Die Nachricht sorgte in der Dentalwelt für Aufsehen: Ein Investor kauft Schloss Schellenstein in Olsberg, die international bekannte Praxis von Prof. Dr. Fouad Khoury, ebenso international bekannter wie hoch geschätzter Zahnmediziner, Wissenschaftler, Autor und Referent. Und sie reiht sich ein in eine Fülle von Nachrichten über Investoren, die im deutschen Gesundheitsmarkt Kliniken, Arzt- und Zahnarztpraxen und Dentallabore kaufen. Das Thema hat längst auch seinen Weg in die Medien gefunden, der Spiegel, das Handelsblatt, Radio und Fernsehen haben darüber schon berichtet.
In der zahnärztlichen Standespolitik werden diese Investoren als Heuschrecken gesehen, die nur auf Rendite aus seien und den Anfang vom Ende des in eigener Praxis niedergelassenen freiberuflichen Zahnarztes bedeuteten. Viele, vor allem ältere Zahnärzte, Inhaber großer oder auch junger Praxen mit Wachstumsabsichten, sehen das aus einer anderen Perspektive: Sie suchen aktiv Käufer oder Partner oder hoffen, mit den Investoren neue Potenziale erschließen zu können.
Im Gespräch mit Dr. Marion Marschall, Chefredakteurin der Quintessence News, gab Franz Maier, Geschäftsführer der Acura Zahnärzte GmbH, Auskunft über die Pläne seines Unternehmens, das mit dem Finanzinvestor Investcorp verbunden ist – und die Praxis von Prof. Dr. Khoury zu ihrem Portfolio zählt. Maier, der nach weltweiten Leitungsfunktionen bei Straumann und Nobel Biocare zuletzt in der Schweiz das SwissSmile-Praxisnetz mit aufgebaut hat, macht schnell klar, dass das Konzept der Acura nicht viel mit den Investoren zu tun hat, die derzeit in Deutschland in großem Stil Zahnarztpraxen kaufen oder kaufen wollen.
Herr Maier, der Dentalmarkt unterliegt einem starken Wandel. Welche Besonderheiten sind aus Ihrer Sicht hervorzuheben?
Franz Maier: Wir sehen alle den Wandel in der Zahnärzteschaft und den Strukturwandel im Gesundheitswesen insgesamt. Der zahnärztliche Nachwuchs setzt seine Prioritäten für die Berufsausübung anders, die Niederlassung in eigener Praxis steht bei vielen nicht mehr an erster Stelle. Die Sicherheit des Arbeitsplatzes, geregelte Arbeitszeiten und die Sorge vor großen finanziellen Verpflichtungen sind dabei die wesentlichen drei Gründe für diese Entscheidung.
Dazu kommt, dass die aktuellen Examensjahrgänge an den Universitäten heute und in Zukunft zu einem großen Teil aus Frauen bestehen. Wir haben deswegen attraktive Teilzeitmodelle entwickelt, welche eine möglichst flexible Arbeitszeitgestaltung ermöglichen. Die Tätigkeit als angestellter Zahnarzt in der Acura Gruppe erleichtert es jungen Zahnärztinnen und Zahnärzten, ihre Lebensentwürfe umzusetzen.
Antworten auf den Strukturwandel geben
Was bedeutet diese veränderte Einstellung für Praxisinhaberinnen und -inhaber, die sich mit einem Verkauf beschäftigen?
Maier: Noch vor wenigen Jahren war es völlig unproblematisch für Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber, einen Nachfolger zu finden. Der Trend der vergangenen Jahre zeigt nun aber, dass die Nachfolge vieler Praxen nicht mehr sichergestellt werden kann, weil geeignete Interessenten fehlen. Dieses Problem wird sich in den nächsten 15 Jahren weiter verstärken, weil etwa 50 Prozent der niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte das Rentenalter erreichen und ein entsprechender Abgabestau absehbar ist. Hier bietet Acura die Möglichkeit, interessante Übergabekonzepte umzusetzen und so den älteren Zahnärztinnen und Zahnärzten zu helfen, einen weichen Übergang in ihre Altersversorgung zu erreichen.
Wir glauben, dass wir mit unserem Konzept attraktive Antworten auf den Strukturwandel in der Zahnheilkunde geben. Junge Zahnärztinnen und Zahnärzte und alteingeführte Praxen finden in uns einen langfristigen Partner.
Den Z-MVZ wird vorgeworfen, dass sie sich auf die Ballungszentren fokussieren, dort den Wettbewerb verschärfen und die Versorgung auf dem Land vernachlässigen.
Maier: Das trifft für Acura sicherlich nicht zu. Wir wollen langfristig erfolgreich sein, gerade auch in der Fläche. Olsberg liegt – wie viele gute und erfolgreiche Zahnarztpraxen – ja auch nicht in einer trendigen Stadt
Unser Ziel ist die flächendeckende Versorgung mit guter, hochwertiger Zahnmedizin im Sinne des gemeinsamen Versorgungsauftrags mit den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Im Wandel innerhalb der Behandlungsmethoden und der Zahnärzteschaft liegen aus unserer Sicht dafür auch neue Chancen.
Unterschiedliche Ansätze bei Investoren
Und was ist mit dem Vorwurf, dass Investoren sowieso nur auf absehbare Zeit aktiv bleiben?
