„Wenn wir es nicht schaffen, selbst etwas auf den Weg zu bringen, wird es schwierig sein auch für den Vorstand der KZBV, das Thema niedrig zu halten“, so Dr. Ute Maier bei der Präsentation des ersten Berichts der Arbeitsgruppe Frauenförderung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung. Das „Thema“ ist die Frauenquote in den Körperschaften der Zahnärzte und Ärzte.
Die Vorstandsvorsitzende der KZV Baden-Württemberg stellte auf der Vertreterversammlung am 14. November 2019 in Berlin vor, was die im Frühjahr neu installierte Arbeitsgruppe bisher festgehalten hat. Die AG zeigt sich überzeugt, dass es möglich ist – und sein muss –, eigene Lösungen zu finden und den Anteil der Frauen in den Vertreterversammlungen und Vorständen kurz- und mittelfristig in eigener Verantwortung zu erhöhen. So halten die Frauen der AG eine verpflichtende Frauenquote nicht für erforderlich.
Quote steht für die Politik im Raum
Allerdings steht diese Quote im Raum, da die Politik in diese Richtung bereits bei den Krankenkassen und beim MDK gesetzliche Regelungen vorgenommen hat und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bereits mehrfach erklärt hat, sich eine solche Vorgabe vorstellen zu können, wenn die Selbstverwaltung es aus eigener Kraft nicht schafft, eine entsprechende Beteiligung von Frauen sicherzustellen. Auch in seinem Grußwort am ersten Tag der VV hatte er die geschlechts- und altersspezifische Zusammensetzung der Vertreterversammlung zwar humorvoll, aber auch deutlich kritisch angesprochen. Der Vorstandsvorsitzende der KZBV, Dr. Wolfgang Eßer, hatte dies aufgegriffen und in seinem Bericht mit Blick auf die Zusammensetzung nach Alter und Geschlecht der VV sehr deutlich erklärt, dass der Status quo sich ändern müsse. KZVen und KZBV müssten junge Leute für die Selbstverwaltung gewinnen und ihnen dafür den Weg bahnen. „Wenn wir das nicht kapieren, dann wird mit uns Selbstverwaltungsgreisen das Prinzip der Selbstverwaltung via naturalis aussterben“, so Eßer.
Mitarbeit junger Kolleginnen und Kollegen fördern
Der AG geht es aber, so Maier, nicht allein darum, die standespolitische Mitarbeit von Frauen zu fördern. Ziel müsse es sein, alle jungen Kolleginnen und Kollegen in Zusammenarbeit mit den Zahnärztekammern über die Selbstverwaltung zu informieren und zu motivieren, selbst aktiv zu werden.
„Erhöhung der Repräsentanz von Zahnärztinnen in der zahnärztlichen Standespolitik“
„[…] Frauen und Männern sollen dieselben spezifischen Möglichkeiten zur Tätigkeit in der Selbstverwaltung eröffnet sein. Die Strukturen und Rahmenbedingungen müssen deshalb aus dem Selbstverständnis jeder KZV und der KZBV so verändert werden, dass passgenaue Lösungen für Frauen in den eigenen Organisationen entstehen. […]
Bei anstehenden Wahlen zu den Vertreterversammlungen in den KZVen und der KZBV und bei Wahlen von Mitgliedern in den jeweiligen satzungsrechtlichen Ausschüssen soll die Repräsentanz von Frauen erhöht werden. Dabei müssen die wesentlichen Elemente einer freien, unmittelbaren und geheimen Wahl weiterhin erhalten bleiben. […]
Eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit durch die KZBV und die KZVen insgesamt ist des Weiteren notwendig, um dem zahnärztlichen Nachwuchs die Bedeutung der Interessenvertretung durch die Selbstverwaltung für die Zukunft des eigenen Berufsstandes deutlich zu machen.“
Die Arbeitsgruppe, die bislang erst zwei Mal tagen konnte, wird nun ein Gesamtkonzept vorbereiten und auf der kommenden Vertreterversammlung am 2. Juli 2020 in Köln den Delegierten vorstellen. Diese verabschiedeten einstimmig und mit Beifall einen Antrag des Vorstands und der AG Frauenförderung zur „Erhöhung der Repräsentanz von Zahnärztinnen in der zahnärztlichen Standespolitik“ (siehe Kasten).
