Viele ZFA gehen nach ihrer Ausbildung in die Prophylaxe. Auch Tanya Ziegler-Lambert hat sich zunächst in ihrer Tätigkeit als ZMP wohlgefühlt. Um die Betreuung ihrer Tochter flexibler gestalten zu können, wechselte sie in die Abrechnung. Jetzt ist sie Abrechnungsmanagerin (IHK) und hat damit ihre berufliche Erfüllung gefunden. Im Interview mit Quintessenz News berichtet sie über ihre Erfahrungen.
Sie haben 2002 Ihre Ausbildung zur ZFA beendet. Warum haben Sie sich dann für die Prophylaxe entschieden?
Tanya Ziegler-Lambert: Ich habe während meiner Ausbildung immer meine Kollegin (ZMP) „bewundert“. Das selbstständige Arbeiten, die Verantwortung.
Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, meinem Chef den ganzen Tag am Behandlungsstuhl gegenüber zu sitzen. Somit habe ich dann nach einem Jahr in der Assistenz angefangen, die Kinderprophylaxe zu übernehmen. Ich besuchte kleine Fortbildungen, machte 2005 meine Individualprophylaxe(IP)-Scheine. Nach und nach durfte ich dann auch die Professionelle Zahnreinigungen durchführen. Allerdings fehlte mir das tiefe Fachwissen, und ich entschied mich 2010, die Fortbildung zur Zahnmedizinischen Prophylaxeassistentin (ZMP) zu absolvieren. Bis zur Geburt meiner Tochter 2015 war ich dann ausschließlich in der Prophylaxe tätig.
Vorteil der Verwaltung: Papier ist geduldig
Wie kam es zu dem Wechsel in die Abrechnung? Ist Ihnen die Entscheidung schwergefallen?
Ziegler-Lambert: Nach meiner Elternzeit stand ein Praxiswechsel bevor. Ich hatte die Wahl zwischen zwei Praxen. In Praxis A wäre ich wie gewohnt in der Prophylaxe eingesetzt worden. Praxis B fragte mich allerdings, ob ich mir auch vorstellen könnte, in der Verwaltung tätig zu werden, da die Kollegin die Praxis verlassen würde.
Ich dachte darüber nach und besprach alles mit meinem Mann. Da Kinder gerne ohne Ankündigung krank werden, sah ich da den Vorteil, dass Papier geduldiger ist. Zudem fühlte ich mich „noch nicht fertig“. Dadurch fiel mir die Entscheidung nicht sonderlich schwer.
Ich entschied mich für Praxis B. Heute weiß ich, warum es mir so leicht fiel, denn ich liebe meinen neuen Job, meine Aufgaben und die Verantwortung. Das war es, was mir fehlte.
Die Prophylaxe-Zeit war toll, die Abrechnung allerdings wurde mein Steckenpferd. Nie wieder würde ich tauschen wollen.
Externe ZMV unterstützte in der ersten Zeit
Was waren Ihre ersten Schritte, um in der Abrechnung fit zu werden?
Ziegler-Lambert: Im Jahr 2002 hatte ich mich zum letzten Mal mit der Abrechnung beschäftigt, meinen letzten Heil- und Kostenplan (HKP) hatte ich in der Abschlussprüfung geschrieben und hatte – ehrlich gesagt – keinen blassen Schimmer, auf was ich mich da eingelassen hatte. Es gab ja so viele Neuerungen.
Ich wurde (zum Glück) ins kalte Wasser geschmissen. Meine Vorgängerin hatte mir viel liegen lassen. Mein erster Weg führte somit direkt zur Fortbildungsakademie der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe – Einsteigerkurs, alle Basics der Bema auffrischen. Und dann habe ich die Ärmel hochgekrempelt und los ging es damit, Leistungen zu kontrollieren.
Einmal die Woche bekam ich eine externe Zahnmedizinische Verwaltungsassistentin (ZMV) an die Seite gesetzt, die mich unterstützen und erst einmal die Abrechnung von Parodontitisbehandlungen (PAR), Zahnersatz (ZE) und Kieferbruchbehandlungen (KBR) übernehmen sollte.
