Zu einem Austausch mit Handwerk, Berufsschulen, Zahntechnikern und Industrie über die Aus- und Weiterbildung im Zahntechniker-Handwerk hatte der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen am 29. November 2019 eingeladen. Dabei war schnell klar: Dem 1. Dentalen Berufsbildungsgipfel wird ein zweiter folgen.
Im Fokus des mit Informationen vollgepackten Tags im Haus des Handwerks in Berlin standen die Novellierung der Ausbildungsordnung für das Zahntechniker-Handwerk, die Situation an den Berufsschulen und die Ausbildung der Lehrkräfte, die Meisterausbildung und deren Perspektiven.
Blick auf die Stellschrauben für das Handwerk
Der VDZI-Präsident ZTM Dominik Kruchen umriss die aktuelle Situation im Zahntechnikerhandwerk mit über lange Zeit zurückgehenden Auszubildendenzahlen, Fachkräftemangel auch an den Berufs- und Meisterschulen, den veränderten Anforderungen in den Laboren durch die Dynamik in der technischen Entwicklung und Digitalisierung. „Wir brauchen qualifizierten Nachwuchs.“ Es müsse dringend gehandelt werden und alle justierbaren Stellschrauben auch neu justiert werden, so Kruchen: „Da, wo wir etwas machen können, müssen wir etwas machen“. Ziel des Berufsbildungsgipfels sei es, alle Maßnahmen der Beteiligten zu koordinieren und zu bündeln, um eine moderne und attraktive Aus- und Fortbildung in diesem Handwerk langfristig zu sichern.
Der Geschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Karl-Sebastian Schulte, zeigte in seiner Begrüßung zahlreiche Stellschrauben auf politischer und fachlicher Ebene auf, an denen bereits im Sinne und Interesse des Handwerks gedreht wurde und noch gedreht werden soll. Ein wichtiger Schritt sei die Rückkehr zum Meisterprinzip in einigen Handwerksbereichen. Zu Recht beklagt werde die hohe Bürokratielast für die Betriebe, das neue Entlastungsgesetz bringe hier im Alltag leider wenig.
Mehr Gleichstellung von Ausbildung und Studium
Schulte kritisierte auch den durch die politische Diskussion weiter geförderten Trend zum Studium. Die damit fehlenden Auszubildenden und späteren Fachkräfte und Meister im Handwerk seien eine echte Wachstumsbremse für die Handwerksbetriebe. Hier müssten vonseiten des Handwerks selbst und auch vonseiten der Politik die Ausbildung und die Aufstiegsmöglichkeiten attraktiver gemacht werden – mit Informationen an den Gymnasien über den Gesellenbrief mit parallelem Erwerb des Abiturs, neuen Fördermöglichkeiten für Meister und den jetzt erfolgenden Gleichstellungen mit Bachelor und Master und nicht zuletzt einer Gleichwertigkeit von Studium und Berufsausbildung auch in Fragen wie Mobilitätsförderung, Krankenversicherung und günstigem Zugang zum Öffentlichen Personennahverkehr für Auszubildende. Gerade dieses Thema kam auch in der Folge immer wieder zur Sprache.
Neue Ausbildungsordnung bis 2021/22
Am Vormittag ging es in den von ZTM Carsten Müller moderierten Vorträgen und Diskussionsrunden vor allem um die Ausbildung. Christian Hollmann vom Bundesinstitut für Berufsbildung gab einen Einblick in die Möglichkeiten und Aufgaben des BIBB bei der Weiterentwicklung von Berufsbildern.
Dass es eine neue Ausbildungsordnung geben müsse, darüber herrsche Einigkeit, so VDZI-Vorstandsmitglied Heinrich Wenzel. Die VDZI-Mitgliederversammlung habe im Herbst einen entsprechenden Beschluss gefasst. Nun sei das förmliche Verfahren dazu eingeleitet worden, die Arbeitsgruppen seien bereits am Start. Mit einer neuen Ausbildungsordnung sei etwa 2021/22 zu rechnen.
Zu wenige Betriebe bilden aus
Er zeigte auf, dass nur rund 2.600 zahntechnische Betriebe Zahntechniker ausbildeten, rund 6.000 Betriebe täten dies nicht. Es sei daher legitim darüber nachzudenken, dass alle Partizipanten sich an den Ausbildungskosten beteiligen sollten. Hier wurde im Anschluss kritisch die vergleichsweise hohe Zahl gelöster Ausbildungsverträge als Warnung für die Qualität der Ausbildung in den Betrieben und den Umgang mit den Auszubildenden diskutiert.
