Präzisionsarbeit bei Zeitdruck und häufigen Arbeitsunterbrechungen kennzeichnen den Arbeitsalltag von Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern in Dental- und Praxislaboren. Dass damit ein hoher Arbeitsstress verbunden ist, bestätigte eine Online-Umfrage des Verbands medizinischer Fachberufe e.V. im März 2019. Mit einem neuen Projekt sollen jetzt Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.
Von den 1.147 Teilnehmenden der Online-Befragung des Verbands medizinischer Fachberufe beurteilten mehr als 70 Prozent der Selbstständigen und angestellten Zahntechniker, aber auch schon mehr als die Hälfte der Auszubildenden, ihren Arbeitsstress als hochbelastend. Ein Kooperationsprojekt in Hessen will hier Wege zur Entlastung schaffen.
Bewusstsein für Belastungen schärfen
Im September 2019 trafen sich daher Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitsschutz-Dezernate aus Kassel und aus dem Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz in Gießen mit Raoul Gerhold, Obermeister der Zahntechniker-Innung Kassel, und Karola Krell, Referatsleiterin Zahntechnik im Verband medizinischer Fachberufe e.V., zu einem ersten Gespräch im Regierungspräsidium Kassel. Sie diskutierten über das Problem und seine Ursachen und berieten über mögliche Lösungen. Ziel dieser neuen Kooperation ist es, das Bewusstsein für Themen des Arbeitsschutzes und insbesondere für psychische Belastungen bei allen Beteiligten der Zahntechnik zu schärfen und Lösungsmöglichkeiten zu finden.
Flyer benennt Stressfaktoren und zeigt Lösungen
Als erste Maßnahme wurde ein Flyer entwickelt, der einzelne Stressfaktoren und beispielhafte Maßnahmen zur Verringerung der jeweiligen Gefährdung benennt. Um Zeitdruck zu begegnen, können zur personellen Unterstützung bei hohem Arbeitsaufkommen zum Beispiel sogenannte Springerpools eingerichtet werden. Häufige Arbeitsunterbrechungen, zum Beispiel durch Telefonate, können vermindert werden, wenn für die Mitarbeiter durch eine veränderte Arbeitsorganisation störungsfreie Arbeitssequenzen geschaffen werden. Der erstellte Flyer mit diesen und weiteren Anregungen steht auf den Webseiten der Zahntechniker-Innung Kassel und des Verbands medizinischer Fachberufe e.V. sowie der Regierungspräsidien Kassel und Gießen zum Herunterladen zur Verfügung.
Arbeitsschutz ernst nehmen
Für Raoul Gerhold steht fest: „Die psychische und physische Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist ein wichtiges Gut. Deshalb müssen wir als Meister und Arbeitgeber Arbeitsschutz ernst nehmen.“ Karola Krell ergänzt. „Da dies jedoch noch lange keine Selbstverständlichkeit ist, werden wir als Arbeitnehmervertretung immer wieder darauf hinweisen. Gleichzeitig fehlen oft das Bewusstsein und das Wissen bei den Angestellten, sodass wir dieses Thema verstärkt in unseren Fokus genommen haben.“
Veranstaltung für 2021 geplant
Die gemeinsame Arbeit wurde seit Juli 2020 in regelmäßigen Telefonkonferenzen wieder aufgenommen. Eine gemeinsame Veranstaltung im April 2020 konnte aufgrund von Corona nicht realisiert werden, ist aber für 2021 in Planung. „SARS-CoV-2 erfordert verstärkt die Umsetzung der geltenden Arbeitsschutzgesetze“, sind sich alle Beteiligten einig und planen weitere Projekte und Veranstaltungen, um ihre jeweiligen Mitglieder für Standards im Arbeitsschutz zu sensibilisieren.
Alle Beteiligten sehen diese Form der Kooperation als ein gutes Beispiel dafür, wie Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertretungen sowie Arbeitsschutzbehörden gemeinsam Ziele verfolgen, um den Arbeitsschutz zu verbessern