Ein langer Prozess ist abgeschlossen: Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat auf ihrer 75. Weltgesundheitsversammlung (WHA75) vom 22. Mai bis 1. Juni 2022 in Genf erstmals eine globale Strategie zur Mundgesundheit verabschiedet. Daraus soll ein neuer Aktionsplan entstehen.
Die WHO spricht selbst von einer bahnbrechenden globalen Strategie zur Mundgesundheit. Obwohl sie größtenteils vermeidbar sind, wird die Zahl der Fälle von Mundkrankheiten und anderen oralen Erkrankungen im Jahr 2019 weltweit auf mehr als 3,5 Milliarden geschätzt. Und obwohl fast die Hälfte der Weltbevölkerung davon betroffen sei, habe es bisher keine globale Strategie für Mundgesundheit gegeben, so die WHO.
Globale Strategie notwendig
„Die Delegierten waren sich einig, dass eine solche globale Strategie jetzt notwendig ist. Sie wird in die Entwicklung eines neuen globalen Aktionsplans einfließen, der auch einen Rahmen für die Evaluierung von Fortschritten mit Zielvorgaben bis 2030 enthält und auf der Weltgesundheitsversammlung 2023 diskutiert werden soll. Außerdem wird die WHO im Laufe des Jahres 2022 ihren allerersten globalen Bericht zur Mundgesundheit veröffentlichen“, heißt es im Bericht von der Versammlung. Bereits 2021 hatten die Delegierten in einer Resolution die Mundgesundheit als globales Ziel benannt.
Flächendeckendes Angebot zur Mundgesundheit bis 2030
Die globale Strategie für Mundgesundheit hat die kühne Vision einer flächendeckenden Versorgung mit Mundgesundheitsdiensten bis 2030. Zu den wichtigsten Ansätzen gehören die Festlegung ambitionierter nationaler Maßnahmen, die Integration der Mundgesundheit in die primäre Gesundheitsversorgung und die Optimierung digitaler Technologien.
Bereits 2021 hatte die WHO den Entwurf für die jetzt beschlossene Strategie vorgestellt und zur Diskussion freigegeben. Er gehört zum großen Themenfeld der nicht übertragbaren Krankheiten (NCD), auf deren Bekämpfung die WHO jetzt für die Zukunft einen starken Fokus setzt. Zahlen zur globalen Mundgesundheit, die Resolution und die Teams der WHO gibt es auf der Internetseite der Weltgesundheitsorganisation.
FDI lobt die neue Strategie
Der Weltzahnärzteverband FDI lobt die neue Strategie und sichert der WHO seine Bereitschaft zu, das Entwickeln des nachfolgenden Aktionsplans und des Überwachungsrahmens bis 2023 zu unterstützen.
Die 75. Weltgesundheitsversammlung sei ein historischer Moment für die Mundgesundheitsgemeinschaft, denn die Mitgliedstaaten hätten die Globale Strategie für Mundgesundheit offiziell angenommen, so die FDI.
Die Strategie ist das Ergebnis eines langen Prozesses, so die FDI, der im Jahr 2020 eingeleitet wurde, und an dessen Spitze der Mitgliedstaat Sri Lanka stand, der in einer von 17 anderen Mitgliedstaaten unterstützten Erklärung an das 146. Executive Board der WHO erklärte: „... es besteht ein dringender Bedarf an einem stärkeren internationalen politischen Engagement für die Mundgesundheit und ihre Integration in die primäre Gesundheitsversorgung. Die Mundgesundheitsversorgung sollte kein isolierter Teil der Gesundheitsversorgung sein. Sie sollte eindeutig in die NCD- und UHC-Agenden eingebettet werden."
Die Führungsrolle Sri Lankas in Verbindung mit der starken Unterstützung der Mitgliedstaaten habe dazu geführt, dass die WHO 2021 eine Mundgesundheitsresolution verabschiedete, in der die Entwicklung eines Entwurfs für eine globale Strategie bis 2022 gefordert wurde. „Die FDI hat mit ihren Mitgliedern sowie anderen NCD-Verbänden und -Partnern zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass unsere Stimme in den wichtigen Konsultationsphasen gehört wurde, als der Text der Strategie ausgearbeitet wurde. In die heute verabschiedete Fassung sind viele der Vorschläge eingeflossen, die in der von der FDI mit Unterstützung von 65 Organisationen eingereichten gemeinsamen Antwort enthalten waren“, heißt es in der Reaktion der FDI vom 24. Mai 2022.
Enger Zusammenhang mit der FDI-Vision 2030
FDI-Präsident Prof. Ihsane Ben Yahya sagte: „Die Globale Mundgesundheitsstrategie der WHO steht in engem Zusammenhang mit unserem eigenen Bericht Vision 2030: Optimale Mundgesundheit für alle. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die WHO-Mitgliedstaaten mit den FDI-Mitgliedern zusammenarbeiten und ihre Bemühungen vor Ort gegenseitig ergänzen, um eine erfolgreiche Umsetzung der skizzierten Strategien zu gewährleisten. Auf diese Weise können wir dazu beitragen, das gemeinsame Ziel der Verbesserung der Mundgesundheit und des Wohlbefindens der von uns betreuten Bevölkerungsgruppen zu erreichen".
Die WHO arbeite nun daran, diese globale Strategie bis 2023 in einen Aktionsplan für die öffentliche Mundgesundheit umzusetzen, der auch einen Rahmen für die Verfolgung der Fortschritte mit klaren, messbaren Zielen bis 2030 enthält.
Erklärung der FDI vor der Weltgesundheitsversammlung
Alle nichtstaatlichen Akteure (NSA) wie die FDI durften auf der WHA75 nur einminütige mündliche Erklärungen an die Mitgliedstaaten abgeben, die entweder persönlich oder über eine vorab aufgezeichnete Videobotschaft abgegeben werden konnten. Die Botschaft der FDI wurde von der FDI-Präsidentin, Prof. Ihsane Ben Yahya, verlesen, das Video kann auf der Website der FDI abgerufen werden.
Das Statement der FDI-Präsidentin
„Die FDI lobt die aktualisierte Mundgesundheitsstrategie der WHO, die sich eng an unsere eigene Vision 2030 anlehnt. Wir begrüßen die Hinzufügung des strategischen Ziels für das Gesundheitspersonal sowie die aktualisierte Definition von Mundgesundheit, die nun den gesamten kraniofazialen Komplex umfasst.
Die FDI ist gemeinsam mit ihren Mitgliedsverbänden weltweit bereit, die Entwicklung des nachfolgenden Aktionsplans und des Überwachungsrahmens zu unterstützen, um eine erfolgreiche Umsetzung auf nationaler Ebene sicherzustellen. Wir setzen uns für die Integration der Mundgesundheit in die nationalen NCD- und PHC-Strategien ein, unter anderem durch die Aufnahme wesentlicher Mundgesundheitsleistungen in die UHC-Leistungspakete.
Schließlich rufen wir die Mitgliedstaaten auf, die Einstufung von Noma im Rahmen des Fahrplans 2021-2030 für vernachlässigte Tropenkrankheiten zu unterstützen, um Ungleichheiten im Gesundheitsbereich zu verringern.“
UHC = Universal Health Coverage/universelle soziale Absicherung
NCD = nicht übertragbare Krankheiten (Non-Communicable Diseases
PHC = Primary Health Care/Gesundheit für alle