TI und Datenschutz
Zum Auftakt des zweiten Tags der VV wurden zunächst die Berichte der Vorstände und die politischen Anträge diskutiert. So werden sanktionsbewehrte Fristsetzungen für die TI abgelehnt. Ebenfalls wird gefordert, Praxen nicht zu sanktionieren, die wegen der fehlenden digitalen Infrastruktur die TI nicht nutzen können. Mit Blick auf Datenschutz und Datensicherheit wird der Gesetzgeber aufgefordert klarzustellen, dass die Haftung der Vertragszahnärzteschaft hier am Eintrittspunkt in die TI endet und die alleinige Verantwortung für die TI und ihre Komponenten bei der Gematik liegt. Der Gesetzgeber soll zudem die Anbindung der selbstständigen Zahntechniker an die TI ermöglichen.
Mit Blick auf die zahlreichen Initiativen auf europäischer Ebene, die die Freiberuflichkeit infrage stellen, forderte die KZBV-VV die Europäische Kommission und das Europaparlament dazu auf, sich für die Verabschiedung der bereits vorliegenden Charta der Freien Berufe einzusetzen.
Niedergelassene Zahnärzte im Wettbewerb stärken
Einen Schwerpunkt in den Berichten des Vorstands und in Redebeiträgen bildete die Frage der sich rasch verändernden Praxisstrukturen und des steigenden Wettbewerbsdrucks für niedergelassene Zahnärzte unter anderem durch Z-MVZ. Eßer machte sich in seiner Rede dafür stark, bestehende Praxen im Wettbewerb attraktiver zu machen und zu stärken und sie zu attraktiven Arbeitgebern für junge Zahnärztinnen und Zahnärzte zu machen, die zunächst eine Angestelltentätigkeit bevorzugen. Wenn dies nicht gelinge, werde man den Berufsnachwuchs an Großstrukturen verlieren. Zudem müssten gezielt neue Praxismodelle entwickelt und gefördert werden, um die Einstiegshürden in die Tätigkeit in eigener Praxis zum Beispiel mit einer Art „Schnupperselbstständigkeit“ niedriger zu machen.
In der Diskussion wurde berichtet, dass aus den bislang vorliegenden Zahlen zum Abrechnungsverhalten von Großstrukturen sich ein Trend erkennen lasse, dass nicht mehr nur Investoren-Z-MVZ überproportional Leistungen abrechneten, sondern dies auch bei den im Besitz von Zahnärzten befindlichen Z-MVZ zu erkennen sei. Parallel sei aber auch festzustellen, dass die moderne Einzelpraxis wirtschaftlich derzeit weiterhin ein Erfolgsmodell sei.
Register, Praxisschild: Mehr Transparenz bei Z-MVZ
Beim Thema der Z-MVZ wird mehr Transparenz gefordert. So wird die Politik mit einstimmig gefasstem Beschluss aufgefordert, ein MVZ-Register zu schaffen, das Auskunft über die tatsächliche Trägerschaft der MVZ gibt. Ein solches Register war kürzlich auch im Bundestag von der Linken-Fraktion gefordert worden, in der Debatte dazu allerdings von den Unionsparteien abgelehnt worden (mehr dazu im Beitrag im Deutschen Ärzteblatt). Zudem soll per Gesetz geregelt werden, dass die gesellschaftsrechtlichen Eigentümerstrukturen eines MVZ für die Patienten auf dem Praxisschild und der Homepage verpflichtend angegeben werden müssen.
Sicherstellungsinstrumente auch für die KZVen
Mit Blick auf mögliche regionale Defizite in der flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung mit Zahnärzten wollen die KZVen vorsorglich Sicherstellungsinstrumente nach Paragraf 105 SGB V erhalten, an deren Kosten sich auch die Krankenkassen beteiligen sollen. Ein entsprechender Antrag wurde mit Mehrheit angenommen. Solche Sicherstellungsinstrumente sind für die Vertragsärzte bereits verpflichtend, sie müssen bei Unterversorgung dann als KVen gegebenenfalls auch mit eigenen Einrichtungen tätig werden.
M. Marschall, Quintessence News
Alle von der KZBV-Vertreterversammlung verabschiedeten politischen Beschlüsse sind auf der Internetseite der KZBV im Wortlaut nachzulesen. Den Bericht vom ersten Tag der Vertreterversammlung in Berlin lesen Sie hier: „Bei der Digitalisierung nicht den Konzernen das Feld überlassen“.