Zahnmediziner behandeln Menschen, nicht nur Zähne. Das stellt Chefredakteur Prof. Roland Frankenberger in seinem pointierten Editorial „Humanmedizin vs. Zahnmedizin“ in der April-Ausgabe der „Quintessenz Zahnmedizin“ heraus. Und diese Rolle der Zahnmedizin als Teil der Medizin spiegeln auch die spannenden und anspruchsvollen Fachbeiträge der Ausgabe wider – wie immer mit dem Blick auf praxisnahes und direkt für die zahnärztliche Arbeit verwertbares Wissen.
In der neuen Reihe „Der besondere oralmedizinische Fall“ beschreibt Prof. Torsten W. Remmerbach, Universität Leipzig, einen Fall primärer oraler Tuberkulose (TB) bei einer jungen immunsupprimierten Patientin mit Morbus Crohn. Da TB in den meisten Industrieländern relativ selten geworden, aber durch Migrationsbewegungen und auch Fernreisen wieder zu beobachten ist, sollten Ärzte und Zahnärzte den Blick dafür wieder schärfen.
TB manifestiert sich auch in der Mundhöhle
„Zahnärzte sollten sich darüber bewusst sein, dass die Mundhöhle sowohl primär als auch sekundär Manifestationen der TB aufweist oder sogar die Eintrittspforte für TB-Bazillen darstellen kann. Aufgrund des floriden klinischen Bildes der TB kann die differenzialdiagnostische Beurteilung den Behandler vor eine Herausforderung stellen, vor allem bei chronischen Ulzerationen, indurierten, nicht heilenden Läsionen, vor allem bei Patienten mit niedrigem sozio-ökonomischem Hintergrund. Des Weiteren sollte anamnestisch erfragt werden, ob es Kontakt zu TB-Erkrankten gab oder Auslandsaufenthalte in (Hoch-)Risikogebieten in der Vergangenheit stattgefunden haben“, so der Autor. Neben diesem speziellen Aspekt ist auch das Update zu M. Crohn und seiner möglichen oralen Manifestation ein wichtiger Teil dieses interessanten Beitrags.
Biomaterialien und mehrkernige Riesenzellen
Der Körper reagiert auf eingebrachte Biomaterialien, zum Beispiel für die Knochenregeneration. Wie dadurch induzierte Zellreaktionen den Regenerationsprozess beeinflussen können, welche Rolle mehrkernige Riesenzellen dabei spielen und was das in der Praxis bedeuten könnte – Stichwort Desintegration und Kapselisolation –, beschreiben Prof. Shahram Ghanaati und Dr. Sahra Al-Maawi, Universität Frankfurt, in ihrem Grundlagenbeitrag.
Gesichtsschilde erhöhen die Sicherheit
Was können Gesichtsschilde – zusätzlich zu FFP2-Masken beziehungsweise chirurgischen Masken – beitragen, die Übertragung von Sars-CoV-2 über Aerosole bei zahnärztlichen, HNO- und physiotherapeutischen Behandlungen und in der Pflege zu verringern. Die Ergebnisse einer Pilotstudie dazu legen Prof. Wolfgang Stelzenmüller (Universität Homburg/Saar) und seine Co-Autoren in ihrem Beitrag dar. Ihr Fazit: Auch wenn viele weitere Faktoren das Infektionsgeschehen in Innenräumen beeinflussen können, erhöht die zusätzliche Verwendung von Gesichtsschildern zu korrekt sitzenden Gesichtsmasken im Rahmen therapeutischer Maßnahmen die Sicherheit von Patienten und Behandlern gleichermaßen. „Bei Patienten, die während einer Behandlung zeitweise keine Masken tragen können, empfiehlt sich das Tragen einer korrekt sitzenden Maske in Kombination mit einem Gesichtsschild.“
Die „Quintessenz Zahnmedizin“, Monatszeitschrift für die gesamte Zahnmedizin, ist der älteste Titel des Quintessenz-Verlags, sie wurde 2019 wie der Verlag selbst 70 Jahre alt. Die Zeitschrift erscheint mit zwölf Ausgaben jährlich.
Drei Ausgaben davon sind aktuelle Schwerpunktausgaben, die zusätzlich einen Online-Wissenstest bieten mit der Möglichkeit, Fortbildungspunkte zu erwerben. Abonnenten erhalten uneingeschränkten Zugang für die Online-Version der Zeitschrift und Zugang zur App-Version. Mehr Infos, Abo-Möglichkeit sowie ein kostenloses Probeheft bekommen Sie hier.
Adjuvante photochemische Therapie
Was kann die adjuvante Therapie mit photochemischen Prozessen und Lasern in der modernen Parodontitistherapie unter welchen Gesichtspunkten leisten? Eine aktuelle Bewertung auch mit Blick auf das neue Verständnis des Zusammenhangs zwischen parodontalen und systemischen Erkrankungen bietet der Beitrag von Dr. Sarah Böcher et al. von der RWTH Aachen, wo seit langem zu Lasern in der Zahnmedizin geforscht und gearbeitet wird.
Was bei Obliterationen zu tun ist
Dr. Michael Arnold, Dresden, gibt in seinem gut bebilderten Beitrag einen Überblick zur Obliterationen im Wurzelkanalsystem und wichtige Hinweise für den Umgang damit in der Praxis. Die kritische Bewertung der Fülle neuer Materialien für adhäsive Teilkronen und deren klinische Anwendung stehen im Fokus des Beitrags von Priv.-Doz. José Ignacio Zorzin und Prof. Ulrich Lohbauer, Universität Erlangen-Nürnberg.
Neue Serie zu Zahndurchbruchsstörungen
Schließlich bildet die April-Ausgabe den Auftakt für eine weitere kleine, dreiteilige Beitragsreihe aus dem Bereich Kieferorthopädie zu Zahndurchbruchsstörungen. Teil 1 widmet sich den Durchbruchsstörungen im Bereich der oberen Schneidezähne.
Dazu bietet die „Quintessenz Zahnmedizin“ wie immer weitere interessante Beiträge, so in der beliebten Rubrik „Bildgebende Verfahren“, diesmal zu Keratozyste vs. solitäre Knochenzyste. Beim Praxismanagement geht es um die Abrechnung des Knochen- und Weichteilmanagements, die Entgeltfortzahlung bei Krankheit und die Frage, wie man mit guter Investitionsplanung die Steuerlast senken und die Liquidität verbessern kann.
Titelbild: Bei der 29-jährigen Patientin zeigt sich eine extraorale Schwellung im Bereich der Wange rechtsseitig mit leicht eingeschränkter Mundöffnung. Im Bereich der Lippen, des Vestibulums, in der unteren Wangenhälfte bis in das Vestibulum hinein zeigen sich multiple aphthös-ulzerierende, mäßig schmerzhafte Läsionen, die teilweise konfluieren. Das klinische Bild ist sowohl für eine orale Manifestation eines Morbus Crohns als auch für eine primäre oder sekundäre orale Tuberkulose (TB) eher untypisch (Abb. mit freundlicher Genehmigung von Tilmann Riemer, Universitätsklinik Leipzig). Aus: Remmerbach, T: Der besondere oralmedizinische Fall – Primäre orale Tuberkulose bei einer immunsupprimierten Patientin mit Morbus Crohn, Quintessenz Zahnmedizin, 2021;72(4):444-449