Eine große Ehre: Dr. Juliane von Hoyningen-Huene aus Berlin – Mitglied im erweiterten Vorstand vom VdZÄ – Dentista e. V. – steht an der Spitze der Women Dentists Worldwide (WDW). Gewählt wurde sie anlässlich des Weltkongresses der World Dental Federation (FDI), der vom 4. bis 8. September 2019 in San Francisco stattfand. Wir haben sie befragt.
Frau von Hoyningen-Huene, herzlichen Glückwunsch zur Wahl. Was sind jetzt Ihre Aufgaben als neue Präsidentin?
Dr. Juliane von Hoyningen-Huene: Nun, es gibt drei Sektionen bei der World Dental Federation – Militärzahnmedizin, Öffentliches Gesundheitswesen und eben die Zahnärztinnen. In den unterschiedlichen Ländern gibt es verschiedene Herausforderungen für die Kolleginnen, die gilt es zu benennen und Lösungen zu suchen. Oft ist es einfach die Tatsache, sich wiederzufinden und die eigenen Probleme zu relativieren. Dazu helfen Podiumsdiskussionen und Publikationen sehr. Der persönliche Austausch ist international natürlich ein wenig schwerer als hier bei uns in Deutschland, dazu möchten wir auch verstärkt digitale Medien nutzen. Wir Frauen haben oft noch Nachholbedarf in Sachen Netzwerken, all dies bietet Women Dentists Worldwide. Dazu gibt es zu jedem Kongress ein eigenes Forum und den ein oder anderen Kongress, den ich organisieren darf. Dann sollten diese Informationen eben auch nach draußen getragen werden, damit mehr Zahnärztinnen in aller Welt von der Arbeit der WDW profitieren.
Hauptziel von Women Dentists Worldwide ist es, geschlechterbedingte Ungerechtigkeiten aufzuzeigen. Wo sehen Sie Zahnärztinnen besonders benachteiligt?
von Hoyningen-Huene: Gerade die Bereiche Standespolitik, Wissenschaft und Kongresse sind noch stark männerdominiert. Dazu kommen gesellschaftliche und kulturelle Hindernisse, insbesondere die Erwartungen der Gesellschaft an Frauen im Allgemeinen und Zahnärztinnen im Besonderen. Solange es nicht die Regel ist, dass sich Familienaufgaben gleichberechtigt geteilt werden, sind Frauen und Männer nicht gleichberechtigt.
Männerdominierte Strukturen aufzubrechen ist nicht von heute auf morgen erreicht, Gleichberechtigung ist harte Arbeit, in Zweierbeziehungen bis hin zu globalen Strukturen. Insbesondere politische Gremien sollten in Bezug auf Alter und Geschlecht die zu vertretende Gruppe abbilden, da sehe ich nicht nur in Deutschland großen Nachholbedarf.
Das Interview mit Dr. von Hoyningen-Huene erscheint auch in der aktuellen Ausgabe der „DENTISTA” 4/19. Das Fachjournal DENTISTA ist die einzige deutschsprachige Zeitschrift mit Fokus auf Zahnärztinnen. Es stellt praxisrelevante Themen rund um Zahnmedizin, Medizin, Familie und Berufstätigkeit in kurzen und prägnanten Beiträgen dar und lädt zum Informieren und Schmökern ein. DENTISTA versteht sich als informierende und serviceorientierte Begleiterin durch Wissenschaft, Praxis und Leben. DENTISTA erscheint seit 2007 viermal jährlich. Sie ist offizielles Organ des Verbands der Zahnärztinnen – Dentista e.V. und wird an dessen Mitglieder verschickt. Interessierte Leser können die DENTISTA auch unabhängig von einer Mitgliedschaft direkt vom Verlag beziehen. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.
Welche Themen tangieren Zahnärztinnen im Jahr 2019 länderübergreifend?
von Hoyningen-Huene: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, vor allem in der Rush-Hour des Lebens zwischen 30 und 45, betrifft uns alle. Es kann aber nicht die logische Konsequenz sein, sich karrieretechnisch zurück zu nehmen, um dem gesellschaftlichen Druck, beispielsweise eine gute Mutter und Ehefrau zu sein, Stand zu halten.
Der Spagat zwischen Familiengründung, Praxisübernahme, Spezialisierung und eventuell noch politischem Engagement ist schwierig. Es ist in manchen Ländern nicht möglich oder nicht gern gesehen, wenn Kinder fremdbetreut werden oder man sich Hilfe im Haushalt holt. Das darf nicht länger verurteilt werden. Auch auf wissenschaftlichen Kongressen sind Frauen auf den Podien immer noch unterrepräsentiert.
Und welche Instrumente stehen Ihnen für Ihre Arbeit zur Verfügung?
von Hoyningen-Huene: Im Moment sind es hauptsächlich Präsenzveranstaltungen wie das Forum zum Weltkongress und weitere Kongresse. Ich möchte gerne Vernetzungen zu nationalen Organisationen wie VdZÄ – Dentista e.V. ausbauen und auch mehr Print- und Onlinemedien nutzen.
Welchen Appell richten sie an die Zahnärztinnen dieser Welt?
von Hoyningen-Huene: Es gibt wunderbare Zahnärztinnen in aller Welt, die viel bewegen und schon bewegt haben. Sie sollten mehr in den Vordergrund rücken und sich zeigen, damit mehr Vorbilder für junge Zahnärztinnen zur Verfügung stehen.
Das Interview wurde von Sara Schönborn, Quintessenz Verlag, geführt.