Kann man Humor so trainieren, dass man diesen mit Patienten, vielleicht sogar mit Angstpatienten teilen kann? Ja, so Humortrainerin Eva Ullmann in dem Webinar von CP Gaba „Humor auf Rezept? Die Dosis bringt den Erfolg!“ Besonders in Gesprächen mit Patienten könne der gezielte Einsatz von Humor helfen, schwierige Inhalte anzusprechen, die Vertrauensbildung und Motivation zur Gesundung positiv zu beeinflussen, Missverständnisse oder Konflikte zu klären und zu entschärfen und nicht zuletzt selbstschädigenden Widerstand aufzuheben. Allerdings entscheide auch der Humorgeschmack über den Erfolg.
Lustig sei beispielsweise unbeabsichtigter Humor, der aber oft nur branchenspezifisch funktioniere. Wer nicht im Gesundheitswesen arbeitet, für den seien Sätze aus Patientenakten wie „Am zweiten Tag war ihr Knie besser, am dritten Tag war es komplett verschwunden“ oder „Der Patient verweigerte eine Autopsie“ weniger lustig.
Eine andere Humorform sei, etwas absichtlich falsch zu verstehen. Auf die Frage, „Ist Ihre Wohnung kindersicher?“, könnte die Antwort lauten „Nein, eins hat es doch reingeschafft.“ Humor sei nicht per se die Situation, die im Alltag erlebt werde, sondern oft erst die Fähigkeit, etwas hinein zu interpretieren, was nicht wirklich vorhanden ist, erklärte Ullmann.
Der Alltag beeinflusst den eigenen Humor
„Sinn für Humor ist erst einmal Ihre Fähigkeit, merkwürdige Bilder zusammenzubringen“, so die Humortrainerin. Das könnte sich im Alltag auf den Haushalt und die Familie beziehen, aber auch auf die Praxis und den Umgang mit Patienten. Sie berichtete über die unterschiedlichen Reaktionen auf ihren Corona-Lieblingswitz: „Die Kita schließt wieder. Frage: Soll ich die Kinder vorher abholen?“ Eltern hätten diesen Witz sehr lustig gefunden, hätte für Erleichterung gesorgt, über die Corona-Schwierigkeiten der Kinderbetreuung zu lachen. Mitarbeiter der Jugendhilfe, die täglich mit schlechten Beziehungen zwischen Eltern und Kindern zu tun haben, fänden diesen Witz nicht lustig. Ob Humor beim Gegenüber ankommt, hängt also stark vom Gegenüber ab.
„Räume“ mit verschiedenen Antworten zu Patientenfragen füllen
„Viele Menschen sagen, Humor hat man oder hat man nicht. Das ist mir zu einfach“, erklärte die Referentin und zitierte den Sitcom-Schreiber John Vorhaus: „Techniken sind dazu da, um dir einen sicheren Ort zu bieten, an dem du Humor findest.“ Sie empfahl, sich „Räume“ zu schaffen, die man mit verschiedene Antworten auf Patientenfragen füllt und auf die man jederzeit zurückgreifen kann.
Die Humortrainerin riet, im Team auch immer wieder mal zu fragen: Worüber konntest du Schmunzeln? Welcher Humor hat deinen Stress gelöst?
Zwischen gefährlichem und ungefährlichem Humor unterscheiden
Aber ist Humor wirklich für Patienten geeignet? „Ihre Patienten sind sicherlich ganz unterschiedlich“, so die Humortrainerin. Manche seien beispielsweises sehr nahbar, manche fröhlich, manche ein bisschen distanzierter, manche aber auch ängstlich. Daher gebe es für Patienten verschiedene Vorgehensweisen. Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass man „gefährlichen Humor“ von „ungefährlichem Humor“ unterscheide. Ungefährlich sei der selbstaufwertende und der soziale Humor, gefährlich wird es bei selbstabwertendem und aggressivem Humor.
„Auf der einen Seite gibt es Humor, der mich und andere gut dastehen lassen kann, und auf der anderen Seite gibt es Humor, der mich oder andere durch den Kakao ziehen kann“, betonte Ullmann. Um Patienten zu entspannen, sei aufwertender und sozialer Humor geeignet, denn dieser erzeuge oft Nähe und wirke entspannend. „Wenn wir uns oder andere durch den Kakao ziehen, dann brauchen wir entweder sehr vertraute Beziehungen oder eine sehr entspannte Situation.“
Unterschied zwischen selbstabwertenden und selbstaufwertenden Humor
Die Referentin gab Beispiele für selbstabwertenden und selbstaufwertenden Humor. Wenn man morgens in den Spiegel schaue, könnte man sich entweder sagen: „Ich kenn dich nicht, ich wasch dich trotzdem“ (selbstabwertend), oder aber: „Guten Morgen Prinzessin! Eine Falte mehr, aber dann habe ich im Laufe des Tages reichlich Entfaltungsmöglichkeiten“ (selbstaufwertend).
Aber warum ist Humor für Menschen unter Spannung – egal ob für Patienten oder Arbeitskollegen – manchmal ungeeignet? „Der Unterschied ist die Scham“, so Ullmann. Werde ein Missgeschick aufgewertet und lasse man sich selbst oder andere gut dastehen, dann sei das lustig. Wer sich oder andere aber durch den Kakao ziehe, der arbeite mit einer humorvollen Beschämung. Das sei in Ordnung, wenn im Team der gleiche Humor herrsche und man sehr vertraut miteinander sei.
Ausprobieren, was dem Patienten gefällt
„Bei Patienten haben Sie viel distanziertere Beziehungen“, so die Humortrainerin. Bei Schmerzpatienten beispielsweise empfiehlt sie daher, auf sozialen und aufwertenden Humor oder Humor ohne Beschämung zurückzugreifen. Hierzu kamen auch Beispiele von den Webinar-Teilnehmerinnen: „Ich sage bei der Fluoridierung ,Jetzt kommt der Lack, weil er ist ab.’“, oder „Möchten Sie etwas von meiner Theke?“ (gemeint ist der Ausspülbecher). Die Referentin lobte diesen Humor, der weder beschämend noch abwertend sei und empfahl auszuprobieren, was dem Patienten gefällt – was allerdings Empathie voraussetze.
Es sei nicht schlimm, wenn ein Patient über einen Scherz nicht lachen könne, so Ullmann. Das sei nicht unbedingt ein Zeichen von Humorlosigkeit, sondern es könnte auch daran liegen, dass dieser beispielsweise zu sehr mit seinem Schmerz beschäftig sei, um mit Humor aus der Situation herauszukommen.
Humor im Team baut Stress ab
„Auch eine Portion aggressiver Humor kann für ein Team total gesund sein“, erklärte die Referentin, „kann gut sein, um Distanz zu einer Situation, einem Patienten, zu einer Corona-Kriese, zum Bundesgesundheitsminister zu bekommen. Über die Dinge lachen, die nicht funktionieren, gibt Ihnen eine gute Distanz zur Situation. Das sorgt dafür, dass Sie durchhalten, dass Sie gesund bleiben, dass Sie die Woche durchhalten. Und manchmal sorgt es auch dafür, dass Sie im Team durchhalten!“
Birgit Strunk