möglichkeit genutzt, über die Kampagnen-Website an ihre Abgeordneten und Politiker zu schreiben. Dass dieser Protest angekommen ist, hat uns zum Beispiel der nordrhein-westfälische Minister Karl-Josef Laumann offiziell im Rahmen unserer vergangenen Herbst-Vertreterversammlung bestätigt. Und wir merken es auch an den Rückfragen aus der Politik an uns.
Und ja, die Politik zeigt sich – so mit den Folgen ihres Tuns konfrontiert – uns gegenüber immerhin einsichtig. Das heißt allerdings nicht, dass nun auch die Probleme von ihr gelöst werden. Wir müssen also unsere begründeten Forderungen weiterhin gegenüber der Politik anbringen. Vor allem aber müssen wir die breite Öffentlichkeit über die fatalen Folgen für die Patientenversorgung aufklären. Deshalb werden wir auch die Kampagne in modifizierter Form fortsetzen.
Welches Gehör finden Sie derzeit als KZBV-Vorstand im Bundesgesundheitsministerium und bei Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach, aber auch bei den Abgeordneten der Parteien im Bundestag und bei den Bundesländern und im Bundesrat für die Anliegen der Vertragszahnärzte, auch über die Budgetierungsfrage hinaus?
Hendges: Seit Bekanntwerden des Referentenentwurfs des GKV-FinStG mit seinen Budgetierungsvorgaben sind wir direkt in zahlreiche Gespräche mit wesentlichen politischen Entscheidungsträgern und Mitgliedern des Gesundheitsausschusses gegangen. Diesen folgten auch Beratungen mit dem Bundesgesundheitsminister. Es gab schnell Verständnis für unsere Probleme; allerdings war die Bereitschaft zum Handeln aufgrund der immer wieder zitierten Sparzwänge nicht vorhanden. Mittlerweile wurden seitens der Politik die Probleme erkannt. Nun muss aber auch endlich gehandelt werden.
Auch wenn das nach außen nicht immer so erkennbar wird: Wir sind ständig im Austausch mit dem Bundesgesundheitsministerium, um Fragen der vertragszahnärztlichen Versorgung zu klären. Und dieser Austausch ist auch gut und vertrauensvoll. Aber das Ministerium entscheidet solche politischen Fragen nicht ohne den Minister.
Wir sind auch bei allen anderen Themen wie Bürokratieabbau, Digitalisierung oder Begrenzung für die Medizinischen Versorgungszentren, die von versorgungsfremden Investoren betrieben werden, aktiv auf Bundes- und Landesebene, in den Ministerien und mit den Politikern und Abgeordneten – gemeinsam mit der Bundeszahnärztekammer und mit den Kammern und KZVen in den Ländern.
Das ist auch durchaus erfolgreich, gerade in den Ländern. Da kommen die Versorgungsprobleme ja direkt an, und dort ist man auch für unsere Themen und Lösungsvorschläge offen. Gerade die Bundesratsentschließung zum iMVZ-Regulierungsgesetz im Juni 2023 hat gezeigt, wie wichtig die politische Arbeit gleichzeitig auf allen Ebenen ist. Erst am 29. Januar 2024 hat die Gesundheitsministerkonferenz der Länder diesen Beschluss nochmals bekräftigt.
Und wir können, zum Beispiel bei der Digitalisierung, auch zeigen, dass unsere Forderungen und Lösungsvorschläge berechtigt sind und funktionieren. Das EBZ ist ein guter Beweis dafür, dass Digitalisierung, die sich an den Nutzern orientiert und einen Mehrwert bringt, funktioniert. Ganz ohne Sanktionen und praxisferne Verpflichtungen!
