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Bei Augmentation um Zahnimplantate zeigen sich vergleichbare Handhabungseigenschaften wie beim Bindegewebstransplantat


Dr. med. dent. Bastian Wessing, Aachen

Bei implantatprothetischen Versorgungen, vor allem im ästhetisch wichtigen Oberkieferfrontzahnbereich, aber auch aus funktionellen Gründen in anderen Regionen, kann eine Augmentation der periimplantären Weichgewebe nötig sein um zum Beispiel bukkalen Rezessionen vorzubeugen oder eine ausreichende Zahnfleischdicke zu schaffen. Dabei ist der allgemeine wissenschaftliche Konsens, dass das autologe Bindegewebstransplantat bis heute als Goldstandard gilt.Bei der Entnahme autologer Bindegewebstransplantate besteht jedoch die Notwendigkeit eines zweiten Operationsgebiets (Spenderregion) mit zusätzlichen Schmerzen für den Patienten sowie die Gefahr weiterer Komplikationen (zum Beispiel die Verletzung der A. palatina und ihren Nebenästen).Zudem bestehen abhängig von der Patientenanatomie sowie der Entnahmestelle und -technik sowohl quantitative als auch qualitative Unterschiede, wodurch nach unserer Auffassung der Terminus „Goldstandard“ in Frage gestellt werden sollte. Nicht zuletzt ist die subepitheliale Bindegewebsentnahme eine nicht einfach zu erlernende Technik.

Goldstandard hat auch Nachteile

Aus diesem Grund wird seit mehr als zwei Jahrzehnten an Alternativen zum autologen Bindegewebstransplantat geforscht.Die ersten Alternativprodukte waren allogene Dermispräparate, die ursprünglich für die Verbrennungschirurgie entwickelt wurden.4Später wurden ebenfalls xenogene Biomaterialien zum Ersatz von autologen Weichgewebstransplantaten in der Zahnmedizin entwickelt.5,6,7

Bei der Entwicklung von Biomaterialien im Allgemeinen müssen bestimmte biologische Eigenschaften vorhanden sein, im Speziellen benötigen sie zur Weichgewebsaugmentation zusätzlich bestimmte mechanische Voraussetzungen.

Gewünschte Eigenschaften von Biomaterialien zur Weichgewebsverdickung:


1. Biokompatibilität und Zellverträglichkeit,,
2. Sicherheit (Virulenz)
3. gutes operatives Handling (Defektanpassung durch Schnittfähigkeit, Nähbarkeit, ausreichend hohe Nahtausreißfestigkeit) auch in rehydriertem Zustand,
4. leichte Besiedelung durch Zellen (Fibroblasten!) und Blutgefäße,
5. Erhalten des Volumens bei konstantem Kompressionsdruck des darüber liegenden Gewebes.
6. Remodelling bzw. Ersetzen der Matrix durch neu gebildetes Weichgewebe.
7. Langfristige Volumenvergrößerung bzw. -erhalt.


Anhand eines Patientenfalls werden die Eigenschaften einer neuartigen xenogenen Kollagenmatrix (Creos Mucogain, Nobel Biocare) aus porcinem Kollagen und Elastin vorgestellt. Sie weist eine offen poröse Struktur mit gleichgerichteten Poren auf, welche in einem patentierten Verfahren mittels gleichgerichteter Eiskristalle entstehen. Diese tubulären Poren dienen als Leitstruktur für Zellen und Blutgefäße aus dem umliegenden Weichgewebe. Die Kollagenmatrix ist in trockenem als auch rehydriertem Zustand leicht trimmbar, nähbar und weist eine Nahtausreißfestigkeit auf, die zum Beispiel auch Techniken wie die Envelope- und Tunnelierungstechnik ermöglicht. Des Weiteren zeigt sie nach Rehydratation und Einbringen in die Schleimhaut eine Art Memory Effekt, das heißt, sie dehnt sich bei leichter Kompression (primärer Wundverschluss) bis zu einem gewissen Grad wieder aus. Dies kann auch in den ersten Tagen postoperativ beobachtet werden.Durch verschiedene Größen (15 x 20 mm und 25 x 30 mm) und Dicken (3 und 5 mm) kann sie in unterschiedlichen Situationen leicht eingesetzt werden und ist auch für den Einsatz zur Rezessionsdeckung an mehreren nebeneinanderliegenden Zähnen (zum Beispiel Tunnelierungstechnik) geeignet.

