Die Mehrheit der Auszubildenden ist mit ihrer Ausbildung und mit ihren Ausbilderinnen und Ausbildern in den Betrieben zufrieden. Deutliche Unterschiede gibt es jedoch zwischen einzelnen Branchen. Entscheidende Indikatoren sind die Bezahlung nach Tarif, die Zahl der geleisteten Überstunden und die sogenannten ausbildungsfremden Tätigkeiten, die viele Azubis übernehmen müssen. Dies sind nur einige Ergebnisse des neuen Ausbildungsreports der DGB-Jugend, der am 22. August 2024 in Berlin vorgestellt wurde.
Sie spiegeln die unterschiedlichen Lebensrealitäten, die junge Menschen in ihrer Ausbildung erleben. Von den Auszubildenden zur/zum Zahnmedizinischen Fachangestellten, die an der Befragung teilgenommen haben, waren 41,5 Prozent mit ihrer Ausbildung nur teilweise (34 Prozent) oder gar nicht zufrieden (7,5 Prozent). Bestwerte in der Gesamtbetrachtung gibt es bei den Industriemechanikern/-mechanikerinnen und Industrie-/Bankkaufmann/-kauffrau.
„Wer eine Ausbildung macht, ist damit meist zufrieden, auch wenn es an manchen Stellen Verbesserungsbedarf gibt. Trotz zurückgehender Zahl der Ausbildungsverträge ist und bleibt die duale Berufsausbildung ein Erfolgsmodell,“ so DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker.
Azubis mit Tarifvertrag sind überdurchschnittlich zufrieden
Die überwiegende Mehrheit, fast 70 Prozent der befragten Azubis, ist mit ihrer Berufsausbildung zufrieden. Erneut gab es in diesem Jahr Bestnoten für den Beruf der Industriemechanikerinnen und -mechaniker (Zufriedenheit von 81,6 Prozent) und für die Industriekauffrauen und -männer (80,3 Prozent). Überdurchschnittlich viele von ihnen fallen unter den Schutz eines Tarifvertrags.
ZFA-Azubis am unteren Ende der Zufriedenheitsskala
Am unteren Ende der Skala fanden sich hingegen mit den Zahnmedizinischen Fachangestellten (Zufriedenheit von 58,5 Prozent, letzter Platz), den Hotelfachfrauen und -männer (60,4 Prozent) und den Fachlageristinnen und -lageristen (61 Prozent) jene Ausbildungsberufe wieder, die oft nicht nach Tarif bezahlt werden.
Einzelne Indikatoren lassen darüber hinaus auf gravierende Mängel in manchen Betrieben schließen: So gaben über 15 Prozent – so viele Auszubildende wie nie zuvor – an, „immer“ oder „häufig“ ausbildungsfremde Tätigkeiten leisten zu müssen, wie zum Beispiel Kaffee kochen oder putzen in der Firma. Dabei sind solche Tätigkeiten keinesfalls Teil der Ausbildung. Finden sie dauerhaft statt und werden zentrale Ausbildungsinhalte deshalb nicht vermittelt, gefährden sie sogar den erfolgreichen Ausbildungsabschluss der jungen Menschen.
Anstieg bei zu leistenden Überstunden
Außerdem gab über ein Drittel (34,5 Prozent) der Auszubildenden an, regelmäßig Überstunden leisten zu müssen – deutlich mehr als in den Vorjahren. „Wer Überstunden machen muss, erhält dafür oftmals weder eine zusätzliche Vergütung noch einen Freizeitausgleich. Dabei ist das schlicht illegal“, sagt dazu Becker.
Jede beziehungsweise jeder dritte Azubi im dritten Ausbildungsjahr weiß nicht, ob sie/er nach Berufsabschluss übernommen wird. Das verunsichert viele der Befragten.
Oft fehlt Zeit für eine gute Betreuung
Einen großen Einfluss auf die Ausbildungszufriedenheit hat das Ausbildungspersonal in den Betrieben – der Schwerpunkt des Reports dreht sich deshalb in diesem Jahr um die Ausbilderinnen und Ausbilder. Die Ergebnisse bestätigen es: Werden die Azubis vom Ausbildungspersonal in den Betrieben korrekt behandelt, bekommen sie Arbeitsvorgänge gut erklärt und wird auf ihre individuelle Lernbedürfnisse eingegangen, dann ist die Zufriedenheit überdurchschnittlich.
„Wichtig ist ein regelmäßiges Feedback und Zeit, die die Ausbilder haben für ihre Azubis. In den Berufen mit niedriger Zufriedenheit findet beides nicht statt.“
Kristof Becker, DGB-Bundesjugendsekretär, am 22.08.2024 im Morgenmagazin von ARD und ZDF
Dies ist bei der Mehrheit der Azubis der Fall. Becker: „Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Grundsätzlich sind die Auszubildenden mit ihren Ausbilderinnen und Ausbildern zufrieden“. Andererseits: „Wenn das Zusammenspiel mit den Ausbilderinnen und Ausbildern nicht stimmt, sackt die Zufriedenheit rapide ab.“
Azubis erhalten zu wenig Feedback
Aber: Weniger als die Hälfte der Azubis (45,1 Prozent) erhält mindestens einmal im Monat eine persönliche Rückmeldung zum Stand ihrer Ausbildung. Dabei sind diese für die Auszubildenden sehr wichtig, da sie so erfahren, welche Ausbildungsinhalte sie bereits gut beherrschen und wo sie noch Lücken haben.
Außerdem gab nur etwas mehr als die Hälfte (54,1 Prozent) an, sich „immer“ oder „häufig“ durch ihre Ausbilderinnen und Ausbilder motiviert zu fühlen. Der Grad der Motivation ist dabei unter anderem stark abhängig davon, wie regelmäßig Feedback gegeben und auf individuelle Lernbedürfnisse eingegangen wird.
DGB rät zu Ausbildungsplätzen mit Tarifvertrag
Ausbildungsinteressierten jungen Menschen rät der DGB-Bundesjugendsekretär deshalb: „Wird in der Ausbildungsausschreibung ein Tarifvertrag erwähnt und steht dieser auch im Ausbildungsvertrag, ist das ein gutes Zeichen. Tarifverträge sichern bessere Bezahlung als gesetzlich vorgeschrieben und oft regeln sie auch eine Übernahme, etwa in der Metall- und Elektroindustrie oder im öffentlichen Dienst. Ist im Bewerbungsgespräch ein Betriebs- oder Personalrat dabei, dann werden sie auch während der Ausbildung dafür sorgen, dass Gesetze und Vorschriften eingehalten werden. Da sagen wir: Zugreifen, Ausbildungsvertrag unterschreiben!"
Die repräsentative Befragung wurde von September 2023 bis April 2024 durchgeführt. Insgesamt 10.289 Auszubildende aus den laut Bundesinstitut für Berufsbildung 25 am häufigsten gewählten Ausbildungsberufen haben sich beteiligt.
Den Ausbildungsreport 2024 stellt der DGB zum Download bereit