Kurz: Wir bringen uns mit unserer Expertise praxisorientiert in die politischen Gespräche ein. Das gehört zu unserem Anspruch, Gesundheitsversorgung zu gestalten, was die Politik auch positiv wahrnimmt. Das allein reicht aber nicht. Klar ist, dass von unserer Seite aus zu jeder Zeit eine lösungsorientierte Dialogbereitschaft besteht. Die Politik muss jetzt mit uns gemeinsam Lösungen finden, wenn sie denn das Ruder noch herumreißen will. Bleibt sie hier untätig, wird sich der öffentliche Protest zwangsläufig nicht verhindern lassen.
Sie hatten darauf gedrungen, dass die Politik, in diesem Fall das Bundesgesundheitsministerium, die Budgetierung für 2024 noch im Jahr 2023 kippt. Das ist leider nicht passiert. Nun ist der Bundesgesundheitsminister in seinen angekündigten Gesetzesvorhaben immer eher später dran. Könnte man die Budgetierung für 2024 per Gesetz jetzt noch – zumindest teilweise – aussetzen?
Hendges: Grundsätzlich kann die Bundesregierung bei jedem Gesetzgebungsverfahren Änderungen vornehmen. So, wie die Ampel die Budgetierung eingeführt hat, kann sie diese also auch wieder beenden. Und es ist natürlich auch jetzt noch wichtig, die Rahmenbedingungen für 2024 zu ändern, gerade im Hinblick auf die neue, präventionsorientierte Parodontitistherapie. Falls das nicht geschieht, könnte diese wissenschaftlich basierte Behandlungsstrecke im schlimmsten Fall scheitern. Deshalb lassen wir in unseren Forderungen und Vorschlägen auch nicht nach. Als erster Schritt müssen die Leistungen der Parodontitistherapie sofort aus der Budgetierung herausgenommen werden.
Ein Hauptgrund, dass dieser Schritt so immens wichtig ist, sind dabei die Folgen des Nicht-Handelns sowohl für das Gesundheitssystem als auch für die Gesamtwirtschaft. Diese sind im Evaluationsbericht von KZBV und DG PARO eindeutig belegt. Wir haben also angesichts der eindeutigen Faktenlage genug Argumente für weitere Gespräche und steuern immer wieder nach. Wenn die Politik jetzt nicht handelt, ist das unverantwortlich für die Patientenversorgung.
Das ist offensichtlich in der Politik angekommen, wie auch die Aussage der stellvertretenden Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, auf dem Neujahrsempfang am 30. Januar in Berlin erkennen ließ. Die Argumente seien angekommen, man werde gemeinsam Lösungen finden.
Wir machen deutlich: Je später gehandelt wird, desto schlimmer sind die Folgen für die Versorgung und die Mund- und Allgemeingesundheit der Patientinnen und Patienten. Nimmt man die Leistungen der PAR-Richtlinie jetzt aus der Budgetierung heraus, können wir noch die schlimmsten Folgen verhindern.
Aber ob die Regierung hier wirklich im Sinne der Patientenversorgung tätig werden will, können nur die Fraktionen der Ampel-Regierung selbst beantworten. Immerhin ist jetzt der Bundeshaushalt für 2024 beschlossen, das hat die Regierungsarbeit ja seit Wochen gelähmt.
Viele Zahnärztinnen und Zahnärzte blicken kritisch auf das, was jetzt bei den Ärzten passiert – oder passieren soll, die Entbudgetierung bei den Hausärzten, Vorhaltepauschalen etc., weitere Budgetierung bei den Fachärzten. Auch wurden Forderungen laut, dass die Zahnärzte beim „Krisengipfel“ der Ärzte mit dem Minister Anfang Januar hätten dabei sein sollen. Wie sehen Sie die Entwicklung bei den Ärzten, und ist das mit den Zahnärzten vergleichbar?