In einer prospektiven Studie konnte bereits eine stabile Kompensation der Resorptionsvorgänge nach Sofortimplantation durch die gleichzeitige Weichgewebsaugmentation mittels Creos Mucogain wissenschaftlich nachgewiesen werden. Der vorliegende Patientenfall veranschaulicht das beschriebene klinische Vorgehen.

Patientenfall

Patient männlich, 27 Jahre alt, Nichtraucher, guter Allgemeinzustand. Zahn 12 nicht erhaltungswürdig aufgrund unterminierender Kronenkaries und Misserfolg nach endodontischer Behandlung mit nachfolgender Wurzelspitzenresektion alio loco. Die  präoperative DVT-Aufnahme von Zahn 12 zeigte unterminierende Kronenrandkaries und rezidivierende apikale Osteolyse nach endodontischer Behandlung und Wurzelspitzenresektion (Abb. 1). Der Zahn wurde als nicht erhaltungswürdig eingestuft, der Restknochen suffizient für Sofortimplantation (Abb. 2 und 3). Inseriert wurde ein 3,5 x 15 mm NobelActive Implantat mit 70 Ncm (Abb. 4) und die Lücken um das Implantat mit Creos Xenogain Knochenersatzmaterial aufgefüllt (Abb. 5). Für die Envelope-Technik wurde eine bukkale Mucosatasche vorbereitet (Abb. 6). Die Kollagenmatrix Crews Mucogain wurde zurechtgeschnitten, mit Kochsalzlösung rehydriert und zur Positionierung in der Mucosatasche ein chirurgischer Faden angenäht (Abb. 7 und 8). Die Positionierung der Mucogain Matrix erfolgte durch Zug an der Naht und Schub mit einer mikrochirurgischen atraumatischen Pinzette. Das Verhalten der Matrix beim  Vernähen und Einbringen ist einem Bindegewebstransplant vergleichbar (Abb. 9 und 10). Direkt postoperativ zeigte sich schon ein verbessertes Profil des bukkalen Zahnfleischs (Abb. 11 und 12). Das Emergenzprofil vor der Abdrucknahme nach dreimonatiger Einheilzeit zeigte reizfreie Zahnfleischverhältnisse mit ausreichend dicker bukkaler Gingiva (Abb. 13), auch die endgültige Versorgung wirkt durch die natürlichen Zahnfleischverhältnisse noch stimmiger (Abb. 14 bis 16).

Ein Beitrag von Dr. med. dent. Bastian Wessing, Aachen

Literatur


1. Brückbauer P, Schlegel K, Neukam FW, Wichmann M, Matta R, Schmitt C: Periimplant soft tissue volume changes after connective tissue grafting. The autologous connective tissue graft vs. the porcine collagen matrix. A clinical follow‐up case series. Clin Oral Implant Res 29 s17, 302.


2. Schlee M, Esposito M. Human dermis graft versus autogenous connective tissue grafts for thickening soft tissue and covering multiple gingival recessions: 6-month results from a preference clinical trial. Eur J Oral Implantol. 2011 Summer;4(2):119-25.


3. Shulman J. Clinical evaluation of an acellular dermal allograft for increasing the zone of attached gingiva. Pract Periodontics Aesthet Dent. 1996 Mar;8(2):201-8.


4. Aichelmann-Reidy ME, Yukna RA, Evans GH, Nasr HF, Mayer ET. Clinical evaluation of acellular allograft dermis for the treatment of human gingival recession. J Periodontol. 2001 Aug;72(8):998-1005.


5. Sanz M, Lorenzo R, Aranda JJ, Martin C, Orsini M. Clinical evaluation of a new collagen matrix (Mucograft prototype) to enhance the width of keratinized tissue in patients with fixed prosthetic restorations: a randomized prospective clinical trial. J Clin Periodontol. 2009 Oct;36(10):868-76.


6. Thoma DS, Villar CC, Cochran DL, Hämmerle CH, Jung RE. Tissue integration of collagen-based matrices: an experimental study in mice. Clin Oral Implants Res. 2012 Dec;23(12):1333-9.


7. Wessing B, Vasilic N: Soft tissue augmentation with a new regenerative collagen 3-d matrix with oriented open pores as a potential alternative to autologous connective tissue grafts, Clinical Oral Implants Research 25, 342


8. Sanz-Martín I, Encalada C, Sanz-Sánchez I, Aracil J, Sanz M. Soft tissue augmentation at immediate implants using a novel xenogeneic collagen matrix in conjunction with immediate provisional restorations: A prospective case series. Clin Implant Dent Relat Res. 2018 Dec 3. (Epub ahead of print)


Bibliografía: Nobel Biocare Zahnmedizin Implantologie

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