Einteilige provisorische Implantate sind Hilfselemente, die grundsätzlich zur Fixation von festsitzendem und herausnehmbarem provisorischem Zahnersatz designt und hergestellt werden. Dieses Therapieverfahren ist gerade für eine anspruchsvolle Patientenklientel von besonderem Interesse, da trotz der Etablierung der neuen Konzepte eine prothetische Sofortversorgung nicht immer durchzuführen ist. Was beim Einsatz von provisorischen Implantaten zu beachten ist und welche Möglichkeiten sie eröffnen, stellen Prof. Dr. Aydin Gülses et al. in ihrem Beitrag für die Implantologie 3/22 zusammen.
Dank der materialwissenschaftlichen Entwicklungen können definitive Ergebnisse auch von provisorischen Implantaten erwartet werden. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass das übergeordnete Behandlungsziel von provisorischen Implantaten nicht die Osseointegration ist, sondern hier die Funktion als Hilfselement zu einer provisorischen Versorgung vorrangig ist.
In keiner anderen Disziplin der Zahnmedizin schreitet die Entwicklung so schnell voran wie in der Implantologie. Ziel der Zeitschrift ist es, dem Fortbildungsangebot im Bereich der Implantologie durch die Veröffentlichung praxisbezogener und wissenschaftlich untermauerter Beiträge neue und interessante Impulse zu geben und die Zusammenarbeit von Klinikern, Praktikern und Zahntechnikern zu fördern. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.
Einleitung
Trotz der Entwicklungen bei den gesteuerten Geweberegenerationstechniken und Modifikationen an der Makrotopografie und den Implantatoberflächen steht der Implantologe aufgrund der Ansprüche der Patienten an die Wiederherstellung von Funktion, Phonation und Ästhetik innerhalb der möglichst kürzesten Zeit immer noch unter Zeit- und Leistungsdruck. Mangelnde Quantität und/oder Qualität des verfügbaren Knochens im Implantatempfängerbereich können auch zusätzliche komplexe chirurgische Maßnahmen, unter anderem An- und Auflagerungsosteoplastiken erfordern, um eine Implantatinsertion zu ermöglichen, was auch die Therapiedauer deutlich verlängert und für den Patienten als großes Handicap bei der Implantatbehandlung gesehen wird.
Wenn eine genügende mechanische Verankerung oder Primärstabilität erzielt werden kann, lässt sich der Tragekomfort des provisorischen Zahnersatzes durch die Sofort- und Frühbelastungsprotokolle unmittelbar nach Implantatinsertionen deutlich verbessern1. Andererseits können bei unzureichender Primärstabilität oder unmittelbar nach den Knochenaufbaumaßnahmen die Patientenerwartungen nicht direkt erfüllt werden. In diesen Fällen kommen die provisorischen Implantate beziehungsweise die sogenannten Interimsimplantate, Übergangsimplantate oder „Intermediats“ zur Anwendung. Sie werden direkt nach den Extraktionen, Implantatinsertionen oder An- und Auflagerungsosteoplastiken als Trägereinheit bei verschiedenen provisorischen Versorgungsmöglichkeiten angewendet. Die Anwendung provisorischer Implantate ist mit folgenden Vorteilen verbunden2−5:
- Stabilität der provisorischen Restauration, die die Inzisionslinie und das darunterliegende Transplantatmaterial schützt (Vermeiden von Mikrobewegungen auf das Transplantat oder Implantat)
- Frühzeitige Bewertung von Funktion, Phonetik und Ästhetik
- Röntgenologische Bewertung der Transplantatdicke während der Heilungsphase
- Chirurgische Führung („parallel pin“) während der endgültigen Implantatinsertion
- Unterstützung der radiologischen und chirurgischen Stents
- Einfaches chirurgisches Protokoll
- Patientenbezogene Zufriedenheit/Erwartungen können besser erreicht beziehungsweise erfüllt werden, falls die endgültige Implantatinsertion verschoben werden muss, ohne den Komfort des Patienten negativ zu beeinflussen.
- Eine stabile vertikale Dimension kann beibehalten und die Anzahl der Besuche während der Heilung, Transplantatintegration und Implantatintegration reduziert werden (Prothesenunterfütterungen werden eliminiert).
- Jungen Patienten mit syndromalen Erkrankungen, die im Zusammenhang mit der Oligodontie stehen, kann eine akzeptable und langfristige Lösung angeboten werden.
Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, die chirurgischen Prinzipien und die Materialeigenschaften der verfügbaren Systeme zu präsentieren und die klinischen Möglichkeiten und Grenzen der provisorischen Implantate zu diskutieren.
Herausforderungen in der Nomenklatur
Die Literatur ist bezüglich der Terminologie im Zusammenhang mit Implantaten mit reduziertem Durchmesser nicht eindeutig. Die Begriffe Miniimplantate oder Implantate mit reduziertem Durchmesser und provisorische Implantate wurden meistens synonym verwendet und im klinischen Alltag werden die provisorischen Implantate auch mit anderen einteiligen Implantaten verwechselt. Das einteilige enossale Implantat mit einem reduzierten Durchmesser (Miniimplantat) wurde ursprünglich entwickelt, um bei einem begrenzten Knochenangebot strukturelle Schwächen im zweiteiligen Design zu beseitigen, wobei auch der Mikrospalt eliminiert wird6. Im „Glossary of Oral and Maxillofacial Implants“ (GOMI) wurde der Begriff „Miniimplantat“ wie folgt definiert: „Implantat, das aus den gleichen biokompatiblen Materialien wie andere Implantate hergestellt ist, aber kleinere Abmessungen hat. Implantate können aus einem Stück hergestellt werden, um ein Abutment zu enthalten, das für die Unterstützung und/oder Retention einer provisorischen oder endgültigen Prothese ausgelegt ist“7. Hauptsächlich werden sie für definitive festsitzende prothetische Versorgungen im Unterkiefer-Frontzahn- und Oberkiefer-Seitenschneidezahnbereich verwendet. Auf der anderen Seite wurde das provisorische (transitionale) Implantat als „enossales Implantat, das nach kleineren Maßspezifikationen mit schmalen Breiten hergestellt wird, welches für einen definierten Zeitraum oder zur Unterstützung einer vorübergehenden Prothese verwendet werden kann“, beschrieben. Das heißt, Miniimplantate und provisorische Implantate unterscheiden sich wie nachfolgend beschrieben:
- Miniimplantate werden aus denselben biokompatiblen Materialien wie Standard-Implantate hergestellt und die Versorgung kann provisorisch oder endgültig sein. Für die provisorischen Implantate sind keine Angaben zur Standardisierung des Implantatmaterials vorgesehen, die Indikation ist jedoch auf vorübergehende Prothesen begrenzt.
Trotz dieser vielfältig vorhandenen Definitionen besteht in der Literatur noch kein Konsensus über die Definition von Implantaten mit reduziertem Durchmesser. Im vorliegenden Beitrag werden die provisorischen Implantate als einteilige Implantate mit einem Durchmesser von < 3 mm definiert. In der Literatur wurde auch proklamiert8, dass sich das osseointegrierte Interface der provisorischen Implantate aufgrund seiner ankylotischen Natur hervorragend zur Verwendung als kieferorthopädischer Anker eignet. Diese Verwendung von provisorischen Implantaten als kieferorthopädische Verankerungselemente verstärkt die Verwirrung weiter.
Osseointegration
Da ein provisorisches Implantat nur für einen definierten Zeitraum in situ bleibt und danach entfernt werden soll, sind eine optimale sekundäre und biologische Stabilisierung, die die zukünftige Explantation erschweren, nicht erwünscht. Die primäre Absicht bei der Explantation besteht auch darin, durch einen reduzierten Durchmesser − und infolgedessen einen reduzierten Knochen-Implantat-Kontakt (BIC) − eine leichte Entfernung dieser Implantate zu ermöglichen8. Die Osseointegration der provisorischen Implantate wurde schon in der ersten Publikation 1996 von Sendax9 beschrieben, der die Anwendung von einteiligen Implantaten mit einem Durchmesser von 1,8 mm zur Unterstützung einer Interimsprothese zum ersten Mal in der Literatur darstellte und zu dem Schluss kam, dass die Entfernung dieser Implantate aus dem Knochen schwierig war, da sie osseointegriert waren. Histologische Studien bestätigten später, dass der Knochen auf lichtmikroskopischer Ebene in die Oberfläche des ultrakleinen Implantats integriert zu sein schien10. Deshalb wurde in der Folge proklamiert, dass die provisorischen Implantate als kostengünstige Alternativimplantate in zahnlosen Kieferkämmen der endgültigen prothetischen Behandlung dienen könnten. Seitdem wurden zahlreiche Implantate mit reduziertem Durchmesser hergestellt – unter Angabe, dass sie nicht nur für schmale Kieferkämme, sondern auch als Alternative für definitive festsitzende und herausnehmbare prothetische Behandlungen indiziert seien. Heute begrenzen jedoch die großen Hersteller das Anwendungsgebiet ihrer Produkte konkret auf folgende Indikationen:
- Interimsversorgung zur Stabilisierung von Brücken oder Prothesen in der Einheilphase der definitiven Implantate,
- Entlastung der augmentierten Bereiche,
- Fixierung von Schablonen für die navigierte Chirurgie.
