„Die Parodontitis-Therapie verfehlt offenbar häufig ihr Ziel, Zähne zu erhalten“, so Prof. Dr. Christoph Staub, Vorstandsvorsitzender der BARMER, in der Pressemitteilung zum Zahnreport, der in diesem Jahr seinen Schwerpunkt auf Parodontitis legt. Die Datenbasis für diesen Report bilden Informationen zur vertragszahnärztlichen Versorgung von 8,5 Millionen Versicherten der BARMER GEK (knapp 12 % aller GKV-Versicherten). Zur Analyse lagen alle im Zeitraum 2012 bis 2015 abgerechneten PA-Pläne vor. Zielereignis für die Outcome-Betrachtung der Parodontitis-Therapie war die nächste Extraktion nach Abschluss der Behandlung. Die Grafik dazu zeigt deutlich, dass die Extraktionsinzidenz vor und während der Parodontitis-Therapie gipfelartig ansteigt und um den Abrechnungszeitraum (als Abschluss der Therapie definiert) wieder absinkt. Trotzdem bleibt die Extraktionsinzidenz auch bis zu vier Jahre nach Therapie höher als vor der Behandlung und auch höher als bei der im Vergleich betrachteten Referenzpopulation. Zusammenfassend heißt es im Report dazu: „Nach der Parodontitistherapie wird bei einem Teil der Patienten in der Versorgungsrealität eine nachhaltige Verhinderung von weiteren Zahnverlusten nicht erreicht“.
Die Entscheidung zur Zahnextraktion wird aber durch verschiedene Faktoren beeinflusst, die in dem Report nicht so abgebildet werden, wie es die Datenbasis eventuell zugelassen hätte. Es liegt nahe Zahnentfernungen nach Parodontitistherapie darauf zurückzuführen, dass für viele Patienten die Parodontitistherapie in der Praxis zu spät kommt und/oder die parodontale Zerstörung trotz Behandlung langfristig nicht in den Griff zu bekommen ist. Die gipfelartigen Anstiege in der Zahl der Extraktionen von Zähnen vor und während der Parodontitistherapie bedingt aber in vielen Fällen auch eine prothetische Weiterversorgung der geschaffenen Lücken und macht damit die Beurteilung notwendig, ob parodontal geschädigte Zähne langfristig als Pfeiler für eventuell kostenintensive Rekonstruktionen geeignet sind. Dieser Aspekt wird im Report zwar diskutiert, aber warum wurde er in der Auswertung nicht auch berücksichtigt? Der BARMER liegen Abrechnungsdaten zur Inanspruchnahme von prothetischen Neueingliederungen und Wiederherstellungsleistung vor.
Der Report zeigt auch, dass die regelmäßige Inanspruchnahme von Kontrolluntersuchungen das Risiko für Zahnverlust im Umfeld der Parodontitistherapie deutlich reduziert. Unerwähnt bleibt in diesem Zusammenhang allerdings, wie und ob die Nachsorge von parodontal behandelten Patienten in der Versorgungsrealität tatsächlich gehandhabt wird. Vielleicht liegt eben genau hier der Unterschied zwischen der Versorgungsrealität und den Ergebnissen wissenschaftlicher Studien, die zeigen können, dass die Parodontitistherapie unter der Voraussetzung strukturierter Nachsorge weiteren Zahnverlust verhindern kann. Allerdings ist die unterstützende Parodontitistherapie nicht Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung und entzieht sich der Kontrolle der gesetzlichen Krankenkassen.
In wenigen Jahren wird es vielleicht wieder einen BARMER Zahnreport mit dem Schwerpunkt Parodontitis geben. In Hinblick auf den diesjährigen Report sollten wir uns bis dahin dafür einsetzen, dass dabei mehr parodontologischer Sachverstand einbezogen und damit die Chance, die die Auswertung solcher Versorgungsdaten bietet, auch vollumfänglich genutzt wird.
Ihre
Bettina Dannewitz
Präsidentin elect der DG PARO
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