Maier: Dieser Vorwurf ist nicht unbegründet. Viele Investoren stützen sich auf Fonds, die bekanntermaßen mit einer Laufzeit versehen sind. In diesen Fällen liegt der Weiterverkauf bereits im Konzept. Bei Acura habe ich mich deshalb für einen anderen Weg entschieden, für eine langfristige Ausrichtung, ohne an bestimmte Fonds und Laufzeiten gebunden zu sein.
Entlastung von Verwaltungsarbeiten
Was bietet Acura den Zahnärzten – Partnern wie Angestellten?
Maier: Unser Ziel ist es, Zahnärztinnen und Zahnärzten wieder den Fokus auf das zu ermöglichen, was sie eigentlich tun wollen und wofür sie Zahnmedizin studiert haben: Patienten gut und erfolgreich zu behandeln, moderne und gute Zahnmedizin anzubieten. Das ist auch der Anspruch, den wir an künftige Partnerpraxen stellen: Eine gute, hochwertige Zahnmedizin zu praktizieren und die Bereitschaft, das Behandlungsspektrum und die Therapien immer wieder an neue, evidenzbasierte Erkenntnisse anzupassen.
Ein wesentlicher Aspekt des Konzepts ist daher die Entlastung der Praxen von Verwaltungsarbeiten – von der Etablierung neuer Hygienevorgaben über das Einhalten neuer rechtlicher Vorschriften bis hin zur Personalakquise, Schulungen und Marketing. Die Zahnärzte in unseren Partnerpraxen können sich auf die Zahnmedizin, ihre Patienten und ihr Team konzentrieren können. Dafür haben wir bei Acura im Dental- und Medizinbereich sehr erfahrene Manager und Mitarbeiter, die diese Verwaltungsarbeiten zentral organisieren, sich um die nötigen Updates, Schulungsangebote etc. kümmern.
Wir sehen uns als Dienstleister und Sparringspartner unserer Zahnärzte, damit diese sich auf die beste zahnmedizinische Versorgung ihrer Patienten konzentrieren können. Daher behalten die Praxen ja auch ihren bekannten Namen.
Qualität vor Größe
Und was passiert mit den Inhabern?
Maier: Wichtig ist es, die zum Acura-Konzept passenden Praxen zu finden. Für uns ist nicht die Größe, sondern die gleiche Einstellung zur guten Patientenversorgung und medizinischen Qualität entscheidend. Die Qualität einer Praxis ist eng mit den dortigen Zahnärztinnen und Zahnärzten, aber auch dem zahnmedizinischen Fachpersonal verbunden.
Passen unsere Konzepte und Vorstellungen mit denen der Abgeber zusammen, wie gesagt eine unserer Grundvoraussetzungen in der Zusammenarbeit, bleiben sie meist aktiv an Bord und führen ihre Praxis weiter. Sie konzentrieren sich auf die Patienten und die Zahnmedizin und haben die Wahl, wie sie mit der gewonnenen Zeit umgehen: Entweder versorgen sie mehr Patienten, oder haben mehr Zeit für andere Projekte außerhalb der Praxis. Hier sind wir sehr flexibel. Das Wichtigste: Bei allen unternehmerischen Maßnahmen sind die ärztlichen Leiter der Praxen voll mit in den Entscheidungsprozess involviert.
Aber auch Sie wollen und müssen am Ende des Tages Geld verdienen.
Maier: Natürlich wollen wir mit den Praxen wachsen. Aber ganz klar durch die Qualität der angebotenen Leistungen und der Betreuung, nicht über Masse. Eine Zahnarztpraxis lebt auch heute noch ganz wesentlich von der Empfehlung ihrer Patienten, allen modernen Medien und Marketingmaßnahmen zum Trotz. Unser Ziel ist es, die Patienten ganz klassisch an die Praxen zu binden und zu Botschaftern nach außen zu machen. Die Zufriedenheit von Praxisteam und Patienten ist daher zentral für unsere Aktivitäten.
Wie sehen Sie das Thema „Labor“? Ein Investor hat bereits eine Laborkette aufgekauft.
Maier: Wir haben derzeit keine Pläne, auch ins Laborgeschäft einzusteigen oder Praxislabore bei den Praxen im Netzwerk zu gründen. Entscheidend ist für uns, dass die Patienten gut versorgt werden. In den Praxen, die zu Acura gehören oder die hinzukommen, gibt es in der Regel gut funktionierende und erfolgreiche Beziehungen mit gewerblichen Laboren und wir haben keinerlei Interesse, diese Erfolgsmodelle zu stören. Verfügt die Praxis über ein funktionierendes Praxislabor, wird dieses weitergeführt, um die Patienten weiter gut zu versorgen.
Mittelfristig weniger als 10 Prozent
Und wie viele Zahnarztpraxen werden in fünf bis sieben Jahren Teil von Praxisketten sein oder Finanzinvestoren gehören?
Maier: Die Entwicklung steht in Deutschland noch ganz am Anfang. Bei realistischer Einschätzung und dem Vergleich mit anderen europäischen Ländern sehe ich den Marktanteil der Investoren mittelfristig weiterhin bei weniger als 10 Prozent. Die klassische Einzelpraxis und Gruppen werden nebeneinander die Versorgung mit guter Zahnmedizin sicherstellen.
Lassen Sie mich noch ein kurzes Fazit ziehen: Jede Praxis, unabhängig vom Eigentümer, muss für den Erfolg zufriedene Patienten haben. Der wichtigste Beitrag bleibt die Persönlichkeit des Zahnarztes, seine Qualifikation, sein Können und seine Beziehung zum Patienten. Hier unterstützen wir und halten ihm den Rücken frei. Das ist unser Ansatz und davon sind wir überzeugt.