Als sie dann anfangen wollte, die HKP abzurechnen, fragte sie mich, wo denn die XML-Dateien wären. Mit großen Augen und null Wissen starrte ich sie an. XML – was? Ähhh … und riss panisch alle Schubladen auf und suchte.
„Jetzt fing es an, richtig Spaß zu machen“
Ungläubig sah sie mich an und fragte mich, ob ich sie auf den Arm nehmen möchte. Anschließend erklärte sie mir dann geduldig, dass sie die vom Labor geschickten E-Mails mit der dazugehörigen digitalen Rechnung (XML-Datei) braucht. Nach und nach übernahm ich dann immer mehr Aufgaben, schrieb meine ersten HKP, machte die PAR und KBR-Abrechnung selber und konnte kleinere ZE-Pläne selber abrechnen. Mein ständiger Begleiter war Daisy (Informationen der Daisy Akademie + Verlag GmbH). Ich schaute mir alte Pläne an und las sehr viel nach, auch in diversen Facebook-Gruppen. Jetzt fing es an, richtig Spaß zu machen.
Wie ging es dann weiter?
Ziegler-Lambert: Das Corona-Jahr 2020 war für mich, wie für fast alle anderen auch, eine wahnsinnige Herausforderung: Geschlossene Kindergärten, eingeschränkte Betreuungszeiten trafen auch mich total unerwartet. Trotz der Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten oder sogar an den Wochenenden zu kommen, um die Defizite, die durch die fehlende Betreuung entstanden, kamen meine Chefin und ich nicht auf einen Nenner. Daher habe ich dann im Frühling 2020 den Entschluss gefasst, mich beruflich anderweitig umzusehen. Und ich wurde recht schnell fündig.
„Dann finden wir gemeinsam Lösungen“
Ich hatte ein Vorstellungsgespräch bei meinen jetzigen Chefs. Eine große Praxis mit zwei Standorten, fünf Ärzte. Meine heutige Chefin machte die Abrechnung „nebenher“; sie brauchten also unbedingt Unterstützung. Ich selber war erst unsicher, ob das nicht eine Hausnummer zu groß für mich sein könnte. Immerhin war ich noch recht neu auf diesem Gebiet und ich kam aus einer kleinen Praxis.
Dennoch reizte mich diese Herausforderung. Allerdings blieb da eine große Sorge: Corona. Ich fragte meine Chefin: „Was machen wir, wenn die Kindergärten wieder schließen?“ Als sie darauf antwortete, „Dann finden wir gemeinsam Lösungen“, war die Sache für mich klar. Ich wollte unbedingt Teil dieses Teams werden.
Ich kündigte meine Stelle und wechselte im Sommer 2020 in meine jetzige Praxis. Und es war definitiv die beste Entscheidung.
Chefin nahm sich zwei Wochen „patientenfrei“ für die Einarbeitung
Welche Unterstützung haben Sie bei Ihrer neuen Anstellung erhalten?
Ziegler-Lambert: Meine Chefin nahm sich extra zwei Wochen „patientenfrei“, um mich persönlich einzuarbeiten, denn auf mich wartete eine neue Software und es war eine Menge liegen geblieben. „Abrechnungsgeddon“ nannte sie den Zustand. Schnell konnte ich mich mit ihrer Hilfe einarbeiten.
Schon nach wenigen Wochen überlegten wir, welche Fortbildung ich besuchen sollte, um mein Wissen zu vertiefen und zu erweitern. Und so kam es, dass ich die Fortbildung zur Abrechnungsmanagerin (IHK) bei der Deutschen Fortbildungs-Akademie Heilweisen (DFA) absolvierte. Im Mai 2021 schrieb ich meine Prüfung, die ich erfolgreich bestand.
Was würden Sie sich an Unterstützung wünschen im Bereich Abrechnung? In der Praxis, von KZVen oder Unternehmen?
Ziegler-Lambert: Tatsächlich kann ich nichts Negatives berichten. Unsere Kammer stand mir am Anfang sehr oft zur Seite, wenn ich mal nicht weiter kam. Auch heute rufe ich dort noch an, wenn ich Fragen habe.
Was gehört derzeit zu Ihren Aufgaben?
