Seit einem Jahr suchen Zahnärztinnen des Krefelder Gesundheitsamtes gezielt zwei Spielplätze in Innenstadtlage auf, um mit Kindern und Eltern über Zahnpflege zu sprechen. Ein erstes Fazit der Beteiligten lautet: Das Projekt läuft gut an, mit den Eltern ist intensiver Dialog notwendig.
Es ist ein besonderes Projekt, mit dem das Gesundheitsamt in Krefeld zahnmedizinische Vorsorge bei den jüngsten Bürgerinnen und Bürgern der Stadt betreibt: Zwischen Rutsche, Schaukel und Sandkasten kann der Krefelder Nachwuchs einen Zahncheck vornehmen. Seit rund einem Jahr sucht das Zahnärztinnenteam des Gesundheitsamts gezielt Spielplätze auf und informiert im Rahmen eines offenen Angebots spielerisch über Zahnprophylaxe und Zahngesundheit (Mehr dazu auf Quintessence News). Aktuell werden zwei Spielplätze in strukturschwachen Quartieren in einem monatlichen Turnus besucht. Auf diesen Spielplätzen stehen Modulbauten als städtisches Angebot der mobilen Jugendarbeit, die auch durch die Zahnärztinnen genutzt werden können. Die Organisation der Termine erfolgte in Absprache mit den Quartiersmanagerinnen und -managern. Die Ärztinnen sensibilisieren die Kinder für Zahnpflege, halten aber auch Utensilien bereit: Zahnmodelle, Plüschzähne, Büchern zum Vorlesen, Zahnputzsets. Die Zahnärztinnen bringen Zeit mit. Wenn die Eltern ihr Einverständnis geben, schauen sie sich das Gebiss der Kinder prophylaktisch an. Auch für die Eltern gibt es Gesprächs- und Beratungsangebote.
Was sagen die Beteiligten?
Wie hat sich das Projekt bis heute entwickelt, was sagen die Beteiligten, die Kinder und Eltern? Dr. Kerstin Hölters gehört zum Team der städtischen Zahnärztinnen, die an den Spielplätzen beraten und aufklären. Ihr Fazit fällt nach einem Jahr: „Wir haben in den Sommermonaten von März bis Oktober abwechselnd zwei Spielplätze besucht. Das haben wir ganz praxisnah gestaltet: Wir durften uns aus den Containern Bierzeltgarnituren nehmen und draußen aufbauen, teilweise saßen wir einfach auf vorhandenen Steinmauern. Die Kinder sind sehr gerne zu uns gekommen. Auch von den Quartiershelfern kam ein positives Feedback, dass unsere Aktion beliebt ist. Bei den Besuchen konnten wir immer zwischen zehn bis 20 Kinder erreichen. Mit den Kindern zusammen wurden Schaugebisse geputzt, Bücher angeschaut, Spiele zum Thema zahngesunde Ernährung gespielt, gemalt und viele Fragen beantwortet. Gerne wurden auch die Zahnputzsets angenommen, die wir vor Ort verteilten.“
Viele kleine Impulse setzen
Ihr Resümee, wie auch das ihrer Kolleginnen, fällt positiv aus: „Auch wenn es nur sehr kleine Impulse sind, die wir setzen, sind wir der Meinung, dass die Aktion die Zahngesundheit der Kinder grundsätzlich voranbringt. Es gab auch Rückschläge an nicht so erfreulichen Tagen, an denen Kinder teilweise auch nach langer, netter Aufklärung mit dem Lolli im Mund neben uns saßen oder erzählten, dass sie nur bei Schmerzen mal den Zahnarzt aufsuchen. Umso erfreulicher war es, an anderen Tagen zu sehen, mit welchem Genuss aufgeschnittenes Obst und Gemüse von den Kindern angenommen und verzehrt wurde. Kinder die wiederholt an unseren Tisch kamen und unser Team wiedererkannt haben, konnten sich noch an die Zahnputztechnik erinnern und auch warum zum Beispiel Zahnseide genutzt werden soll.“ Untersuchungen waren eher selten möglich: „Eine wirkliche Reihenuntersuchung, wie wir sie in Kitas oder Schulen anbieten, konnte leider nur selten stattfinden. Zum einen kamen die Kinder oft ohne Begleitung, dann ist die Untersuchung nicht erlaubt. Oder es bestand kein Interesse. Dabei hätte man hier auch den Eltern direkt zeigen können, warum die Kinder zum Zahnarzt gehen sollten.“
Eltern weniger aufgeschlossen
Allgemein kamen Gespräche mit den Eltern nicht allzu häufig zustande. „Die Gründe dafür können Scheu, Desinteresse oder auch schlechte Deutschkenntnisse sein“, vermutet Hölters. „Wir konnten aber auch hier kleine Erfolgserlebnisse verzeichnen. Mit einigen Eltern konnten wir zwar aufgrund der Sprachbarriere keine Gespräche führen, aber sie verfolgten mit Interesse die Zahnputzunterweisungen für die Kinder und es wurde Informationsmaterial in den entsprechenden Sprachen verteilt. Weiter wurde ganz niederschwellig über die Bedeutung und die Kosten eines Zahnarztbesuchs aufgeklärt“. Vielleicht braucht das Projekt auch etwas mehr Laufzeit. „Wir hoffen, durch die kontinuierlichen Besuche im ungezwungenen Umfeld eine noch bessere Basis als Ansprechpartner schaffen zu können. Das Projekt läuft jetzt erstmal so weiter, wir überlegen aber, wie wir dieses Angebot gegebenenfalls mit niedergelassenen Zahnärzten noch weiterführen können“, erklärt Hölters.