Materialeigenschaften
Aufgrund ihrer hohen Festigkeit, Temperaturbeständigkeit und Verschleißfestigkeit wurden Metalllegierungen aus Kobalt und Chrom häufig in der Zahnmedizin verwendet. Als provisorische Implantate wurden Kobalt-Chrom-Molybdän(Co-Cr-Mo)-Legierungen als besonders geeignet angesehen, da sie eine hohe Steifigkeit, eine hochglanzpolierte Oberfläche und ein extrem verschleißfestes Material implizieren11. Andererseits gelten sie immer noch als weniger biokompatibel als Titan oder Titanlegierungen. Obwohl Legierungen aus Co-Cr hinsichtlich der suboptimalen Osseointegrationskapazität für die Herstellung der provisorischen Implantate besser geeignet wären, haben In-vivo-Studien im Vergleich zu Titan andererseits auch erhöhte Entzündungsreaktionen gezeigt12. Aus diesen Gründen werden provisorische Implantate heute aus den Titanlegierungen „Titan Grad 4“, „Titan Grad 5“ oder „Titan AI6Nb7“ gefertigt. Sie sind meist oberflächlich unbehandelt, um durch glatte Oberflächen die vorgesehene Explantation zu erleichtern. Derzeit sind auf dem Markt mindestens fünf Systeme aus drei verschiedenen Titanlegierungen verfügbar (Tab. 1):
„Titan Grad 4“ (Microline, Oxy implant dental system, Biomec, Colico, Italien). Trotz der finanziellen Nachteile des Herstellungsprozesses bietet „Titan Grad 4“ annähernd so gute mechanische Eigenschaften wie die Titanlegierung „Titan Grad 5“ sowie eine optimale Biokompatibilität.
„Titan Grad 5“ (6Al-4V) (Immediate Provisional Implants [IPI], Nobel Biocare, Kloten, Schweiz; Provisorisches Implantat [PI] Semados, Bego, Bremen, Deutschland): Die Ti-6Al-4V-Legierung ist die am weitesten verbreitete Titanlegierung und dank ihrer ausgezeichneten Korrosionsbeständigkeit in den meisten natürlichen und vielen industriellen Materialien zu finden.
„Titan Grad 23” (Ti 6AL-4V ELI) (FDUA Transitional Implants, Bicon, Boston, USA): Durch die Einschränkung des Zusatzes der chemischen Bestandteile Sauerstoff (O2), Wasserstoff (H2), Eisen (Fe) und Aluminium (Al2O3) wird der Werkstoff Ti6Al4V „reiner“ und erhält den Zusatz „ELI“ („Extra Low Interstitial“). Die ELI-Variante des „Titan Grad 5“ wird zur besseren Unterscheidung als „Titan Grad 23“ oder auch „Ti6Al4V ELI“ bezeichnet. Für den Einsatz als chirurgisches Implantat und weitere medizintechnische Anwendungen darf ausschließlich die ELI-Variante der Güte 3.7165 genutzt werden13.
TiAI6Nb7 (Straumann TempImplant, Straumann, Basel, Schweiz): TiAl6Nb7 besteht aus hochbiokompatiblen Legierungselementen, wobei das Vanadium (V) durch Niob (Nb) ersetzt worden ist. Die dickere TiO2-Oxidschicht der anodischen Oxidation von TiAI6Nb7 ermöglicht die Realisierung eines breiten Farbenspektrums und diesbezüglich wird die Legierung daher heutzutage auch vorteilhaft in der Mikromechanik und als Komponente von Uhrwerken eingesetzt. In dieser Legierung werden die interstitiellen Elemente sowie Eisen (Fe) niedrig gehalten. Es wurde gezeigt, dass die Korrosionsbeständigkeit des TiAI6Nb7 besser als die der Legierung „Titan Grad 23“ (Ti6Al4V) ist13.