Ziegler-Lambert: Heute leite ich die Abrechnungsabteilung und arbeite aktuell meine Kollegin ein. Ich habe mich auf die GOZ- und ZE-Abrechnung fokussiert, welche mich neben meiner Aufgabe als Ausbildungsbeauftragte vollkommen erfüllt. Im nächsten Jahr steht die Fortbildung zur Betriebswirtin der Zahnärztlichen Abrechnung auf dem Programm. Ebenfalls bei der DFA. Ich freue mich sehr darauf.
„Unfassbar froh, diesen Weg gegangen zu sein“
Welche Tipps haben Sie für Kolleginnen, die auch überlegen, in den Bereich Abrechnung zu wechseln?
Ziegler-Lambert: Mein Tipp ist, wenn ihr Bock darauf habt, macht es. Lasst euch nicht entmutigen. Ja, mein Weg war nicht immer einfach und oft habe ich da gesessen und geweint und mich gefragt, was zum Teufel ich mir dabei gedacht habe. Ich blicke heute gerne zurück und bin unfassbar froh, diesen Weg gegangen zu sein. Es war definitiv der richtige.
Es gibt noch mehr Praxen da draußen, die ihre Mitarbeiter unterstützen und fördern. Gebt nicht auf! Geht euren Weg!
Ich hoffe, dass meine Geschichte ganz viele Kolleginnen inspiriert und motiviert. Go for it.
Es war doch sicher nicht einfach, neben Beruf und Familie auch noch Zeit für die Fortbildung zur Abrechnungsmanagerin aufzubringen. Wie haben Sie das geschafft?
Ziegler-Lambert: Nein, es war definitiv nicht immer leicht. Aber ich hatte ein klares Ziel vor Augen und wollte diesen Weg unbedingt gehen.
Mein Mann war mir zu der Zeit eine riesige Stütze. Er hat zu Hause alles gemeistert, damit ich mich voll auf die Fortbildung und meine Prüfung konzentrieren konnte. Bester Ehemann 😉!
Arbeitszeiten werden an die Bedürfnisse des Kindes angepasst
Mittlerweile verantworten Sie die Abrechnung für acht Zahnärzte. Wie bekommen Sie Ihre Arbeit mit der Betreuung Ihrer Tochter unter einen Hut – sie ist ja noch in einem „krankheitsanfälligen“ Alter?
Ziegler-Lambert: Ich habe wahnsinnig tolle, verständnisvolle Chefs. Ich kann und darf meine Arbeitszeit flexibel an die Bedürfnisse meines Kindes anpassen. Dabei ist es ihnen „egal“, ob ich im Homeoffice oder in der Praxis arbeite. Theoretisch könnte ich auch am Strand arbeiten. Hauptsache ich arbeite irgendwann.
Ich arbeite vier Tage in der Woche „kurz“, zwei davon im Homeoffice und kann daher meine Tochter selber von der Schule abholen. Einen Tag in der Woche arbeite ich lang. Auch diesen Tag kann ich flexibel an die Betreuung meiner Tochter anpassen. Das heißt, ich spreche mich mit meinem Mann und der „Ersatz-Oma“ ab, wer von den beiden die Kleine an dem langen Tag abholt.
Wird meine Tochter krank, arbeite ich ganz „entspannt“ (sofern das mit Kind möglich ist) im Homeoffice, oder nehme sie bei einer leichten Erkrankung mit in die Praxis. Letzteres geht auch, wenn einmal keine Betreuung in der Schule stattfindet.
Außerdem hält mir mein Mann den Rücken an den Tagen frei, an denen ein Fehlen in der Praxis ungünstig wäre.
Und zu guter Letzt springt die Tante meines Mannes bei Bedarf ein, die wie eine Oma für unsere Tochter ist und diese möglichst einmal in der Woche von der Schule abholt.
Ohne die Unterstützung und das Vertrauen meiner lieben Chefs Ann Christine und Günter Spranke, meines Mannes und der „Oma“ wäre mir das alles nicht möglich gewesen. Und dafür bin ich allen jeden Tag aufs Neue dankbar.
Das Gespräch führte Birgit Strunk, Quintessenz News