Die Sparmaßnahmen im Bereich der Zahnheilkunde werden sich langfristig auf die Mundgesundheit der deutschen Bevölkerung auswirken. Darauf machen die Verbände für zahnmedizinisches Fachpersonal – der Bundesverband Zahnmedizinischer Fachkräfte in der Prävention e.V. (BVZP), der Verband Deutscher Dentalhygieniker (VDDH) und der Verband medizinischer Fachberufe e.V. (vmf) – gemeinsam aufmerksam. Sie rufen ihre Kolleginnen und Kollegen dazu auf, die unmittelbaren Konsequenzen für die Patientinnen und Patienten auch auf der Protestaktion am 8. September 2023 in Berlin deutlich aufzuzeigen.
Birgit Hühn (VDDH) stellt fest: „Seit fast zehn Jahren fordern wir, den Patientenschutz durch Qualifikation in der Prävention und einen klar definierten Delegationsrahmen zu sichern. Um Kosten zu sparen, werden in der Prophylaxe heute schon ZFA eingesetzt, die nur über einen Tageskurs fortgebildet wurden. Durch die Budgetierung befürchten wir weitere Einsparmaßnahmen, die in der Qualität sichtbar werden. So kann keine erfolgreiche Prävention betrieben werden. Fachkräfte, wie Zahnmedizinische Prophylaxeassistentinnen/-assistenten (ZMP) und Dental-Hygieniker/-innen (DH), die an den Kammern oder Hochschulen weiterqualifiziert wurden, sind der Schlüssel für das Umdenken von der Reparaturzahnmedizin hin zur Salutogenese. Dass man das Gesundheitssystem reformieren muss, ist überfällig, aber nicht auf Kosten der Praxen, die flächendeckend die Versorgung der Bevölkerung aufrechterhalten möchten.“
Budgetierung revidieren, moderne Therapie finanzieren
„Die zahnmedizinischen Behandlungen haben sich stark weiterentwickelt. Von den gesetzlichen Krankenkassen werden aber nach wie vor nur die Leistungen übernommen, die dem Standard von vor 50 Jahren entsprechen. Alles andere müssen Patientinnen und Patienten aus eigener Tasche zuzahlen“, ergänzt Nancy Djelassi, Präsidentin des BVZP. „Das betrifft auch ganz konkret die Parodontitistherapie. Dabei ist Parodontitis die Volkskrankheit Nummer 1! Die Folge: Deutschland wird zahnlos, denn die zahnärztlichen Behandlungen werden dank unserer aktuellen Politik zu Luxusbehandlungen. Diese gekürzten finanziellen Zuschüsse für eine ordentliche, qualitativ hochwertige und nachhaltige Parodontitisbehandlung reichen in der Realität bei weitem nicht für die komplette Behandlungsstrecke aus. Deshalb fordern wir, die Budgetierung zu revidieren!“
„Es wird gespart – aber am falschen Ende“
Sylvia Gabel, Referatsleiterin Zahnmedizinische Fachangestellte im vmf erinnert daran, dass jahrelang an der Leitlinie für die Parodontalbehandlung gearbeitet wurde. „Es war ein Meilenstein, um diese Volkskrankheit zu bekämpfen. Am 1. Juli 2021 trat sie in Kraft und zum 1. Januar 2023 wurde sie wieder zusammengestrichen. Die Krankenkassen genehmigen zwar weiterhin die Anträge, sie werden die erbrachten Leistungen aber nicht in voller Höhe bezahlen. Das ist versteckte Leistungskürzung. Viele Patientinnen und Patienten werden überhaupt nicht in den Genuss kommen, weil dafür sie selbst dafür bezahlen müssten. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Parodontitis und Allgemeingesundheit anerkannt und belegt. Auch die Einsparungen bei anderen zahnärztlichen Leistungen bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die Mundgesundheit und die zahnärztliche Versorgung. Das Motto des Tages der Zahngesundheit lautet: Gesund beginnt im Mund! Diese Worte haben in Deutschland keine Bedeutung mehr, es wird gespart – aber am falschen Ende.“
Protestaktion in Berlin
Die Protestaktion am Brandenburger Tor findet am Freitag, 8. September 2023, von 13 bis 15 Uhr statt, ab 12 Uhr sind Gespräche mit Politikern geplant. Die Aktion findet breite Unterstützung von Körperschaften und Verbänden aus Medizin und Zahnmedizin, die Rednerliste soll mehr als 25 Namen aufführen. Quintessence News ist vor Ort und wird berichten. Wichtigste politischer Gastredner ist Staatsminister Klaus Holetschek, Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Die Protestaktion wird ab 12.45 Uhr auch im Livestream auf YouTube übertragen.
Die Rednerliste
- Stephanie Schreiber, Medizinische Fachangestellte (MFA), 2. Vorsitzende im geschäftsführenden Vorstand vom Verband medizinischer Fachberufe e.V. (vmf)
- Dr. med. Norbert Smetak, Vorstandsmitglied Spitzenverband Fachärzte Deutschland e.V. (SpiFa) und Vorsitzender MEDI Baden-Württemberg
- Dr. med. Markus Beier, Bundesvorsitzender Deutscher Hausärzteverband e.V.
- Dr. Berndt Birkner, Präsident Netzwerk gegen Darmkrebs e.V.
- Martin Hendges, Vorsitzender Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
- Prof. Christoph Benz, Präsident Bundeszahnärztekammer
- Harald Schrader, Bundesvorsitzender Freier Verband Deutscher Zahnärzte e.V.
- Sylvia Gabel, Zahnmedizinische Fachassistentin (ZMF), vmf-Referatsleitung für Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA)
- Staatsminister Klaus Holetschek, Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege
- MdB Emmi Zeulner, CDU/CSU-Fraktion, Mitglied Gesundheitsausschuss
- Walter Winkler, Verband Deutscher Zahntechnikerinnungen (VDZI)
- Sandro Thiele, Zahntechniker-Innung Thüringen
- Karola Will, Zahntechnikerin (ZT), vmf-Referatsleitung für Zahntechniker*innen
- MdB Simone Borchardt, CDU/CSU-Fraktion, Mitglied Gesundheitsausschuss
- MdB Ates Gürpinar, Fraktion Die Linke, Mitglied Gesundheitsausschuss
- Dr. Karsten Heegewaldt, Präsident Zahnärztekammer Berlin
- Dr. Dr. Frank Wohl, Präsident Zahnärztekammer Bayern
- Dr. Juliane von Hoyningen-Huene, Vizepräsidentin Dentista e.V. – Verband der ZahnÄrztinnen
- Nancy Djelassi, Bundesverband für zahnmedizinische Fachkräfte in der Prävention – BVZP e.V.
- Jurgita Pflaum, Verband Deutscher Dentalhygieniker (VDDH)
- Klaus Seidel, Medizinischer Fachangestellter (MFA)
- Dr. med. Doris Reinhardt, stellvertretende Vorstandsvorsitzende Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
- Dr. med. Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin Bundesärztekammer
- Erik Bodendieck, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen/Medizinischen Fachangestellten (AAA)
- Hajo Beier, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Zahnmedizinischen Fachangestellten für Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Saarland und Westfalen-Lippe (AAZ)
- Hannelore König, Medizinische Fachangestellte (MFA), vmf-Präsidentin