Bei der AOK Bayern wird es 2023 zu massiven Budgetüberschreitungen im Bereich der Zahnmedizin kommen. Das teilt die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) mit. Die zahnmedizinische Versorgung der rund 4,6 Millionen AOK-Versicherten sei dadurch akut gefährdet. Zugleich fällt die AOK Bayern damit in Zustände zurück, wie sie bis zur weitgehenden Entbudgetierung bis 2013 üblich waren. Damals rief die KZVB vor allem für die AOK zum Jahresende immer wieder sogenannte Budgetspartage aus.
„Während andere Krankenkassen sehr wohl ausreichend Mittel für die Versorgung ihrer Versicherten bereitstellen, sah sich die AOK Bayern dazu nicht in der Lage. Die Verhandlungen zwischen der KZVB und der AOK Bayern wurden abgebrochen“, so die KZVB. „Gestern musste ein Landesschiedsamt über die Höhe der zahnärztlichen Vergütung entscheiden. Punktwert- und Budgeterhöhungen sind durch das von Karl Lauterbach verfasste GKV-Finanzstabilisierungsgesetz auf 2,7 Prozent begrenzt. Das reicht jedoch nicht einmal annähernd für den Inflationsausgleich“, bewertet die KZVB die Situation.
Verschärfend komme hinzu, dass 2023 deutlich mehr Parodontitisbehandlungen durchgeführt wurden als in den Vorjahren – auch bei den Versicherten der AOK Bayern. Auf die bayerischen Vertragszahnärzte kommen nun laut KZVB Rückforderungen in zweistelliger Millionenhöhe zu.
Größte bayerische Krankenkasse
Dr. Rüdiger Schott, Vorsitzender des Vorstands der KZVB, erklärte dazu: „Der 4. Dezember war ein schwarzer Tag für die Patienten. Wenn die größte in Bayern tätige Krankenkasse die Behandlungen ihrer Versicherten nicht vollständig finanzieren will, wird das nicht ohne Folgen bleiben. Für begrenzte Mittel kann es nur begrenzte Leistungen geben. Die AOK Bayern sollte sich ein Beispiel an den Ersatzkassen und den Betriebskrankenkassen nehmen, die alle notwendigen Leistungen mit den vereinbarten Punktwerten vergüten.“
Rückzahlungen treffen vor allem Landpraxen
Seine Stellvertreterin Dr. Marion Teichmann sieht damit auch die Praxisstrukturen und die Versorgung auf dem Land gefährdet. „Die Millionen-Rückzahlungen bei der AOK Bayern sind für viele Praxen existenzgefährdend. Gerade im ländlichen Raum hat diese Krankenkasse einen sehr hohen Marktanteil. Einige Praxen behandeln bis zu 80 Prozent AOK-Versicherte. Deren Behandlung könnte nun in vielen Fällen nicht mehr wirtschaftlich sein. Die Versorgungslandschaft wird sich deshalb weiter ausdünnen. Schon jetzt finden viele Alterspraxen keinen Nachfolger mehr. Für die Patienten bedeutet das: Lange Wartezeiten und weite Wege für einen Zahnarzttermin.“
Lange Wartezeiten auf Termine
Auch das Vorstandsmitglied Dr. Jens Kober kritisiert die AOK scharf für ihre Verhandlungspolitik. Sie entziehe sich ihrer Verantwortung für die Sicherstellung der flächendeckenden, zahnmedizinischen Versorgung. „Es droht nun eine echte Zwei-Klassen-Medizin. Die Patienten in den Großstädten werden leichter einen Zahnarzttermin bekommen. Auf dem Land aber gehen versorgungstechnisch nach und nach die Lichter aus. Die Verweigerungshaltung dieser Krankenkasse ist ein fatales Signal an unseren zahnärztlichen Nachwuchs. Niemand wird sich für die Gründung oder Übernahme einer Praxis entscheiden, wenn die erbrachten Leistungen nicht in vollem Umfang vergütet werden.“
AOK Bayern fällt in alte Muster
Bis 2013 trafen sich die KZVB und die AOK Bayern immer wieder vor dem Schiedsamt und vor den Sozialgerichten, weil die Kasse fast durchweg zu wenig Mittel für die zahnärztliche Versorgung ihrer Versicherten bereitstellte. Teilweise wurden schon im Herbst die „Budgetspartage“ für die bayerischen Praxen angekündigt, weil die von der AOK Bayern bereitgestellten Gelder für eine normale zahnärztliche Versorgung der dort versicherten Patienten nicht mehr ausreichten. Dann sollten nur noch dringend notwendige Behandlungen durchgeführt werden.
Mit der Aufhebung der strikten Budgetierung und der Einführung der Morbiditätsentwicklung als wichtiger Kennzahl für die Vergütungsvereinbarungen mit den Krankenkassen endete diese Situation. Jetzt wurde die Budgetierung mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz für 2023 und 2024 wieder vorgegeben.