Es ist nicht schwer, ein Baby in den ersten Monaten optimal zu ernähren, sagt die Stiftung Kindergesundheit: In der Muttermilch und auch im Fläschchen ist alles drin, was das Kind braucht. Die Natur hat es sehr sinnvoll geregelt: Wenn der Bedarf des Babys an Nährstoffen steigt, kann es auch mehr und festere Nahrung aufnehmen. Saugen kann es von Geburt an, Löffeln muss es lernen.
Quetschbeutel fördern Marotten und sind viel zu süß
Mit etwa fünf Monaten kann es das, stellt die Stiftung in einer aktuellen Stellungnahme fest. Sie meldet gleichzeitig ernste Bedenken an zum rasant zunehmenden Angebot an pürierten oder flüssigen Beikostprodukten in Plastikbeuteln: Der Inhalt derartiger „Quetschbeutel“ sei oft viel zu süß. Durch das fortgesetzte Saugen der Nahrung lernt das Kind außerdem später, Brei von einem Löffel oder stückige Kost aus der Hand zu essen und kann Essensmarotten entwickeln.
„Beikost“ beinhaltet Gemüse, Obst, Kartoffeln, Butter, Öl, Fleisch, Ei und Getreide und daraus hergestellte Breie – alles, was man einem Baby gegen Ende des ersten Lebenshalbjahres zusätzlich zur Muttermilch (oder Säuglingsmilchnahrung) füttert. Die Beikost soll die Muttermilch oder Säuglingsnahrung ergänzen und nicht völlig ersetzen, betont die Stiftung Kindergesundheit. Auch nach Einführung der ersten Beikostmahlzeiten sollte gestillt werden, solange Mutter und Kind das möchten und können. Babys, die mit dem Fläschchen gefüttert werden, sollten nach Einführung von Brei- und Löffelkost ihre Flasche weiterhin erhalten.
Nicht zu früh, aber auch nicht zu spät
„Beikost sollte nicht vor dem Alter von 17 Wochen und nicht später als mit 26 Wochen eingeführt werden“, präzisiert Prof. Dr. Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der Universitäts-Kinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „In diesen Wochen verschwindet bei den meisten Babys der Zungenstoßreflex, gleichzeitig entwickelt sich die Fähigkeit, einen Brei mit der Zunge in den Rachen zu befördern und dann hinunterzuschlucken“.
In diesem Alter wird das Baby aktiver. Die ersten Milchzähne kommen zum Vorschein. Das Kind bewegt sich viel, verfolgt neugierig, was Eltern und Geschwister essen, greift selbst nach Löffel und Nahrung und nimmt sie in den Mund. Muttermilch oder Fläschchen decken den steigenden Bedarf an Nährstoffen und Energie nicht mehr.
Wenn die Neugier überwiegt
Normalerweise sind Babys misstrauisch, wenn sie neue Lebensmittel essen sollen. Diese Aversion, „Neophobie“ genannt, ist ein Schutzmechanismus, der das Kind davor bewahren soll, etwas zu essen, was ihm nicht bekommt. Bevorzugt isst ein Baby das, was auch seine Mutter isst, denn dieser Geschmack ist ihm schon aus dem Mutterleib und durch die Muttermilch vertraut. Es ist nicht verwunderlich, wenn ein Baby gekochte Karotten ablehnt, weil auch die Mutter nie gekochte Karotten isst.
Die Zeitspanne zwischen 17 und 26 Wochen erweist sich als besonders günstig für die Einführung von neuen Geschmäckern (oder Geschmacksrichtungen) und festen Texturen. Mehrmaliges Anbieten verschiedener Lebensmittel ohne Zwang verringert die Scheu vor unbekanntem Essen. Der tägliche Wechsel der angebotenen Obst- und Gemüsearten erhöht die spätere Akzeptanz von Gemüse oder Fleisch und Fisch. So wird das Kind schrittweise an die Vielfalt von Nahrungsmitteln gewöhnt und auf den Übergang zur Familienkost vorbereitet.
Fleisch und Fisch auch schon für Babys
Es darf alles auf den Löffel, was dem Baby schmeckt! Die Warnungen vor allergenreichen Nahrungsmitteln wie Milch, Eier oder Fisch haben sich als nutzlos erwiesen: Das Meiden oder die spätere Einführung derartiger Lebensmittel bietet keinen Schutz vor Allergien.
Als erste Beikostmahlzeit eignet sich ein Brei aus Gemüse, Kartoffeln und Fleisch, um das Kind mit gut verfügbarem Eisen und Zink aus Fleisch zu versorgen. „Breie sollten auf keinen Fall zusätzlich gesüßt oder gesalzen werden.“, sagt Koletzko: „Der Brei sollte dem Baby, nicht dem Erwachsenen schmecken“. Der Fleischbestandteil im Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei sollte gelegentlich durch fetthaltigen Fisch (Lachs) ersetzt werden. Es gibt Hinweise, dass der Konsum von Fisch schon im ersten Lebensjahr das Kind vor späteren allergischen Erkrankungen schützen kann.