Wertvolle Erfahrungen auch für die Zahnärztinnen
„Wir haben viele schöne Erlebnisse, manchmal aber auch ernüchternde Erfahrungen gemacht“, berichtet die Zahnärztin weiter. „Wenn man einem Kind erklärt, wie gesund Paprika ist, und dieses Kind ein paar Minuten später eine Tüte Gummibärchen von zuhause mitbringt und an alle verteilt, direkt vor unserem Zahnarztstand, dann gerät man ins Grübeln. Das sind Situationen, die nicht einfach zu begleiten sind. Es gab aber auch Tage, da waren Süßigkeiten kein Thema und das angebotene Obst und Gemüse wurde mit viel Freude gegessen. Dann wieder berichteten Kinder, dass sie zuhause nicht Zähne putzen können, da die Eltern vergessen hatten, Zahnbürsten oder Zahnpasta zu kaufen. Hier halfen natürlich unsere Zahnputzsets. Und es gab auch viele Kinder, die uns stolz erzählten, wann, wie oft und wie gut sie immer die Zähne putzen und auch den Zahnarzt besuchen.“
Geringes Problembewusstsein ist das Problem
Das Problembewusstsein der Eltern für die Wichtigkeit gesunder Zähne und die Schädlichkeit von Zucker – nicht nur für die Zähne – zu wecken, ist eine große Hürde auf dem Weg zur besseren Mund-Gesundheit der Kinder. „Die Eltern am Spielplatz sind viel weniger ansprechbar als die Kinder – nur wenige Eltern sind interessiert auf uns zugekommen. Es machte manchmal den Eindruck, dass die Eltern auf dem Spielplatz ihre Ruhe haben möchten. Es gab aber auch einige wenige Eltern, die gezielt mit Fragen zu kieferorthopädischen Behandlungen oder weiteren Behandlungsmöglichkeiten zu uns gekommen sind. Über die Kinder haben Eltern Informationsmaterial in ihrer Herkunftssprache ausgehändigt bekommen, um vielleicht so einen Nutzen aus der Aktion nehmen zu können.“
Effekte brauchen Zeit
Ein weiteres Problem sei, so Hölters, dass häufig dieselben Kinder das Angebot wahrnähmen, andere nach wie vor wegblieben. Auch hier soll durch die Weiterführung des Angebots die Einladung offenbleiben und vielleicht brauchen einige nur etwas mehr Zeit, um sich zu trauen. Erfreulicherweise wurde gesehen, dass bei den Kindern die wiederholt kommen, ein nachhaltiges Interesse geweckt wurde. Diese Effekte brauche aber länger als ein Jahr, um sie irgendwie überprüfen zu können.
Durch die Reihenuntersuchungen und die Angebote der Arbeitsgemeinschaft Zahngesundheit werden die Kinder (auch elternunabhängig) zumindest jährlich vom etwa 3. bis 12. Lebensjahr regelmäßig erreicht, um aufzuklären und sie auf die Wichtigkeit gesunder Zähne aufmerksam machen zu können. „Vielleicht entwickelt sich dadurch bei den Kindern ein Bewusstsein für gesunde Zähne“, hofft auch das zahnärztliche Team der Stadt Krefeld.