Welche Auswirkungen hat das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) auf die Behandlung nach der neuen PAR-Richtlinie? Welche Folgen hat die Budgetierung zahnärztlicher Leistungen für die Patienten, die Gesamtgesundheitskosten und nicht zuletzt für die Zahnarztpraxen? Auf 58 Seiten hat die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung diese und weitere Fragen in ihrem Evaluationsbericht beantwortet.
Danach ist die Zahl der Neuanträge auf Behandlungen nach der neuen PAR-Richtlinie zum Juni 2023 bereits unter die Zahl der Behandlungen im Juni 2021, vor dem Inkrafttreten der neuen Richtlinie, gesunken. Und die Zahl wird weiter sinken, so die Erwartungen der KZBV. Es sei zu befürchten, dass die PAR-Behandlung auf ein niedriges Niveau absinken und dort verbleiben wird, hieß es auf dem Pressegespräch zum Evaluierungsbericht. Leider müsse man davon ausgehen, dass die Praxen, die sich mit großem Engagement auf die neue PAR-Strecke personell und strukturell eingestellt hatten, nach den Erfahrungen mit den Honorarkürzungen und der Unsicherheit nicht wieder motivieren lassen würden, in diesen Bereich wieder einzusteigen, wenn die Vergütung unsicher sei.
Elf von 17 KZVen mit Kürzungen
Denn die Budgetierung bei Punktwert und Gesamtvergütung für 2023 wirkt bereits negativ auf die Praxen. Insgesamt erwarten derzeit bereits elf von 17 KZVen aufgrund des PAR-Effekts deutliche und nicht mit früheren Jahren vergleichbare Honorarkürzungen für ihre Mitglieder für das Abrechnungsjahr 2023, so die KZBV im Evaluierungsbericht. „Allein fünf KZVen mussten ihre bestehenden HVM-Regelungen aufgrund der Gesetzgebung im Bereich PAR verschärfen. Der überwiegende restliche Teil der KZVen geht davon aus, die HVM-Regelungen im Laufe des Jahres gegebenenfalls nachjustieren zu müssen.“
Rund 30 Prozent der Praxen schon im 1. Quartal mit Kürzungen
Im 1. Quartal 2023 seien von den insgesamt rund 39.100 Praxen in Deutschland schon rund 11.500 Praxen von HVM-Kürzungen betroffen, was einem Anteil von rund 30 Prozent der bundesweiten Zahl der Praxen entspreche. „Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in einigen KZVen die Anwendung der HVM-Regelungen erst im Laufe des 2. Halbjahres 2023 beginnen wird oder sogar erst nachträglich im Jahr 2024 rückwirkend für das Abrechnungsjahr 2023 erfolgt“, so die KZBV.
Regional seien die Praxen unterschiedlich betroffen. In einzelnen KZVen könnte es aufgrund der Vertragskonstellation und der regional hohen Inanspruchnahme zu Kürzungsbeträgen von bis zu 90 Millionen Euro für das Gesamtjahr 2023 kommen.
Dabei hätten KVZen und Kassen kaum Spielraum, um die neue, präventionsorientierte PAR-Richtlinie in den Verträgen abzubilden. „Den Vertragspartnern auf Landesebene stehen die Anpassungsmöglichkeiten des § 85 Abs. 3 SGB V (Art und Umfang der zahnärztlichen Leistung, Morbidität) nicht mehr zur Verfügung.“ Der Gesetzgeber selbst habe bei den Vorgaben für die Budgetierung die neuen PAR-Leistungen unberücksichtigt gelassen, heißt es im Bericht.
Lage für 2024 unsicher
Die Perspektive für das zweite Budgetierungsjahr 2024 ist laut KZBV dabei unklar. Schon für 2023 seien Verträge, die vor dem GKV-FinStG geschlossen wurden, durch die Krankenkassen reihenweise infrage gestellt beziehungsweise gekündigt worden. Vereinzelte Ausnahmeregelungen (sogenannte Insellösungen) bilden einzelne Leistungen der PAR-Versorgung teilweise in den Gesamtverträgen für 2023 ab, jedoch nicht für 2024. Die Vertragssituation führe „zu großer Verunsicherung in den Praxen, da so gut wie keine Planbarkeit für die Jahre 2023 und 2024 mehr vorhanden ist“.
Entwicklung der Neuanträge – Perspektive
Die Neubehandlungen lagen laut Evaluierungsbericht in den Monaten 02/2023 und 03/2023 in etwa wieder auf dem durchschnittlichen Niveau der Monate des Jahres 2022 (circa 120.000 Neubehandlungen), sodass die Auswirkungen erst zeitverzögert eingetreten sind. „Hierbei ist zu beachten, dass die Planung der neuen PAR-Behandlungen den Abrechnungszeitpunkten der Bema-Position 4 zeitlich mindestens sechs bis acht Wochen vorgelagert ist, sodass die fallende Entwicklung der Neubehandlungen zeitlich parallel bereits mit der Einführung des GKV-FinStG zu Beginn des Jahres 2023 eingesetzt hat“, so die KZBV. Die Grafiken zeigten den Rückgang daher verspätet an
Für das 2. Quartal 2023 deuteten die vorliegenden Daten mit einer Zahl von rund 113.300 (04/2023), 106.200 (05/2023) beziehungsweise 101.100 (06/2023) PAR-Neubehandlungen auf eine stark rückläufige Tendenz hin. „Im Monat 07/2023 liegt die Zahl der PAR-Neubehandlungen nur noch bei rund 92.400 Neubehandlungsfällen, was bereits einen Rückfall auf das niedrige Niveau der alten PAR-Behandlungsstrecke (zum Beispiel Vergleichsjahr 2019 mit einem Monatsdurchschnitt von rund 92.000 Neubehandlungen) bedeutet. Der Trendverlauf selbst deute auf noch weiter zurückgehende Neubehandlungsfälle hin.
Weiterer Rückgang wäre ein Scheitern des neuen Versorgungskonzepts
„Bei linearer Fortschreibung des rückläufigen Trends der monatlichen Neubehandlungen in den restlichen Monaten des Jahres 2023 würden im Dezember 2023 die Neubehandlungen bei rund 60.000 Fällen pro Monat liegen, was einer Halbierung der im Jahr 2022 erreichten Niveaulage entsprechen würde. Im Gesamtjahr 2023 würden dann aufgrund der Regelungen des GKV-FinStG nur noch rund 1,100 Millionen PAR-Behandlungen (gegenüber 1,445 Millionen in 2022) begonnen werden, was einem Rückfall der Zahl der Neubehandlungen unterhalb des Niveaus der alten PAR-Behandlungsstrecke entsprechen würde. Dies wäre gleichbedeutend mit dem Scheitern des neuen, präventionsorientierten Versorgungskonzeptes und einer deutlichen Verschlechterung unterhalb des Niveaus der alten Versorgungsstrecke.“
Die vollständige Auswertung und weitere Informationen sind auf der KZBV-Homepage eingestellt.