Wenzel machte auch klar, dass es mit dem Schlagwort „Digitalisierung“ allein für die neue Ausbildungsordnung nicht getan sei. Es gehe auf der einen Seite um Inhalte, um eine systematische Aufbereitung, die den Auszubildenden in die Lage versetze, sich auf dieser Grundlage in neue Systeme und Verfahren einzuarbeiten. Zugleich müsse eine neue Ausbildungsordnung Transparenz über die verlangten und zeitgemäßen Prüfungsinhalte schaffen. Und es gehe um eine Vermittlung des Wissens, die in Sprache und Aufbereitung dazu geeignet sei, auch Auszubildenden mit begrenzter Sprachkompetenz das Erlernen des Berufs zu ermöglichen.
Rolle der Industrie diskutiert
Die Aussicht auf eine neue Ausbildungsordnung erst 2021/22 wurde in der ersten Diskussionsrunde durchaus kritisch kommentiert. Die zahntechnische Welt wandele sich gerade jetzt rasant, „der Schnelle schlägt den Langsamen“, so Norbert Wild, Geschäftsführer der Ivoclar Vivadent in Deutschland. Diskutiert wurde auch der Wunsch, die Industrie möge doch bei der Ausstattung der Berufsschulen und durch weitere Angebote unterstützen. Dies wurde sowohl von der Industrie als auch von den Berufsschulen kritisch gesehen. Es gehe nicht darum, an den Schulen an bestimmten Geräten auszubilden. Dies sei im dualen System den Betrieben oder den überörtlichen Ausbildungseinrichtungen vorbehalten, erklärte unter anderem Markus Lensing, Berufsschullehrer aus Düsseldorf. Dass man als Partner des Zahntechnikerhandwerks die Betriebe und Ausbildungsstätten natürlich unterstützen werde, wo das sinnvoll und gewünscht sei, bekräftigte Christoph Weiss, Geschäftsführender Gesellschafter der Bego.
Diese Diskussion kam auch in den Vorträgen und Runden zur Meisterausbildung noch einmal auf. Man schätze die Zusammenarbeit mit der Industrie, vor allem die Möglichkeiten, auf dort angebotene spezielle Fortbildungen und Experten zurückzugreifen. Es sei aber nicht die Aufgabe der Industrie, die Meisterschulen auszustatten, hieß es aus dem Kreis der Meisterausbilder.
Erst das Berufsbild in der Meisterausbildung überarbeiten
Vonseiten der Meister-Ausbilder wurde angemahnt, doch vor der Ausbildungsordnung zunächst die Meisterausbildung zu novellieren, da in Teil I und II das Berufsbild beschrieben sei und der Meister zur Ausbildung berechtige. An diesem Berufsbild orientiere sich schließlich die Ausbildung. Auch fehle es im Vergleich der heute üblichen europäischen Qualifikationsstufen im Zahntechniker-Handwerk an weiteren Qualifizierungsmöglichkeiten.
Meister oft direkt nach dem Gesellenbrief
Dabei wurde deutlich, dass sich nicht nur die Voraussetzungen und Fähigkeiten verändert haben, die Azubis heute mitbringen. Auch bei den Meisterschülern verändere sich das Spektrum. Immer häufiger würde die Meisterschule direkt an die Berufsausbildung angeschlossen – dann fehle es oft an der nötigen praktischen Erfahrung für die Teile I und II. Diskutiert und befürwortet wurde auch ein engerer Austausch der Meisterschulen untereinander.
Neue Qualifikationsmöglichkeiten für Berufsschullehrer
Diskutiert wurde auch die Qualifikation der Berufsschullehrer. Hier soll es ein neues Angebot in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Dentale Technologie an der Hochschule Osnabrück (Prof. Dr. Isabella-Maria Zylla) und der pädagogischen Ausbildung an der Universität Osnabrück geben. Absolventen des Studiengangs sollen die Möglichkeit erhalten, die für die Lehrtätigkeit erforderliche pädagogische Ausbildung dort in einem weiteren Studiengang zu erwerben.
VDZI-Präsident Kruchen kündigte an, dass es eine Fortsetzung dieses Gipfels geben werde. Außerdem sei auf der Herbstversammlung des VDZI beschlossen worden, einen Förderverein zu gründen, der sich der Aus- und Weiterbildung im Zahntechniker-Handwerk widmen und unter anderem Förderstipendien für Meisterschüler vergeben solle.
M. Marschall, Quintessence News