Wer selbst kocht, weiß, was drin ist
Die Stiftung Kindergesundheit möchte Eltern ausdrücklich ermutigen, für ihr Baby selbst zu kochen! Gläschennahrung und selbst zubereitete Breie sind gleichwertige Alternativen. Mit beiden kann man ein Baby gut mit allen Nährstoffen versorgen, die es braucht. Die industriell hergestellte Beikost erfüllt hohe gesetzliche Anforderungen und spart Zeit und Arbeit. Doch auch die Selbstzubereitung hat ihre Vorteile: Die Eltern können die Auswahl der Zutaten selbst entscheiden und eine größere Geschmacksvielfalt anbieten. Als Speiseöl für die Selbstherstellung der Beikost eignet sich besonders Rapsöl.
Die vermehrt angebotenen Quetschbeutel mit pürierten Fruchtzubereitungen und manchmal auch anderen Zutaten scheinen praktisch: Nach Abschrauben des Deckels kann der Inhalt des „Quetschies“ direkt in den Mund des Babys oder des Kleinkindes gedrückt werden, oder das Kind kann den Inhalt aus der Tülle heraussaugen oder bei flüssigen Produkten trinken. Quetschbeutel sind jedoch oft doppelt so teuer wie herkömmliche Obstgläschen, sind meist überzuckert und übersäuert und mit weiteren Nachteilen verbunden: Viele „Quetschies“ haben extrem viele Kalorien, einen sehr süßen Geschmack und eine völlig unausgewogene Zusammensetzung der Nährstoffe mit einem viel zu hohen Zuckergehalt, so die Stiftung Kindergesundheit. Dadurch erhöht sich auch das Risiko für Zahnkaries und Übergewicht. Dabei stammt der überwiegende oder sogar der gesamte Zuckergehalt aus dem Zucker der verwendeten Fruchtzubereitung und nicht aus zugesetztem Zucker. Auch extrem zuckerreiche Produkte dürfen die Aufschrift „ohne Zuckerzusatz“ tragen, wenn der zusätzliche Zucker zum Beispiel aus konzentriertem Fruchtmus oder -Saft stammt. Koletzko: „Dies kann bei Eltern fälschlicherweise den Eindruck erwecken, es würde sich um ein zuckerarmes Produkt handeln. Aber nicht nur zugesetzter Zucker, sondern der Gesamtzuckergehalt ist verantwortlich für unerwünschte gesundheitliche Auswirkungen beim Kind“.
Löffeln lernen statt weiter saugen
Ein weiteres Problem: „Wenn Säuglinge Beikost vorwiegend durch das Saugen aus einem Beutel aufnehmen, kann dadurch das Lernen des Essens von einem Löffel und von festeren Nahrungsstücken aus der Hand verzögert werden“, gibt Koletzko zu bedenken. Hinzu kommt: „Das Erkunden der Nahrung mit den Lippen, der Zunge und den Händen und das Einüben des Kauens und Beißens wird nachteilig beeinflusst. Das kann dazu führen, dass das Kind später festere Nahrung wie Gemüse und Obst ablehnt“.
Das Füttern mit dem Löffel und das Essen aus der Hand bietet den Eltern eine hervorragende Gelegenheit zur Kommunikation, für das gegenseitige Zuhören und für das Sprechen mit dem Kind. Das Kind beobachtet und lernt dabei, was Eltern und Geschwister essen und wird so zum Probieren angeregt.
Die Stiftung Kindergesundheit rät deshalb ausdrücklich ab vom Verzehr pürierter Beikostprodukte aus Quetschbeuteln: Beikost sollte mit dem Löffel oder durch die Hand des Kindes zugeführt und nicht aus einem Plastikbeutel gesaugt werden.
Auch Babys sollten Wasser trinken
Mit dem dritten Brei braucht das Baby auch zusätzlich Flüssigkeit, etwa 200 ml pro Tag. Geeignet sind stilles Mineralwasser mit dem Zusatz „für die Säuglingsernährung geeignet“, Leitungswasser, das nach längerem Ablaufen aus dem Wasserhahn entnommen wird, und nicht gesüßte Tees.
Zwischen 9 und 15 Monaten ist ein Kind dann soweit entwickelt, dass es durch Nachahmung lernt, aus einem Becher zu trinken, mit einem Löffel zu essen und in feste Nahrung zu beißen. Mit der Einführung von Brot gehen die Brei- und Milchmahlzeiten nach und nach in die drei Hauptmahlzeiten (Frühstück, Mittagessen, Abendessen) und zwei Zwischenmahlzeiten (vormittags, nachmittags) einer Familienernährung über.
Zur Vorsicht rät die Stiftung Kindergesundheit bei kleinen festen Lebensmitteln und bei sehr harten oder brechbaren Wurzelgemüsen. Nüsse oder rohes Wurzelgemüse geraten leicht in die Luftröhre und sollten deshalb erst später auf dem Speiseplan stehen.
Mahlzeiten sind keine Spielzeiten
Mahlzeiten und Spielzeiten sollten klar getrennt sein, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit. Das Essen sollte auch nicht als Belohnung oder Geschenk deklariert werden. Und besonders wichtig: Kein Smartphone und kein Fernsehen während der Mahlzeit! Auch Spielsachen und Bücher sollten nicht zur Ablenkung während des Essens genutzt werden.