Ab dem 1. Juli 2018 stehen für die zahnärztliche Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen neue präventive Leistungen nach Paragraf 22a SGB V zur Verfügung. Nachdem die neuen Leistungen im Bundesanzeiger veröffentlicht worden sind, hat sich die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung „nach intensiven Verhandlungen im zuständigen Bewertungsausschuss“ mit dem Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) auch auf entsprechende Leistungspositionen geeinigt. Diese können ab 1. Juli von den Vertragszahnärzten erbracht und abgerechnet werden.
Leistungen und Vergütung konkretisiert
Bei den Verhandlungen wurden Präventionsleistungen und deren Vergütungen für Versicherte mit einem Pflegegrad sowie für Versicherte konkretisiert, die Eingliederungshilfe erhalten. Darunter fallen die Erhebung des Mundgesundheitsstatus, das Erstelleng eines Mundgesundheitsplans, die Mundgesundheitsaufklärung und die zusätzliche Entfernung harter Zahnbeläge. Die Umsetzung wird flankiert von einer teilweisen Umbewertung der Besuchs- und Zuschlagleistungen.
Aufsuchende Betreuung und Kooperationen mit Pflegeeinrichtung stärken
Ziel war es, damit die Versorgung im Rahmen der aufsuchenden häuslichen Betreuung durch Aufwertung entsprechender Positionen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (Bema) zu stärken und sicherzustellen, dass der Abschluss oder die Fortführung von Kooperationsverträgen mit Pflegeeinrichtungen für Praxen weiter gefördert wird. Derzeit gibt es bundesweit mehr als 3.700 solcher Verträge. Die Zahl zahnärztlicher Haus- und Heimbesuche lag im Jahr 2017 bei rund 923.000.
Patienten mit Handicap auch präventiv behandeln
Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV: „Auf Grundlage dieses Verhandlungserfolges können wir Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung künftig nicht nur kurativ, sondern auch präventiv behandeln. Diese Patienten benötigen unsere besondere Zuwendung und Betreuung, da sie vielfach nicht oder nicht mehr in der Lage sind, für ihre Mundgesundheit selbständig und eigenverantwortlich zu sorgen. Wir Zahnärzte tragen damit unseren Teil dazu bei, allen Menschen eine bedarfsgerechte Versorgung zukommen zu lassen und möglichst gleichwertige Lebensverhältnisse in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft zu schaffen - ein Anspruch, der ja auch von der Politik immer wieder ausdrücklich betont wird.“
Paragraf 22a SGB V – Vom Konzept in die Versorgung
Aufgrund des besonderen Versorgungsbedarfes von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen hatte die Zahnärzteschaft im Jahr 2010 ihr Konzept „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter“ vorgestellt. Seitdem hatte die KZBV bei politischen Entscheidungsträgern für die Umsetzung der Inhalte geworben und die Notwendigkeit einer gesetzlichen Implementierung betont – „mit Erfolg: Der Gesetzgeber hat mit Paragraf 87 Abs. 2i, Abs. 2j und schließlich mit Paragraf 22a SGB V wichtige Teile des Konzepts aufgegriffen. Die KZBV hatte sich in der Folge dafür stark gemacht, dass die Leistungen möglichst zeitnah in die Versorgung kommen und zugleich auf ein schlankes Verfahren im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und jetzt anschließend im Bewertungsausschuss gedrängt“, so die KZBV.
Nachdem die KZBV als stimmberechtigte Trägerorganisation im G-BA im Oktober 2017 die Umsetzung der Erstfassung der Richtlinie über Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen maßgeblich vorangetrieben hatte, folgte nun das Verfahren im Bewertungsausschuss. Die in dem Gremium erzielten Bewertungen gewährleisten, dass die neuen Leistungen in der Praxis und im Rahmen der aufsuchenden Betreuung wirtschaftlich erbracht werden können.
„Zahnreport“: Kassen sehen noch zu wenig Wirkung
Erst in der vergangenen Woche hatte die Barmer ihren „Zahnreport“ vorgestellt, bei dem diesmal insbesondere die aufsuchende zahnärztliche Betreuung in Pflegeeinrichtungen analysiert wurde – erste Leistungspositionen dafür waren 2013 und 2014 in Kraft getreten. Der Bericht zeigte eine deutlich höhere Frequenz von abgerechneten Besuchen bei Pflegebedürftigen, diesen seien aber nicht verstärkt kurative Leistungen gefolgt.
KZBV und Bundeszahnärztekammer hatten daraufhin mehr Unterstützung der Krankenkassen zum Beispiel bei der Information ihrer Versicherten über bestehende Ansprüche und eine bessere Ausbildung der Pflegekräfte gefordert.
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