Alle drei Legierungen (TiAI6Nb7, „Titan Grad 23“ und „Titan Grad 5“) bieten zusätzlich zu ihrer Biokompatibilität und mechanischen Stabilität eine erhöhte Flexibilität, was durch eine definierte Biegezone die Verformung außerhalb des Knochens gewährleistet und axiale Korrekturen bis zu 20° ermöglicht.
Makrotopografie
Auch die Auswirkungen des Implantatdesigns auf die frühe Knochenbildung um die provisorischen Implantate wurden in der Literatur untersucht. Es wurde festgestellt, dass Tapered-Implantate mit Schneidegewindedesign („knife thread“) die periimplantären enossalen Heilungseigenschaften im Vergleich zu sofortbelasteten Implantaten mit einem selbstschneidenden Gewindedesign verbesserten14.
Chirurgische Aspekte
Planung
Die Insertion von provisorischen Implantaten ist ein relativ einfaches Prozedere. Soweit es die anatomischen Gegebenheiten zulassen, ist auf eine sinnvolle Verteilung der provisorischen Implantate auf dem Kieferkamm zu achten (Abb. 1). Die optimale Positionierung der permanenten Implantate und/oder Knochenblöcke sollte durch das Setzen der provisorischen Implantate nicht negativ beeinflusst werden.
Daher müssen die Insertion der permanenten Implantate sowie An- und Auflagerungen der Knochenblöcke in jedem Fall vor den provisorischen Implantatinsertionen geplant werden. Generell wird empfohlen, zur Erhöhung der Stabilität mindestens ein provisorisches Implantat mehr einzusetzen, als definitive Implantate vorhanden sind. Wenn das Knochenvolumen es zulässt, kann auch ein Tripod- oder Zickzack-Ansatz verwendet werden, um eine erhöhte Primärstabilität zu erzeugen. Generell sollten provisorische Implantate mindestens zwei Millimeter von benachbarten Implantaten entfernt inseriert werden.
Wenn vorhanden, können mitmilfe des im Set enthaltenen Biegeinstruments provisorische Implantate zwischen Abutment und Implantatschulter bis zur Parallelität der Abutments gebogen werden, um eine gemeinsame Einschubrichtung zu erhalten. Bei den Systemen, die nur eine Größe anbieten, kann das Implantat auch an seinem Apex mit entsprechenden Instrumenten auf die gewünschte Länge gekürzt werden. Die Abbildungen 2 bis 5 zeigen eine erfolgreiche prothetische Versorgung des unbezahnten Oberkiefers mithilfe der provisorischen Implantate.
In einer klinischen Studie zur Prognose von provisorischen Implantaten und deren prothetischen Suprakonstruktionen nach größeren augmentativen Operationen wie Le-Fort-I-Osteotomien und Sandwichosteoplastiken zeigten Terheyden und Alsifavo15 für die provisorischen Implantate eine Überlebensrate von 81,6 Prozent und schlossen, dass die Insertion von provisorischen Implantaten nach großen Augmentationen empfohlen werden kann.
Osteotomie
Bei der Insertion von provisorischen Implantaten stehen mehrere Bohrtechniken zur Auswahl. Ein erstes vom Hersteller empfohlenes Protokoll, das bei dichtem Knochen verwendet wird, ist ein Protokoll, bei dem ein Pilotbohrer (jedes System hat nur einen Bohrer in der Behandlungssequenz, was das Platzierungsverfahren sehr vereinfacht) verwendet wird, um die Osteotomie bis zur gewünschten Länge zu vervollständigen und anschließend das Implantat manuell mit einem Handschlüssel oder mit einem Winkelstück zu inserieren. Die zweite Technik wird bei weicherem Knochen angewendet. Eine Osteotomie wird in der Tiefe bis zur Hälfte der Implantatlänge durchgeführt, dann wird das Implantat auf die gesamte Länge geschraubt. Diese Technik erhöht die Primärstabilität in weicherem (D3) Knochen. Bei sehr weichem (D4) Knochen wird keine Osteotomie benötigt, wobei durch das aggressive, selbstschneidende Gewindedesign die mechanische Verankerung maximiert werden kann.