Hendges: Als bekannt wurde, dass es diesen Krisengipfel am 9. Januar geben soll, haben wir direkt Kontakt mit dem Bundesgesundheitsministerium aufgenommen und erneut und mit Nachdruck auf die problematische Situation der zahnmedizinischen Patientenversorgung hingewiesen. Es kam dann aber direkt die Information, dass es bei diesem Gipfel allein um die Hausärzte und um die schon im Koalitionsvertrag angekündigte Entbudgetierung gehen wird – kein Kreis für unsere Anliegen.
Ärzte und Zahnärzte haben zwar durchaus Schnittmengen in ihren Forderungen wie beim Bürokratieabbau oder bei der Digitalisierung. Da stimmen wir uns auch ab und argumentieren gemeinsam. Unsere Versorgungsbereiche können aber nicht gemeinsam diskutiert werden, da die ambulante Versorgung und auch die Vergütungssysteme unterschiedlich organisiert sind.
Woran man – auch gegenüber der Politik – immer wieder erinnern muss: Der zahnärztliche Bereich ist mit Ausnahme der Hochschulambulanzen ausschließlich ambulant aufgestellt. Wir haben kein Back-up in Form von Krankenhäusern.
Für uns sind also die Gespräche mit dem BMG, in denen es speziell um die Anliegen der Zahnärzteschaft geht, also um die Auswirkungen des GKV-FinStG auf den vertragszahnärztlichen Bereich, zielführender. Wir sind dazu ganz aktuell in der Abstimmung für weitere Beratungen. Wichtig ist, dass der lösungsorientierte Prozess, in dem wir stehen, jetzt auch wirklich zu Lösungen im Sinne einer präventionsorientierten Patientenversorgung führt.
Wie wichtig – und wie tragfähig – ist der Schulterschluss mit allen Heilberuflern, wie er im Herbst 2023 praktiziert wurde?
Hendges: Der Schulterschluss ist enorm wichtig. Der gesamte ambulante Sektor steht beim Thema „Sicherung der ambulanten Versorgung“ zusammen. Auch wenn es um sektorenübergreifende Fragestellungen geht. Wir behandeln doch als Medizinerinnen und Mediziner dieselben Patientinnen und Patienten. Wie sehr das auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, hat unser gemeinsames Auftreten vor der Bundespressekonferenz im Oktober 2023 gezeigt. Diese vielen Berichte und Reaktionen hätte ich mir so, ehrlich gesagt, vielleicht erhofft, aber nicht erwartet.
Die Parodontitis ist als Volkskrankheit mit vielen Wechselwirkungen zu anderen Volkskrankheiten, darunter Diabetes mellitus, koronare Herzkrankheiten und entzündliche Erkrankungen, ja ein gutes Beispiel, wie eng Zahn- und Allgemeinmedizin zusammenwirken und wie sehr die Patientinnen und Patienten bei einer guten Versorgung und Vorsorge für ihre Gesundheit profitieren können.
Was dann ja auch wieder enorme Kosten nicht nur für das Gesundheitswesen einspart. Eine unbehandelte Parodontitis verursacht hohe Folgekosten für das gesamte Gesundheitssystem: Allein im zahnärztlichen Bereich summieren sich diese auf rund 200 Millionen Euro jährlich. Hinzukommen indirekte Krankheitskosten durch Parodontitis, die eine international vergleichende Studie für Deutschland mit rund 34,79 Milliarden Euro angibt.
Also: Wir müssen gemeinsam warnen vor einer schon bald drohenden Verschlechterung der flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung mit Apotheken, Arzt- und Psychotherapiepraxen sowie Zahnarztpraxen. Diesen gemeinsamen Protest werden wir auch weiterleben und ausbauen. Zum Beispiel im Rahmen von Protestveranstaltungen, Kampagnen etc. Dazu sind wir weiter im Dialog mit den übrigen Heilberufen. Wir wollen an den bisherigen Erfolg anknüpfen und unser Ziel weiterverfolgen: Die größtmögliche Aufmerksamkeit in den Medien zu erzielen.
