Materialien für Zahnfüllungen und Zahnersatz sind in der Regel gut verträglich. Denn alle in Deutschland verarbeiteten Materialien müssen die hohen Sicherheitsanforderungen der Europäischen Medizinprodukteverordnung erfüllen und CE-gekennzeichnet sein. Das gilt sowohl für Zahnarztpraxen als auch für zahntechnische Meisterlabore. In seltenen Fällen kann es dennoch zu einer Allergie kommen. Bei gefährdeten Personen kann mit modernen Testverfahren die Verträglichkeit der Materialien geprüft werden. Liegt eine Allergie vor, sollten Betroffene den Allergiepass unbedingt ihrer Zahnärztin oder ihrem Zahnarzt vorlegen, informiert die Initiative proDente e.V. in einer Pressemeldung.
Hilfe bei Mehrkosten
„Patientinnen und Patienten mit bereits bestehenden Allergien auf zum Beispiel Pollen oder bestimmte Lebensmittel haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, auch gegen Zahnmaterialien allergisch zu reagieren“, erklärt Prof. Franz-Xaver Reichl, Leiter der Abteilung Dental-Toxikologie an der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie der Universität München und Leiter des Beratungszentrums für die Verträglichkeit von Zahnmaterialien. Ebenso tragen Personen, die durch allergische Erkrankungen in der Familie vorbelastet sind oder Störungen des Immunsystems aufweisen, ein höheres Risiko für eine Allergie. Gut zu wissen: Bei einer nachgewiesenen Allergie übernimmt die gesetzliche Krankenkasse im individuellen Fall auch die Mehrkosten für die Versorgung mit einem allergiefreien Material. So bezahlt sie zum Beispiel bei einer Allergie gegen Amalgam eine Füllung aus Kunststoff.
Nur freigesetzte Stoffe lösen Allergie aus
Mögliche Auslöser für eine allergische Reaktion auf Materialien können Inhaltsstoffe aus zum Beispiel Metall-Legierungen für Zahnersatz, Kompositen (Kunststoffen), Klebstoffen für Zahnersatz, Prothesen oder kunststoffhaltigen Zementen sein. Jedes Material besteht aus vielen verschiedenen Inhaltsstoffen, die je nach Hersteller auch variieren können. Nur aus dem Material tatsächlich freigesetzte Stoffe können eine Schadwirkung beziehungsweise eine allergische Reaktion auslösen. Genau diese freigesetzten Allergene gilt es für Betroffene zu identifizieren. Denn bei einer nachgewiesenen Allergie gegenüber bestimmten Stoffen, sollte sich kein Material im Mund der Patientin oder des Patienten befinden, dass diese Substanzen freisetzen könnte. Alle Hersteller müssen die Herstellung des Zahnersatzes unter den in Deutschland vorgeschriebenen hohen Qualitätsstandards für Zahnersatz in einer Konformitätserklärung dokumentieren.
Moderne Tests und Allergiepass geben Sicherheit
„Moderne Allergietests ermöglichen heutzutage, bereits vor der Zahnrestauration ein verträgliches Zahnmaterial für die Patientin oder den Patienten auszuwählen“, so Reichl. „Auch ist es möglich festzustellen, ob ein bereits im Mund eingesetztes Zahnmaterial verantwortlich sein kann für vorhandene Beschwerden.“
Hilfe bietet zum Beispiel die Beratungsstelle für Zahnmaterialien an der LMU München. Gilt eine allergische Reaktion auf eine bestimmte Substanz als nachgewiesen, wird ein Allergiepass ausgestellt - unabhängig davon, ob tatsächlich Symptome auftreten. Denn auch wenn eine Allergie zunächst symptomlos verläuft, kann ein erneuter Kontakt mit dem Allergen klinische Symptome auslösen.
Allergiepass in der Zahnarztpraxis vorlegen!
Steht eine zahnärztliche Behandlung oder Zahnersatz an, sollten Patientinnen und Patienten auf dem Anamnesebogen der Zahnarztpraxis möglichst präzise Angaben machen. Dies gilt zum Beispiel für eine bestehende allergische familiäre Vorerkrankung oder für Komplikationen bei einer früheren Behandlung. Insbesondere sind Störungen des Immunsystems unbedingt anzugeben. Wichtig: Ist bereits ein Allergiepass ausgestellt, sollten Patientinnen und Patienten die Zahnärztin oder den Zahnarzt unbedingt hierüber informieren und den Pass vorlegen! Denn der Allergiepass informiert genau über die Substanzen, gegen die bereits eine Allergie besteht.
Da die Zahnärztin oder der Zahnarzt die freigesetzten Inhaltsstoffe aus den Materialien aber gar nicht kennen kann und die Hersteller diese Stoffe in den Sicherheitsdatenblättern nicht vollständig aufführen, kann die Zahnärztin oder der Zahnarzt erst das sicherste und verträglichste Material auswählen, wenn ein aktuell gültiger Allergietest mit diesen freigesetzten Stoffen vorliegt. Auch ist es nicht möglich, die fertigen Materialien (zum Beispiel Plättchen) zu testen, weil festgestellt wurde, dass viele Inhaltsstoffe erst nach einem halben Jahr daraus freigesetzt werden. Es müssen also immer die chemisch reinen, freigesetzten Einzelstoffe getestet werden. Über die vorhandene Datenbank dieser freigesetzten Inhaltsstoffe kann dann das für die Patientin oder den Patienten verträglichste Material vor der Zahnbehandlung ausgewählt werden. Auch rückwirkend kann beurteilt werden, welches Material eventuell entfernt werden muss und welches im Mund belassen werden kann.