Seiten: 51-65, Sprache: DeutschChristgau, Michael / Bimler, MaximilianEine ÜbersichtDer fortgeschrittene Attachmentverlust sowie möglicherweise bereits eingetretene Zahnverluste führen bei Patienten mit einer schweren Parodontitis oft zu diversen pathologischen Zahnbewegungen, wie z. B. Zahnkippungen und -elongationen sowie Lückenbildungen. Bereits vorhandene Zahnengstände stellen ein weiteres Problem dar. Alle diese Veränderungen führen zu ästhetischen, phonetischen und funktionellen Problemen und können zusätzlich sowohl die patienteneigene Mundhygiene als auch die restaurativen Versorgungsmöglichkeiten erheblich erschweren. Die Hinzuziehung der Kieferorthopädie (KFO) nach erfolgreich durchgeführter aktiver Parodontitistherapie (APT) kann in diesen Situationen einen wertvollen Beitrag für die Optimierung des Gesamtergebnisses leisten. In der Vergangenheit wurde vielfach gezeigt, dass KFO-Bewegungen in einem zwar reduzierten, aber entzündungsfreien Parodontium erfolgreich durchgeführt werden können. Folglich ist es essenziell, dass vor Beginn der KFO-Therapie die Parodontitis und ihre Ursachen effektiv eliminiert und therapiert werden. Während der KFO-Therapie sollten parodontale Reinfektionen durch engmaschige Kontrollen im Rahmen der unterstützenden Parodontitistherapie (UPT) weitestgehend verhindert werden. Soweit es aus Sicht der KFO therapeutisch sinnvoll ist, hat die Behandlung mit herausnehmbaren Alignerschienen im Vergleich zu festsitzenden Apparaturen bei parodontal vorerkrankten Patienten den großen Vorteil der erleichterten und damit i. d. R. effektiveren Mundhygiene. Für ein optimales Therapieergebnis mit vorhersagbar stabilen Zahnbögen, dauerhaft guter Hygienefähigkeit, ansprechender Ästhetik und bestmöglicher Funktion sowie Phonetik ist eine von Beginn an enge interdisziplinäre Zusammenarbeit von Parodontologie, Kieferorthopädie, restaurativer Zahnheilkunde und ggf. Implantologie unerlässlich. Im Sinne eines Backward-Plannings sollte das für den individuellen Patienten angestrebte Therapieergebnis vor Augen bleiben und der gesamte Therapieplan entsprechend geplant und umgesetzt werden. Hierzu zählen u. a. die Beurteilung der Prognose aller Zähne und die Gestaltung der letztendlich dauerhaft erforderlichen KFO-Retention. Wenn aus prothetischer Sicht möglich, sollten Implantate bereits vor der KFO-Therapie inseriert werden, da sie eine skelettale Verankerung für die angreifenden KFO-Kräfte und somit eine Entlastung der reduzierten Parodontien ermöglichen können.
Schlagwörter: kieferorthopädische Therapie, Aligner, Parodontitis, Parodontitistherapie, unterstützende Parodontitistherapie, interdisziplinäre Behandlung, Review