Wir müssen auch verhindern, dass seitens der Politik ein Keil zwischen die Heilberufe getrieben wird. Da war es ein gutes und wichtiges Signal, dass die Vorstände von Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Bundesärztekammer auf unserem Neujahrsempfang zu Gast waren.
Die KZBV hatte gemeinsam mit der DG Paro die Wirkung der Budgetierung auf die Neubehandlungsfälle und laufenden Behandlungsstrecken nach der neuen PAR-Richtlinie für die Parodontitistherapie evaluiert. Haben sich die dort bis zum September 2023 erkennbaren Trends so fortgesetzt?
Hendges: Ja, wie leider zu erwarten war. Die Zahl der Neubehandlungsfälle im November 2023 ist um ein Drittel im Vergleich zum Vorjahresmonat zurückgegangen, bei weiterhin unverändert hoher Krankheitslast. Im Dezember 2023 haben wir sogar die Zahl von 80.000 neuen Behandlungsfällen deutlich unterschritten. Und dieser Trend wird sich bei unveränderten Rahmenbedingungen noch verschärfen. Damit wird auch der langfristige Schaden, den die Budgetierung für die PAR-Behandlung bedeutet, im Lauf dieses Jahres noch größer werden.
Die Zahnarztpraxen müssen sich zwangsläufig auf schlechtere Rahmenbedingungen infolge der Budgetierung durch das GKV-FinStG einstellen, wofür ich großes Verständnis habe. Denn es ist schlicht weg unverantwortlich seitens der Politik, neue dringend notwendige Leistungen der Bevölkerung zu versprechen, aber dafür dann die Mittel aufgrund der kurzsichtigen Sparpolitik des Ministers und der Ampel drastisch zu kürzen und das auf dem Rücken der Zahnärzteschaft auszutragen. Dass damit die ganze Strecke mit ihrem Ziel, die Volkskrankheit Parodontitis erfolgreich zu bekämpfen und die Prävention auch hier voranzubringen, scheitern könnte, ist jetzt auch in der Politik angekommen. Dort scheint man mittlerweile immerhin sehr beunruhigt zu sein, welcher Schaden da unverantwortlicherweise von ihr angerichtet wurde.
Wie können die KZVen den negativen Wirkungen der Budgetierung – berichtet wird unter anderem ein vorzeitiges Ausscheiden älterer Zahnärztinnen und Zahnärzte aus der vertragszahnärztlichen Versorgung, gerade in eh schon schlechter versorgten Gebieten, und ein negativer Einfluss auf die Niederlassungsbereitschaft junger Kolleginnen und Kollegen – mit den Mitteln begegnen, die ihnen gesetzlich zur Verfügung stehen?
Hendges: Die Budgetierung setzt jetzt zusätzlich auf die ohnehin schon hohen Belastungen für die Praxen auf. Wir müssen vermehrt vorzeitige Praxisaufgaben aufgrund der ständig wachsenden bürokratischen Lasten und TI-Sanktionen feststellen. Es fehlt damit auch an Anreizen für die Niederlassung. Statt die Bürokratie wie versprochen abzubauen, kommen immer neue Vorgaben dazu. Der Fachkräftemangel wird immer stärker spürbar – und er wird durch all das auch noch befördert.
Nichtsdestotrotz unternehmen die betroffen KZVen alles, die Kolleginnen und Kollegen zu motivieren, sich niederzulassen beziehungsweise in der Praxis zu bleiben, um die inhabergeführte Praxisstruktur zu fördern, und nutzen die Sicherstellungsinstrumente im Rahmen des Paragrafen 105 SGB V.
Es ist aber grundsätzlich nicht Sinn und Zweck des Gesetzgebers gewesen, mit diesen Instrumenten zusätzlich die Folgen einer versorgungsfeindlichen Budgetierung aufzufangen. Man muss leider auch sagen, dass Bundesgesundheitsminister Lauterbach seine Ankündigung, die iMVZ zu regulieren, immer noch nicht umgesetzt hat. Und die iMVZ finden wir nun überwiegend in Ballungsräumen und nicht da, wo es in der Versorgung schwierig wird.
