Bei Kindern, deren Kooperationsfähigkeit nicht ausreicht, ist eine zahnärztliche Behandlung oft nur unter Einsatz anästhesiologischer Maßnahmen möglich. Allerdings führen Budgetierungen und Honorarverteilungsmaßnahmen dazu, dass diese Leistungen für die niedergelassenen Anästhesisten nicht mehr oder nicht mehr ausreichend vergütet werden. Eine Petition an den Deutschen Bundestag will das jetzt ändern.
Ziel ist, dass das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) so geändert wird, dass dieser Bereich von diesen Sparregelungen nicht mehr erfasst wird. Unter dem Titel „Erweiterung von Paragraf 87b Absatz 2 Satz 5 SGB V um Kinder bis zum 12 Lebensjahr bei mangelnder Kooperationsfähigkeit vom 01.03.2023“ heißt es: Mit der Petition wird gefordert, Paragraf 87b Abs. 2 Satz 5 SGB V um Kinder bis zum 12. Lebensjahr bei mangelnder Kooperationsfähigkeit zu erweitern: „Im Verteilungsmaßstab dürfen keine Maßnahmen zur Begrenzung oder Minderung des Honorars für anästhesiologische Leistungen angewandt werden, die im Zusammenhang mit vertragszahnärztlichen Behandlungen von Patienten mit mangelnder Kooperationsfähigkeit bei geistiger Behinderung oder schwerer Dyskinesie, sowie für Kinder bis zum 12. Lebensjahr notwendig sind.“
Eltern und Familien um Unterstützung gebeten
Auf den Weg gebracht wurde diese Petition laut Angaben des Bundesverbands der Kinderzahnärzte (BuKiZ) von Jörg Biank, Anästhesist aus Oldenburg. Diese Petition wird in den Social-Media-Kanälen, zum Beispiel auf Instagram und Facebook, vom BuKiZ und von Kinderzahnärztinnen und Kinderzahnärzten unterstützt. Es gibt dazu auch Infoschreiben für die Eltern und Familien der Kinder mit der Bitte, diese Online-Petition zu zeichnen.
Die Mitzeichnungsfrist der Petition mit der Nummer 146902 beim Deutschen Bundestag läuft bis zum 18. Mai 2023. Damit der Petitionsausschuss den Petenten in einer öffentlichen Sitzung anhört, muss in der Mitzeichnungsfrist ein Quorum von 50.000 Unterstützungen erreicht werden.
Problem existiert schon länger
Die Situation von Kindern und Patienten mit Handicap, die nur mithilfe anästhesiologischer Maßnahmen überhaupt zahnärztlich behandelt werden können, ist seit vielen Jahren und in vielen Regionen immer wieder ein Problem. Dies gilt vor allem, wenn dafür ein niedergelassener Anästhesist erforderlich ist, weil in der Gesetzlichen Krankenversicherung dafür die Honorierung für den Anästhesisten im Vergleich zum Aufwand ohnehin schon gering ist. Der gerne angebrachte Verweis auf eine stationäre Behandlung dieser Patienten scheitert häufig an den Kapazitäten oder dem Vorhandensein geeigneter stationärer Einrichtungen.
In der Begründung zur Petition heißt es: „Die Herausforderungen im Gesundheitssystem bezüglich der Kostensteigerungen sind gewaltig. Ungezügelte Leistungsausweitung soll unterbunden werden. Mitunter kommt es jedoch, insbesondere in Randbereichen, zu Honorarkürzungen, ohne das eine Leistungsausweitung stattgefunden hätte oder zu erwarten wäre, weil in anderen Bereichen vermehrt Leistungen zur Abrechnung kommen, welche aus dem gleichen Honorartopf beglichen werden müssen.“
„Faktisches Streichen der Leistungen aus dem GKV-Katalog“
Die Kassenärztlichen Vereinigungen versuchten über verschiedene Mechanismen, dies auszugleichen. „Wo diese Mechanismen versagen, müssen die gesetzlichen Vorgaben angepasst werden. Andernfalls kommt es faktisch zu einer Streichung dieser Leistung aus dem Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherungen, da die Leistung weder wirtschaftlich noch im Sinne der Patientensicherheit erbracht werden kann.“
Weiter heißt es: „Die anästhesiologische Versorgung von Kindern mit mangelnder Kooperationsfähigkeit bis zum 12. Lebensjahr bei ambulanten Narkosen beim Zahnarzt ist so ein betroffener Randbereich, wo die Mechanismen versagen. Die Notwendigkeit dieser Versorgungsstruktur ist sehr gut belegt. Eine Mischkalkulation ist aufgrund von geforderten Mindestfallzahlen der Fachgesellschaften (BDA/DGAI/FEAPA) im Bereich Kinderanästhesie nur unzureichend möglich. Die Patientensicherheit hat oberste Priorität.“
Erweiterung des SGB V als Lösungsweg
Als Lösungsvorschlag wird eine Erweiterung des Paragrafen 87b SGB V vorgeschlagen: „Im ähnlich gelagerten Fall der Patienten mit mangelnder Kooperationsfähigkeit bei geistiger Behinderung oder Dyskinesien wurde dies erkannt, und 2016 erfolgte eine Änderung von §87b Abs. 2 Satz 5 SGB V.“ Dieser betrifft die Vergütung der Ärzte, hier die Honorarverteilung. Die Forderung der Petenten lautet daher: „Um weiterhin ambulante Narkosen beim Zahnarzt für Kinder unter 12 Jahren zu gewährleisten ist eine Gleichstellung von Kindern mit mangelnder Kooperationsfähigkeit bis zum 12. Lebensjahr und Patienten mit mangelnder Kooperationsfähigkeit bei geistiger Behinderung oder schwerer Dyskinesie erforderlich.“