Nach An- und Auflagerungsplastiken muss der Pilotbohrer so ausgerichtet werden, dass das provisorische Implantat möglichst parallel (meistens senkrecht zu der Okklusionsebene) zum zukünftigen definitiven Implantat sitzt, damit das provisorische Implantat während der zweiten Operation (Insertion der definitiven Implantate) als Parallelführung dienen kann. Die Osteotomie ist bei niedriger Geschwindigkeit (800−2.000 U/min) und immer unter Kühlung durchzuführen.
Insertion des provisorischen Implantats
Die provisorischen Implantate dürfen nicht mit einem Eindrehmoment von mehr als 35 Ncm und einer Geschwindigkeit von mehr als 50 U/min eingesetzt werden. Nach den jeweiligen Herstellerangaben muss der Eindrehstopp, der die optische Kontrolle erleichtert und ein zu tiefes Eindrehen verhindert, beachtet werden. Entsprechend der Knochendichte empfiehlt es sich, die letzten Umdrehungen manuell vorzunehmen.
Intraoperative Komplikationen
Sollte ein provisorisches Implantat im Knochen frakturieren, ist die Entfernung des verbleibenden Metallfragments nicht erforderlich. Wenn jedoch das provisorische Implantat an der Stelle des endgültigen Implantats platziert wird und bricht, kann eine Osteotomie erforderlich sein, um das Fragment zu entfernen. Sollte dies unmöglich sein, ist der gesamte Fall gefährdet, da die ideale Position des endgültigen Implantats nicht mehr verfügbar ist. Wenn die Parallelführungsstifte ausreichend einstellbar sind, kann das provisorische Implantat mit einem Motor bei sehr langsamer Geschwindigkeit (15−50 U/min) eingesetzt und anschließend manuell positioniert werden. Sobald alle provisorischen Implantate platziert sind, wird der Patient gebeten, den Mund zu schließen, und der interokklusale Raum wird auf ausreichenden Abstand hin überprüft.
Zusätzliche autologe Knochenspäne und/oder Knochenersatzmaterialien, die an den Rändern der Knochentransplantate platziert werden, sollten mit einer Barrieremembran abgedeckt werden. Die provisorischen Implantate können durch gestanzte Löcher, die dem Durchmesser des provisorischen Implantats entsprechen, auch zur Befestigung von Membranen dienen.
Nahtverschluss
Vor dem Nahtverschluss wird in den Lappen eine periostale, senkrechte Schlitzung durchgeführt, um die provisorischen Implantate zu umgeben, damit ein spannungsfreier primärer Verschluss erreicht werden kann. Das Nähen erfolgt zuerst mit horizontalen Matratzennähten, um die bukkalen und palatinalen Lappen zu approximieren. Dann wird eine nicht verriegelnde kontinuierliche Schlinge durchgeführt, um eine ordnungsgemäße Blutversorgung und Annäherung des Lappens zu ermöglichen. Es muss darauf geachtet werden, den Knoten in einem Bereich abseits des provisorischen Implantats zu platzieren, da er die Gingiva während der Insertion der provisorischen Restauration komprimieren kann, wodurch die Blutversorgung beeinträchtigt wird und eine Dehiszenz auftreten kann16,17.
Transgingivale Heilung
Bei einer transgingivalen Heilung kann eine perfekte Adhäsion des Weichgewebes am transgingivalen Teil des Implantats fehlen. Obwohl sich in der Literatur kein Beweis dafür befindet, kann eine transgingivale Heilung an einem augmentierten Bereich kritisch gesehen werden, da sie aufgrund der fehlenden Gewebebarriere zu einer Infektion führen und das Überleben des Knochentransplantats gefährden kann18. Es wurde jedoch bei der transgingivalen Heilung ein klinisch geringerer Knochenverlust festgestellt, wenn lasertexturierte Oberflächen anstelle von glatten Oberflächen verwendet wurden, unabhängig vom Belastungsprotokoll18,19. Dieser Befund könnte bei der Entwicklung/Modifikation der zukünftigen provisorischen Implantate von größerer Bedeutung sein, da moderne provisorische Implantate eine komplette glatte Implantatoberfläche haben. Ein rauer Anteil am Implantathals, der die Bildung einer undurchlässigen „Gingivamanchette“ ermöglicht, kann einen großen klinischen Vorteil darstellen.