Die KZVen geben alles, um ihrem Versorgungsauftrag nachzukommen. Klar ist aber auch, dass diese Herausforderung nicht allein von den KZVen gestemmt werden kann! Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, da es auch darum geht, Infrastruktur zu erhalten bzw. aufzubauen und bereits unterversorgte Regionen wieder für die Menschen attraktiv zu machen. Dazu gehören Kita-Plätze, ÖPNV, Einkaufsmöglichkeiten, um nur einige Beispiele zu nennen. Hier ist auch die Politik gefordert.
Für 2025 sollen die KZVen dann wieder hoffentlich ohne gesetzlich vorgeschriebenen Budget-Deckel verhandeln können. Dass die Budgetierung der Jahre 2023 und 2024 wegen des niedrigeren Ausgangsniveaus negativ fortwirken wird, darauf haben Sie schon mehrfach hingewiesen. Aber es gibt auch Faktoren wie die Morbiditätsentwicklung und die Praxiskosten, die in die Verhandlungen einfließen. Sie betonen immer wieder, dass hier vor allem das ZäPP, das Zahnärzte-Praxis-Panel, ein wichtiges Tool ist, und werben darum, dass möglichst viele Zahnarztpraxen mitmachen. Was bringt das ZäPP – für die KZVen, aber auch für die Praxen?
Hendges: ZäPP ist für uns ein sehr wertvolles Tool und ich möchte allen Kolleginnen und Kollegen, die sich daran beteiligen, dafür herzlich danken. Sie geben uns sehr wichtige Daten an die Hand, mit denen wir gegenüber der Politik und den Krankenkassen verhandeln und argumentieren können. Das hatten wir früher so nicht und das bringt uns jetzt sehr voran.
Wir können zum Beispiel jetzt die Kostenveränderung in den Praxen valide bemessen. Die Ergebnisse des ZäPP fließen in unsere politische Arbeit ein; die KZVen nutzen diese bei Vertragsverhandlungen im Hinblick auf die Veränderungsrate.
So ist im aktuellen ZäPP auch eine Sonderabfrage zum Fachkräftemangel enthalten, um auch dieses Thema mit Zahlen belegen zu können. Das stützt unsere Argumente und Lösungsvorschläge.
Sie hatten auf der Vertreterversammlung der KZBV im November 2023 in Bonn und auch danach immer wieder angekündigt, dass die KZBV und die Zahnärzteschaft nicht aufgeben werden und den Kampf gegen die Budgetierung, zum Beispiel mit der Kampagne „Zähne zeigen“ und mit der Paro-Check-Kampagne der BZÄK, fortsetzen wird. Wie geht es weiter? Auch vor dem Hintergrund der neuen Gesetzesvorhaben des Ministers, wie dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz mit seinen neuen Zumutungen für die Selbstverwaltung, aber ohne Regelung für die iMVZ?
Hendges: Wie schon gesagt, werden wir die Kampagne in modifizierter Form weiterführen und die Ansprache stärker an die breite Öffentlichkeit richten. Dazu haben wir ein erweitertes Maßnahmenpaket mit verschiedenen Instrumenten entwickelt; der wichtige Appell zum Mitmachen, also seinen Protest kundzutun, steht dabei weiterhin im Vordergrund.
Zentral ist zudem die Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten: Diese müssen erkennen, welche Folgen die Politik für sie hat: Es wird für sie bei unveränderten Rahmenbedingungen zu spürbaren Einschnitten kommen. Daher lautet auch mein dringender Appell an die Kolleginnen und Kollegen sowie an ihre Teams, die Kampagne auch in diesem Jahr zu unterstützen und mit uns gemeinsam Zähne zu zeigen.