Das Bundesgesundheitsministerium ist mit der vom eigenen Minister angekündigten Gesetzgebung in Verzug. Wie der Leiter der Abteilung Krankenversicherung im BMG, Michael Weller, auf einer Veranstaltung Anfang Dezember erklärte, hänge der Gesetzentwurf des ersten Versorgungsstärkungsgesetzes in der Bundesregierung fest.
Weller kündigte laut Bericht der „Ärzte Zeitung“ an, für das geplante Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) die „Restart“-Taste drücken zu wollen. Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach hatte nach dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) bereits vor gut einem Jahr zwei weitere Versorgungsgesetze angekündigt, mit denen die Reform des Gesetzlichen Krankenversicherung auf den Weg gebracht werden sollte. Die Entwürfe waren ursprünglich schon für Mai 2023 angekündigt. Im zweiten, ursprünglich für Herbst 2023 angekündigten Versorgungsgesetz sollten dann auch die Regelungen zu den von Fremdinvestoren betriebenen medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) enthalten sein.
Lauterbach selbst hatte vor einem Jahr angekündigt, die Fremdinvestoren beschränken zu wollen. Die Gesundheitsminister der Länder und die ärztliche und zahnärztliche Standespolitik hatte den Minister mehrfach aufgefordert, hier endlich tätig zu werden – und die Regelung in das erste Versorgungsgesetz zu packen, da die Zahl der iMVZ weiter steige.
Regelungen zu iMVZ sollen vorgezogen werden
Dies soll nun passieren – wie Weller ebenfalls ankündigte. Der Referentenentwurf des GVSG solle um eine restriktivere Regelungspraxis für iMVZ erweitert und in die sogenannte Frühabstimmung des Bundeskanzleramts gegeben werden, heißt es im Bericht der „Ärzte Zeitung“. Der Bundesrat hatte dazu im Juni bereits Vorschläge gemacht – ob diese berücksichtigt würden, habe Weller nicht gesagt. Verankert werden sollen auch Regelungen für genossenschaftlich getragene MVZ.
Seit Lauterbachs Ankündigung bearbeiten die Lobbyisten aller Seiten die Entscheidungsträger in Sachen iMVZ mit Gutachten aller Art und Gegengutachten. Vor allem nach einigen Rechtsgutachten entstand der Eindruck, dass am Ende nur ein Transparenzregister und einige Transparenzregeln für iMVZ übrigbleiben könnten. Zuletzt hatte unter anderen der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann auf der Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) Anfang November 2023 in Bonn die Forderung nach schnelle Regelungen gegen den Ausverkauf der ambulanten Versorgung aus Ländersicht wiederholt. Die FDP-Bundestagsfraktion hatte Mitte November ein eigenes Papier zu iMVZ beschlossen, das sich für eine Trägervielfalt und für eine Stärkung der Selbstverwaltung ausspricht, weitere Regelungen wie regionale Beschränkungen etc. aber ablehnt.
5.000 zusätzliche Medizinstudienplätze
Ebenfalls im Versorgungsgesetz enthalten sein sollen die umstrittenen Gesundheitskioske. Dafür hätten allein die Kommunen das Initiativrecht. Die Umsetzung und Finanzierung der Gesundheitskioske über Kommunen und Krankenkassen soll ebenfalls geregelt werden, heißt es dazu im Bericht des Deutschen Ärzteblatts. Ende November 2023 hatte Lauterbach zudem 5.000 zusätzliche Medizinstudienplätze angekündigt, auch dazu soll eine Initiative ins Gesetz.
Während diese und weitere angekündigten Gesetze noch immer nicht auf dem Weg sind, kündigte Lauterbach via Interviews und Social Media mehr an. So postete er auf „X“ am Rande des SPD-Bundesparteitags in Berlin am vergangenen Wochenende ein Foto mit Vertreterinnen und Vertretern der Apothekerschaft, die dort mit einem Stand vertreten waren. Dazu kündigte er an: „Natürlich müssen wir das Apothekensterben stoppen. Aber den Krankenkassen fehlt das Geld für eine deutliche Ausweitung der Honorare; das Honorarsystem ist ungerecht. Reform kommt aber bald.“
Digitalisierung mit Sanktionen durchsetzen
Im Interview mit dem „Handelsblatt“ machte er am 7. Dezember 2023 zur laufenden Gesetzgebung mit dem Digitalisierungsgesetz (DigiG) und Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) klar, dass er die weiteren Digitalisierungspläne mit Sanktionen durchsetzen werde. So erklärte er zum E-Rezept klar, dass er an der Einführung zum Beginn 2024 festhalten werde. „Im Großen und Ganzen ist das Rezept bereit“, erklärte er unter Verweis auf die Testphase. Außerdem seien fast alle Praxen darauf vorbereitet und die Ärzte verpflichtet, E-Rezepte auszustellen, die Infrastruktur sei vorhanden. Wenn Ärzte das nicht umsetzten, seien Sanktionen fällig: „„Dann wird es zu Sanktionen kommen müssen. Alle großen Hersteller von Praxissoftware haben das E-Rezept implementiert und erprobt. Ich sehe daher keinen Grund, weshalb es nicht funktionieren sollte. Und es ist eine gesetzliche Vorgabe, die bedient werden muss.“ Zugleich kündigte er an, dass auch die PVS-Hersteller jetzt mit strengeren Vorgaben rechnen müssten. Das Digitalisierungsgesetz (DigiG), in dem unter anderem diese Regelungen enthalten sind, befinden sich bereits im parlamentarischen Verfahren und soll wie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) möglichst noch in diesem Jahr in dritter Lesung beschlossen werden.
PVS-Hersteller stärker regulieren
Hier konstatierte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), dass die Politik die Rolle der PVS für die erfolgreiche Umsetzung der Telematikinfrastruktur und der Digitalisierung stark unterschätze. Auf der KBV-Vertreterversammlung erklärte Vorstandsmitglied Dr. Sybille Steiner, dass man im Gespräch mit Lauterbach darauf gedrängt habe, die PVS-Hersteller stärker einzubinden und zu sanktionieren. In einer kürzlich vorgestellten Umfrage unter Berliner Ärztinnen und Ärzten und Praxismitarbeitenden war der Ärger mit PVS-Herstellern ein wichtiger Kritikpunkt an der Digitalisierung.