Explantation
Zum entsprechenden Zeitpunkt, normalerweise sechs bis zwölf Monate nach dem Einsetzen, können provisorische Implantate meistens mit leichtem Gegendrehdruck entfernt werden, manchmal ist eine Ratsche erforderlich. In der Literatur wurde auch beschrieben, dass der apikale Teil des provisorischen Implantats abbrechen und im Knochen persistieren kann2,20. In keinem dieser Fälle wurde jedoch über eine Infektion mit Fremdkörperreaktion aufgrund des verbleibenden Materials berichtet2,20.
Provisorische Implantate werden mit nichtaxialen Kräften sofort belastet. Insofern trotzen Kliniker den bestehenden Paradigmen für eine erfolgreiche Osseointegration. Entsprechend wird eine regelmäßige klinische Überwachung empfohlen, weil provisorische Implantate eine fibröse Integration zeigen und sich lockern können21. Diese fibröse Veränderung könnte den Erfolg des darunterliegenden Knochentransplantats oder Implantats beeinträchtigen. Die meisten Studien stimmen jedoch darin überein, dass provisorische Implantate nach mindestens sechs Monaten bei voller Belastung einen Knochen-Implantat-Kontakt von 35−60 Prozent hatten, insbesondere im apikalen Teil3,22,23. Ferner wurde beschrieben, dass die provisorischen Implantate zeitweise stark osseointegrieren können und die sofortige Belastung der multiplen, verblockten Implantate zu einer langfristigen Osseointegration führen kann2,20,24−26. Dabei wird angenommen, dass die Osseointegration der provisorischen Implantate hauptsächlich durch die anfängliche Knochendichte an der Implantationsstelle und durch die unkontrollierte Belastung beeinflusst wird, die während der frühen Heilungsphase auf die Implantate ausgeübt wird27. Dies kann vielleicht teilweise mit dem Wolff’schen Gesetz erklärt werden28, dennoch ist die Korrelation zwischen Belastung und Biostimulation des Knochens nicht genau zu beweisen. Laut Brunski29 soll die kritische Grenze von 100 μm Relativbewegung von Implantat und Implantatlager nicht überschritten werden. Klinisch ist zu beachten, dass exzessive Mikrobewegungen und Kräfte in der horizontalen Richtung ausgeschaltet werden sollen, da diese zu einer bindegewebigen Integration und einem Implantatverlust oder auch zu frühzeitiger Explantation führen können30. Daher haben unter biomechanischen Gesichtspunkten die Achsenstellung und die Primärstabilität des provisorischen Implantats eine besondere Bedeutung31.
Die nicht belasteten Knochentransplantate werden mit der Zeit volumeninstabil und zeigen ein Resorptionsmuster32. Aufgrund dessen wird empfohlen, die Implantate nach An- und Auflagerungsosteoplastiken innerhalb von sechs Monaten in die augmentierten Bereiche zu inserieren33,34. Es kann hypothetisiert werden, dass die funktionelle Belastung des Kiefers durch provisorische Implantate unmittelbar nach der Augmentation die unerwünschte Abnahme des Transplantatvolumens verhindern kann.
Schlussfolgerung
Provisorische Implantate sind belastungsfähige Trägereinheiten, die grundsätzlich der Fixation eines festsitzenden und herausnehmbaren provisorischen Zahnersatzes dienen. Dieses Therapieverfahren ist gerade für eine anspruchsvolle Patientenklientel von besonderem Interesse, da trotz moderner Sofortbelastungskonzepte eine prothetische Sofortversorgung nicht immer durchzuführen ist. Es kann extrapoliert werden, dass definitive Ergebnisse auch von provisorischen Implantaten durch deren Osseointegration erwartet werden können. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass das übergeordnete Behandlungsziel von provisorischen Implantaten nicht die Osseointegration ist, sondern sie in ihrer Funktion als Hilfselemente eine mechanische Verankerung schaffen. Daher sollte jeder Patient auf Parafunktionen untersucht werden, die axialen Belastungen sollten vermieden und die provisorische Restauration entsprechend geplant werden, da die übermäßigen Belastungen zur Lockerung des Implantats führen können.
Ein Beitrag von Prof. Dr. Aydin Gülses und Dr. Eleonore Behrens, Prof. Dr.-Ing. Oral Cenk Aktas, Prof. Dr. Yahya Acil und Prof. Dr. Jörg Wiltfang, alle Kiel
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